1. Neues von OECD und United Nations
1.1. Die neue Weltsteuerordnung - Pillar One und Pillar Two nach der Einigung im Inclusive Framework der OECD
1.1.1. Internationale Einigung
Im Rahmen der 12. Sitzung des OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS (IF) kam es am 1. Juli 2021 zwischen 130 der 139 Staaten des IF zu einer Einigung1 auf die sogenannte Zwei-Säulen-Lösung. Auch Österreich stimmte der Einigung zu. Ebenso wurden die Eckdaten der neuen Weltsteuerordnung beim G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure am 9. und 10. Juli 2021 für gut befunden. Zwischenzeitlich wurden noch offene politische und technische Fragen im Zuge der 13. Sitzung des IF am 8. Oktober 2021 geklärt, sodass wesentliche Parameter der globalen Steuerreform nunmehr feststehen. Die 136 Staaten, die sich inzwischen zu dem Zwei-Säulen-Konzept bekennen, vertreten mehr als 94 % des weltweiten BIP. Nach Berechnungen der OECD soll im Rahmen der Säule I den Marktstaaten jährlich ein Gewinnvolumen von mehr als 125 Mrd USD zugewiesen werden. Darüber hinaus sollen im Rahmen der Säule II durch eine globale Mindeststeuer von 15 % jährlich weltweit 150 Mrd USD an zusätzlichen Steuereinnahmen lukriert werden. Ein detaillierter Plan zur Umsetzung der Zwei-Säulen-Lösung wurde inzwischen erstellt und die Weiterarbeit an der globalen Steuerreform ist gegenwärtig im Gange Die beiden Säulen (einschließlich der dazu nötigen multilateralen Abkommen bzw Instrumente) sollen bis Ende 2022 implementiert und legistisch umgesetzt werden und ab 2023 Anwendung finden.
1.1.2. Säule I (Pillar One)
Die erste Säule betrifft eine Anpassung der Regeln des internationalen Steuerrechts mit dem Ziel der Neuverteilung von Besteuerungsrechten im Hinblick auf (im Wesentlichen) alle Wirtschaftssektoren vor dem Hintergrund der Digitalisierung der Wirtschaft. Durch die Einführung eines neuen internationalen Steuersystems bzw Besteuerungsrechts (Amount A) für große multinationale Unternehmensgruppen (MNEs) soll die Gewinnzurechnung künftig auch unter Berücksichtigung der Ansässigkeit von Nutzern bzw Konsumenten neu geregelt werden. Dadurch werden die internationalen Besteuerungsgrundsätze fundamental geändert, sodass die Gewinne der davon betroffenen MNEs auch in jenen Staaten besteuert werden dürfen, in denen ein Unternehmen zwar keine physische Präsenz hat, aber eine bestimmte Umsatzschwelle überschreitet (Marktstaaten). Die Einigung im Bereich der Säule I umfasst folgende Eckpunkte:
- Vom Anwendungsbereich erfasst sind multinationale Unternehmensgruppen mit einem (konsolidierten) Jahresumsatz von über 20 Mrd € und einer Gewinnmarge von über 10 %. Dabei soll auf eine Durchschnittsbetrachtung des Jahresumsatzes und der Gewinnmarge abgestellt werden. Nach Ablauf von sieben Jahren nach Inkrafttreten der Säule I soll eine Absenkung der Umsatzschwelle auf 10 Mrd € evaluiert werden. Ein entscheidender Faktor soll die erfolgreiche Implementierung und das Funktionieren von Maßnahmen im Bereich der Rechtssicherheit (Streitvermeidung bzw Streitbeilegung) sein. Nicht vom Anwendungsbereich erfasst sind der Sektor der Rohstoffgewinnung und regulierte Finanzdienstleistungen.
- Ein Besteuerungsrecht wird jenen Marktstaaten zugewiesen, in denen die vom Anwendungsbereich erfassten MNEs Umsätze von mindestens 1 Mio € erzielen. Für kleine Marktstaaten mit einem BIP von weniger als 40 Mrd € wird dieser Schwellenwert auf 250.000 € gesenkt. Dadurch sollen die Rechtsbefolgungskosten gering gehalten werden.
- Den Marktstaaten werden 25 % des Residualgewinns zugewiesen, wobei der Residualgewinn jenen Gewinn der Unternehmensgruppe darstellt, der eine 10%ige Gewinnschwelle überschreitet, der umsatzbezogen zu verteilen ist.
- Der von den Unternehmen erzielte Umsatz wird jenen Marktstaaten zugeordnet, in denen die Güter oder Dienstleistungen verwendet bzw konsumiert werden. Für diesen Zweck müssen auf technischer Ebene für bestimmte Transaktionen noch detaillierte "Sourcing Rules" ausgearbeitet werden. Bei der Anwendung der Umsatzzuordnungsregeln müssen die MNEs eine auf die konkreten Sachverhalte abgestimmte verlässliche Methode anwenden.
- Bemessungsgrundlage ist der auf der Grundlage international anerkannter Rechnungslegungsstandards ermittelte konsolidierte Konzerngewinn (Ergebnis vor Steuern), der nur durch wenige steuerliche Anpassungen adaptiert werden soll. Verluste sollen vorgetragen werden können. Ob Verluste, die vor Implementierung des Pillar One angefallen sind, berücksichtigt werden dürfen, ist noch offen. Ungeklärt ist bislang auch, ob eine Gewinnglättung erfolgen darf, wenn es in einzelnen Jahren Gewinnfehlbeträge gibt.
- Die Ermittlung von Amount A erfolgt grundsätzlich auf Konzernebene. Eine Segmentierung soll nur in Ausnahmefällen vorgesehen werden, nämlich dann, wenn ein einzelnes Segment für sich genommen vom Anwendungsbereich (Umsatzschwelle und Gewinnmarge) erfasst wäre.
- Für Gewinne aus Marketing- und Vertriebstätigkeiten ist ein "Safe Harbour" vorgesehen. Es wird impliziert, dass bei Bestehen von Marketing- und Vertriebstätigkeiten ein Teil des Residualgewinns im Marktstaat bereits der Besteuerung unterworfen worden ist. In solchen Fällen wird für die Berechnung des Amount A eine Obergrenze für den Residualgewinn ermittelt. Die Zuteilung eines Residualgewinns erfolgt dann nur insoweit, als dieser höher ist als der (noch zu bestimmende) Safe-Harbour. Die konkrete Ausgestaltung des Safe-Harbour ist noch zu klären.
- Die Beseitigung der Doppelbesteuerung erfolgt entweder durch die Befreiungs- oder durch die Anrechnungsmethode auf Ebene jener Einheiten eines MNE, die den Residualgewinn erwirtschaften. Technische Details sind noch zu klären.
- Im Sinne der steuerlichen Rechtssicherheit wird es für die betroffenen Unternehmensgruppen zwingende und im Ergebnis verbindliche Verfahren zur Verhinderung und Beilegung von Besteuerungskonflikten für Zwecke der Vermeidung der Doppelbesteuerung betreffend Amount A selbst und in Bezug zu Amount A stehenden Themen geben. Für Entwicklungsländer sollen Vereinfachungen vorgesehen werden.
- Neben der Einführung eines neuen Besteuerungsrechts (Amount A) wird die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei grundlegenden Marketing- und Vertriebstätigkeiten ("baseline marketing and distribution activities") multinationaler Unternehmensgruppen (Amount B) vereinfacht und standardisiert. Dabei sollen insb die Interessen jener Marktstaaten berücksichtigt werden, die nicht über ausreichende administrative Ressourcen verfügen. Die Arbeiten sollen vom IF bis Ende 2022 abgeschlossen werden.
- Für Zwecke der einfachen Administration der neuen internationalen Ergebnisaufteilung wird die Abgabe der Steuererklärung (einschließlich Dokumentation) und die Entrichtung der neuen Steuer durch einen einzigen Rechtsträger innerhalb der multinationalen Unternehmensgruppe (MNE) erfolgen. Umgekehrt ist nur eine einzige Steuerverwaltung für die Administration der Steuererklärung und der Steuerzahlung zuständig. Technische Details, also wer Steuerpflichtiger ist, wer die Steuer erheben darf, wie Doppelbesteuerung vermieden wird, wie der Verteilungsmechanismus funktioniert und welche Rolle die Marktstaaten spielen, sind noch offen.
- Es erfolgt eine Koordinierung zwischen der Anwendung der neuen internationalen Besteuerungsregeln und der Beseitigung aller digitalen Steuern auf Dienstleistungen und ähnlichen unilateralen Maßnahmen.
1.1.3. Säule II (Pillar Two)
Die zweite Säule soll Lösungsansätze für die verbleibenden BEPS-Probleme liefern und dabei sicherstellen, dass international operierende Konzerne ein Mindestmaß an Steuern zu entrichten haben, unabhängig davon, in welchem Staat sie ihre Konzernzentrale ansiedeln oder in welchen Staaten sie tätig sind. In der Einigung vom 8. Oktober 2021 wird festgelegt, dass der globale effektive Mindeststeuersatz 15 % (Effektivsteuersatz) zu betragen hat. Dabei besteht keine Verpflichtung, einen höheren Steuersatz einzuführen, um das Mindestbesteuerungsniveau von 15 % effektiver Steuerbelastung zu erreichen. Allerdings wird Staaten mit einem höheren Besteuerungsniveau die Möglichkeit gegeben, auf die sehr niedrigen Steuersätze anderer Staaten zu reagieren (durch "Nachversteuerung" von ins Ausland verschobenen Gewinnen oder durch Versagung des steuerlichen Betriebsausgabenabzugs). Die Höhe der Besteuerung richtet sich dabei nach der Differenz zwischen der tatsächlichen Besteuerung im anderen Staat und dem vereinbarten Mindeststeuersatz. Die Einigung im Bereich der Säule II umfasst folgende Eckpunkte:
- Vom Geltungsbereich erfasst sind MNEs mit einem konsolidierten Jahresumsatz von 750 Mio € (im Einklang mit der Grenze für das Country-by-Country-Reporting gem BEPS-Aktionspunkt 13). Nicht vom Geltungsbereich erfasst sind öffentlich-rechtliche Rechtsträger, internationale Organisationen, gemeinnützige Organisationen sowie Pensions- oder Investmentfonds, die als oberste Muttergesellschaft einer multinationalen Unternehmensgruppe operieren. Ebenfalls vom Anwendungsbereich ausgenommen ist die internationale Schifffahrt (definiert iSd Art 8 OECD-MA).
- Die Ausgestaltung der Säule II stützt sich auf zwei aufeinander abgestimmte - innerstaatlich umzusetzende - Regeln (Income Inclusion Rule [IIR] und Undertaxed Payments Rule [UTPR]) sowie auf eine im Abkommensrecht umzusetzende Regelung (Subject to Tax Rule [STTR]). Die STTR ist vorrangig vor den GloBE-Regeln anzuwenden, wobei die IIR Vorrang vor der UTPR hat.
- Die IIR ist in ihrer Funktionsweise mit den Regelungen einer Hinzurechnungsbesteuerung (CFC) zu vergleichen (zB § 10a KStG). Es werden dabei (Teile der) Einkünfte einer in einem anderen Staat ansässigen, niedrigbesteuerten Gesellschaft bei einem (unmittelbar oder mittelbar beteiligten) Gesellschafter als Teil seiner eigenen Einkünfte besteuert. Bei der IIR erfolgt diese Besteuerung idR auf Ebene der obersten Muttergesellschaft des MNE ("Top-down Approach") Ähnlich den CFC-Regeln ist die IIR nicht nur auf selbstständige Rechtspersonen, sondern auch auf Betriebsstätten anzuwenden.
- Wird niedrigbesteuertes Einkommen nicht im Wege der IIR besteuert, verbietet die UTPR insoweit den Abzug von Zahlungen auf Ebene der jeweiligen Geschäftseinheit (bzw wird eine entsprechende Anpassung vorgenommen), als die empfangende Geschäftseinheit im Ausland einer geringen Besteuerung und gleichzeitig keiner IIR unterliegt. Die UTPR kommt ausschließlich bei Sachverhalten zur Anwendung, die es nicht zulassen, den aufgrund Niedrigbesteuerung vorzuschreibenden Betrag an Mindeststeuer (Top-up Tax) im Wege der IIR zu erheben. Nach welchen Kriterien die Besteuerungsrechte für die vorzuschreibende Top-up Tax bei der UTPR auf die einzelnen Staaten aufzuteilen ist, ist - anders als bei der IIR - eine noch offene Frage. MNEs, die in der Anfangsphase ihrer internationalen wirtschaftlichen Tätigkeit stehen, sind in einer definierten Anfangsphase von der globalen Mindestbesteuerung auszunehmen. Davon erfasst sind MNEs, die im Ausland körperliche Wirtschaftsgüter iHv maximal 50 Mio € besitzen und die in maximal fünf Jurisdiktionen tätig werden.
- Der Mindeststeuersatz für die GloBE-Regeln (IIR und UTPR) beträgt 15 %. Um Verzerrungen zu vermeiden, muss die effektive Gewinnsteuerbelastung (effective tax rate, ETR) berechnet werden. Es kann nicht bloß auf den jeweils anzuwendenden gesetzlichen Steuersatz abgestellt werden. Unterschreitet die ETR den Mindeststeuersatz, kommt es zur Vorschreibung der globalen Mindeststeuer. Die ETR ist länderbezogen zu ermitteln ("jurisdictional blending") Für jeden Staat, in dem Mitglieder einer in den Anwendungsbereich von Säule II fallenden multinationalen Unternehmensgruppe tätig sind, ist eine eigene länderbezogene ETR zu berechnen, die wiedergibt, wie hoch die effektive Steuerbelastung der Einkünfte der multinationalen Unternehmensgruppe in diesem Staat ist. Die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der ETR basiert nicht auf steuerlichen Werten, sondern auf der unternehmensrechtlichen Gewinnermittlung, die jedoch anhand der im Rahmen der Säule II noch zu akkordierenden Regeln adaptiert werden muss.
- Es ist auch vorgesehen, dass anhand einer fixen Formel abhängig von bestimmten Kriterien für wirtschaftliche Substanz ein Betrag an Einkommen zu berechnen ist, der aus dem Geltungsbereich von Säule II ausgenommen wird ("Substance Carve-out"). Dieser "Freibetrag" hat den Zweck, mit Substanz verbundene wirtschaftliche Aktivitäten, die idR ein geringes BEPS-Risiko aufweisen, möglichst von der Säule II zu verschonen. Denn der Fokus soll primär auf Bereichen mit höherem BEPS-Risiko, das sind vor allem Gewinne, die unter Nutzung unkörperlicher Wirtschaftsgüter erwirtschaftet werden, liegen. In der Einigung vom 8. Oktober 2021 ist vorgesehen, dass dafür 5 % des Buchwertes der körperlichen Wirtschaftsgüter und der Lohnsumme im jeweiligen Staat (in einem Übergangszeitraum von zehn Jahren sollen das 8 % des Buchwertes der körperlichen Wirtschaftsgüter und 10 % der Lohnsumme, prozentuell jährlich abfallend, sein) aus der Berechnung der Top-up Tax auszunehmen sind.- Erwirtschaften MNEs nur geringe Gewinne, sollen - um unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden - De-Minimis-Ausnahmen vorgesehen werden. Das bedeutet, dass dann, wenn die Gewinne eines MNE in einem Staat einen noch festzulegenden Mindestbetrag unterschreiten, die Einkünfte der MNEs in diesem Staat im jeweils betroffenen Jahr vom Geltungsbereich der GloBE-Regeln ausgenommen werden.- Die STTR soll es Quellenstaaten ermöglichen, auf DBA-Ebene eine begrenzte Quellensteuer auf bestimmte Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen einzuheben, wenn diese Zahlungen im Ansässigkeitsstaat nicht mit einem bestimmten nominellen Mindeststeuersatz besteuert werden. Die Mindeststeuer ist die Differenz aus der im Ansässigkeitsstaat erhobenen Steuer und dem vereinbarten Mindeststeuersatz. Die Aufnahme der STTR in die jeweiligen DBAs ist grundsätzlich fakultativ, IF-Staaten, die einen niedrigeren als den vereinbarten nominellen Mindeststeuersatz auf Zinsen, Lizenzgebühren und bestimmte andere Zahlungen anwenden, haben jedoch auf Ersuchen von Entwicklungs- und Schwellenländern, die Mitglieder des IF sind, die STTR in ihre bilateralen DBAs aufzunehmen.
- Der Mindeststeuersatz für die STTR soll 9 % betragen.
- Für Zwecke der Vermeidung unverhältnismäßig hoher Kosten für die Unternehmen wie auch für die Verwaltungen werden Vereinfachungen vorgesehen, bspw "Safe-Harbour"-Regelungen.
- Der Implementierungsplan sieht die Ausarbeitung von Musterregeln für Zwecke der Koordinierung der drei Regeln (IIR, UTPR und STTR) sowie die Ausarbeitung eines multilateralen Abkommens bzw Instruments vor.
1.2. Diskussionsentwurf zur Änderung des OECD-Musterkommentars
Im Frühling 2021 veröffentlichte die OECD einen Diskussionsentwurf zur Änderung des Kommentars (OECD-MK) zum OECD-Musterabkommen (OECD-MA) zu Art 9, Art 7, Art 24 und Art 25 OECD-MA mit dem Aufruf an die interessierte Öffentlichkeit, dazu Stellung zu nehmen.5 Anlass für die Änderung des OECD-MK waren Unklarheiten betreffend die Anwendung des Art 9 OECD-MA im Zusammenspiel mit Zinsabzugsverboten, die im nationalen Steuerrecht der DBA-Staaten verankert sind. Die vorgeschlagenen Änderungen stellen klar, dass Zinszahlungen zwischen verbundenen Unternehmen fremdvergleichskonform zu gestalten sind. Die steuerliche Behandlung von Zinszahlungen zwischen verbundenen Unternehmen hängt jedoch vom nationalen Recht des jeweiligen Staates ab. Dementsprechend kann die Frage der Abzugsfähigkeit einer Zahlung nicht unter Bezugnahme auf Art 9 OECD-MA geklärt werden, sondern wird durch die Regelungen des jeweils anwendbaren nationalen Rechts - vorbehaltlich der Bestimmungen des Abkommens und im Besonderen des Art 24 Abs 4 OECD-MA (Schuldnerdiskriminierungsverbot) - vorgegeben. Gleiches gilt im Übrigen für die Betriebsstätten-Ergebnisabgrenzung nach Maßgabe des Art 7 OECD-MA. Nach den Ausführungen des Entwurfs zur Änderung des OECD-MA wird durch Diskrepanzen bei der Behandlung zwischenstaatlicher Zahlungen keine wirtschaftliche Doppelbesteuerung iSd Art 9 Abs 2 OECD-MA ausgelöst. Demensprechend besteht auch keine Verpflichtung zur korrespondierenden Gegenberichtigung. Die Schlussfolgerungen des OECD-MK stehen jedoch unter dem Vorbehalt, dass kein Verstoß gegen das Schuldnerdiskriminierungsverbot des Art 24 Abs 4 OECD-MA vorliegen darf: Zahlungen, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person leistet, sind bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Gewinne dieses Unternehmens unter den gleichen Bedingungen wie Zahlungen an eine im erstgenannten Staat ansässige Person zum Abzug zuzulassen.
Darüber hinaus soll dem OECD-MK zu Art 24 Abs 4 OECD-MA ein Verweis angefügt werden, wonach eine erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten auch eine Beweislastumkehr vorsehen kann und durch die abkommensrechtlichen Diskriminierungsverbote nicht unterbunden wird. Eine ähnliche Formulierung, wenngleich bezogen auf Verrechnungspreisfälle, findet sich bereits im OECD-MK zu Art 24 OECD-MA.7
Im OECD-MK zu Art 7 OECD-MA wird festgehalten, dass korrespondierende Gegenberichtigungen in jenem Ausmaß vorgenommen werden müssen, in dem die Gewinnkorrektur der Herstellung fremdüblichen Verhaltens dient. Dh, es hat zumindest eine teilweise Gegenberichtigung in Höhe der unstrittigen (Mindest-)Berichtigung zu erfolgen.
Die inzwischen eingegangenen Stellungnahmen8 werden in weiterer Folge in der Arbeitsgruppe 1 des OECD Steuerausschusses diskutiert. Weitere Entwicklungen dazu bleiben abzuwarten.
1.3. Software im Abkommensrecht
Im Anwendungsbereich des OECD-MA fallen Vergütungen für Softwareüberlassung nur unter Art 12 OECD-MA, wenn auch das Urheberrecht an der Software überlassen wird und dementsprechend die Berechtigung zur Vervielfältigung, Veränderung, Veröffentlichung bzw wirtschaftlichen Verwertung besteht. Die bloße Überlassung von Software zum persönlichen oder betrieblichen
Gebrauch ist - unabhängig von der Anzahl der Nutzer - nicht von Art 12 OECD-MA erfasst, sondern grundsätzlich unter Art 7 OECD-MA oder allenfalls Art 13 OECD-MA zu subsumieren. Einkünfte aus der Veräußerung von Standardsoftware unterliegen nicht dem Steuerabzug. Vergütungen für Standardsoftware, die auf Festplatten des Nutzers kopiert wird, sind keine Lizenzgebühren. Gleiches gilt für Standort-, Betriebs- und Netzwerkslizenzen.Werden jedoch auch die einer Software zugrunde liegende Logik bzw die Algorithmen überlassen, sind die dafür bezahlten Vergütungen unter Art 12 OECD-MA zu subsumieren. Auch Vergütungen für den Erwerb digitaler Produkte (Musik, Buchtexte,15 Herunterladen von Filmen) sind ebenso wenig Lizenzgebühren iSd Art 12 OECD-MA16 wie die Vergütungen für die Nutzung des Namens einer Internet-Domain. Vergütungen, die sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzen (zB Hardware, Software, Dienstleistungen), sind aufzuteilen und den speziellen DBA-Verteilungsnormen zuzuordnen, es sei denn, dass eine Leistung den Hauptgegenstand des Vertrages bildet und die anderen Bestandteile von untergeordneter Bedeutung sind.
Folgt die DBA-rechtliche Definition des Lizenzgebührenbegriffs jedoch noch dem OECD-MA 1992 (Fassung vor dem Update 2000), die auch Vergütungen "(...) für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen (...)" umfasst ist auf Vergütungen für die Überlassung von Software sehr wohl Art 12 OECD-MA anzuwenden. Denn der Begriff der "Ausrüstung" findet nicht nur auf körperliche, sondern auch auf unkörperliche Wirtschaftsgüter Anwendung. Einige wenige österreichische DBAs haben allerdings den Begriff "Software" in die Definition des Begriffs "Lizenzgebühren" einbezogen.
Manche UN-Staaten waren offenbar nicht damit einverstanden, Art 12 OECD-MA nur im Falle der Überlassung von Rechten zur Vervielfältigung bzw Kommerzialisierung von Software anzuwenden und sahen es - womöglich auch, um sämtliche Unklarheiten zu beseitigen - als sachgerecht an, den Anwendungsbereich des Lizenzgebührenartikels auf sämtliche Vergütungen für die Beschaffung von Computer Software auszudehnen. Folglich wurde in der 22. Sitzung des UN-Committee of Experts on International Cooperation in Tax Matters im April 2021 eine Erweiterung des Lizenzgebührenbegriffs des Art 12 des UN-Musterabkommens (UN-MA) vorgenommen, indem eine Alternativbestimmung im Kommentar zum UN-MA beschlossen worden ist.22 Demnach sollen explizit nicht nur Zahlungen für die Nutzung des Urheberrechts an einer Computer Software, sondern auch Zahlungen für die bloße Verwendung von Computer Software sowie für den Ankauf von Softwarekopien vom Anwendungsbereich des Art 12 UN-MA erfasst sein. Die kommerzielle Nutzung eines Urheberrechtes an einer Software soll für die Einordnung einer Zahlung unter die abkommensrechtliche Verteilungsnorm für Lizenzgebühren also nicht mehr ausschlaggebend sein.
2. Highlights aus der aktuellen Rechtsprechung
2.1. Abzugsteuer bei Arbeitskräfteüberlassung
In VwGH 23. 4. 2021, Ra 2020/13/0089, hatte sich das Höchstgericht mit der Rückerstattung einer gem § 99 Abs 1 Z 5 EStG auf Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung einbehaltenen Abzugsteuer zu beschäftigen. Während im konkreten Fall der britische Arbeitskräftegesteller (mangels inländischer DBA-Betriebsstätte) die Rückzahlung jenes Teils der Abzugsteuer beantragte, der nicht auf die in der Vergütung enthaltenen Lohnbestandteile entfallen ist (Nächtigungskosten, Gemeinkosten, Gewinnaufschlag), verwies der VwGH auf die mit der Abzugsteuer bezweckte Sicherung der Lohnabgaben im Inland beschäftigter Leasingarbeitnehmer. Nachdem der britische Überlasser mangels laufender Lohnbesteuerung seines Personals keinen Entlastungsbescheid gem §§ 2-4 DBA-Entlastungsverordnun beibringen konnte, würde eine Rückerstattung den Wegfall des Sicherungszwecks voraussetzen. Das sei nur bei (freiwilligem) Lohnsteuerabzug möglich bzw dann, wenn die Quellensteuer die nach allgemeinen Grundsätzen im Wege einer Jahresveranlagung zu ermittelnde Einkommensteuer der Leasingarbeitnehmer überschreiten würde. Eine Rückerstattung sei deshalb nur in dem Umfang zu gewähren, in dem die Abzugsteuer die fiktiv zu ermittelnde Einkommensteuer der Leasingarbeitnehmer überschreiten würde. Das war im konkreten Fall nicht gegeben.
Der Fall macht - unter Berücksichtigung der jüngsten Judikatur - deutlich, dass die Regelungen zur Besteuerung der aus dem Ausland gestellten Arbeitnehmer in der Praxis zT nur schwer handhabbar sind. Erschwerend kommt hinzu, dass ggf ausländische Finanzverwaltungen den Steuereinbehalt nicht als eine den Arbeitnehmer belastende österreichische Lohnsteuer anerkennen (Steuerschuldner ist der Überlasser) und eine Steuerentlastung im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers verweigern. Ob daher eine legistische Neuregelung erfolgen wird, bleibt abzuwarten.
2.2. Progressionsvorbehalt im Quellenstaat
Mit Fragen iZm der Anwendung des Progressionsvorbehalts hatte sich der VwGH in zwei Fällen auseinanderzusetzen: In einem Fall, der bereits im Mai 2021 entschieden wurde, war zu klären, ob der in einem DBA (im konkreten Fall ging es um das DBA-Deutschland) normierte Progressionsvorbehalt bei einer unbeschränkt steuerpflichtigen und abkommensrechtlich in Österreich ansässigen Person "der Gerechtigkeit widerspreche" und einen Verstoß gegen Unionsrecht darstellen könne. Der VwGH wies die Revision im Wege eines Beschlusses mit der Begründung zurück, dass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde: Der gem Art 23A Abs 3 OECD-MA zulässige Progressionsvorbehalt, der innerstaatlich seine Rechtsgrundlage in den §§ 1, 2 und 33 EStG findet, verdeutliche ausdrücklich, dass dem Ansässigkeitsstaat das Recht zugestanden wird, die Steuern von den ihm zur Besteuerung überlassenen Einkünften zu jenem Tarif zu erheben, der dem gesamten Einkommen des Steuerpflichtigen entspricht. Damit dient der Progressionsvorbehalt gerade der Gleichbehandlung von ansässigen Steuerpflichtigen mit grenzüberschreitenden Einkünften einerseits und mit bloß innerstaatlichen Einkünften andererseits und stellt keine Benachteiligung von Steuerpflichtigen dar, die auch in einem Mitgliedstaat der EU Einkünfte erzielen.
In einem weiteren, derzeit noch anhängigen Verfahren hat sich der VwGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob bei einem in Österreich unbeschränkt Steuerpflichtigen, der in einem anderen DBA-Partnerstaat ansässig ist und Einkünfte aus Österreich bezieht, ein Progressionsvorbehalt auch vom Quellenstaat Österreich angewandt werden kann. Nach Auffassung des BFG ist ein Progressionsvorbehalt zwingend anzuwenden, zumal sich die unbeschränkte Steuerpflicht auf alle in- und ausländischen Einkünfte erstreckt und sich der darauf anzuwendende Steuersatz nach dem (Gesamt-)Einkommen bemisst, worin innerstaatlich der Progressionsvorbehalt seine Rechtsgrundlage findet. Ungeachtet dessen, wie die Befreiungsmethode des jeweiligen Methodenartikels eines DBA formuliert ist, wäre deshalb auch auf in Österreich nicht ansässige Personen der Progressionsvorbehalt anzuwenden. Etwas anderes würde wohl nur gelten, wenn das DBA die Geltendmachung eines Progressionsvorbehalts ausdrücklich verbietet, was nur in seltenen Ausnahmefällen abkommensrechtlich vereinbart ist. Der Entscheidung des VwGH wird mit Spannung entgegengesehen.
2.3. Geschäftsführer im DBA-Recht
Der VwGH beschäftigte sich in einem im Mai 2021 entschiedenen Fall31 mit der Frage der Besteuerung von Geschäftsführern einer österreichischen GmbH auf Grundlage des DBA-Russland. Das zuvor mit dem Fall befasste BFG kam zum Ergebnis, dass die drei Geschäftsführer einer österreichischen GmbH im streitgegenständlichen Zeitraum in Österreich ansässig waren und teilte - auf Basis von Art 15 Abs 1 DBA-Russland - das uneingeschränkte Besteuerungsrecht an den Geschäftsführervergütungen in der Folge Österreich zu. Der VwGH hob das BFG-Erkenntnis jedoch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, da das Gericht nicht der Frage nachgegangen sei, ob durch eine in Russland ausgeübte Tätigkeit Russland gem Art 15 Abs 2 DBA-Russland ein Besteuerungsrecht zugeteilt werde. Abschließend gibt der VwGH darüber hinaus einen interessanten Hinweis zur potenziellen Anwendbarkeit des Art 16 DBA-Russland, wonach Aufsichts- und Verwaltungsratsvergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Aufsichts- oder Verwaltungsrats einer Gesellschaft bezieht, die im anderen Vertragsstaat ansässig ist, im anderen Staat besteuert werden dürfen. Zu klären wäre nach Ansicht des VwGH folglich, ob Geschäftsführer im Anwendungsbereich des DBA-Russland als "Aufsichts- oder Verwaltungsräte" zu qualifizieren sind. Sollte es zwischen der deutschen und der russischen Sprachfassung Auslegungsunterschiede geben, so ist nach der Schlussklausel des DBA-Russland der englische Text des in drei Sprachen abgeschlossenen DBA-Russland ausschlaggebend. Somit müsste nach Ansicht des VwGH auch geklärt werden, welche Auslegung des Begriffs "Aufsichts- und Verwaltungsratsvergütungen" nach der russischen Sprachfassung besteht. Im Schrifttum wird dazu jedoch großteils eine anderer Rechtsansicht vertreten. Demnach umfasst die einzige und allein authentische englische und französische Sprachfassung des Art 16 OECD-MA auch Einkünfte aus leitenden Funktionen ("Directors’ Fees").
Nach der geltenden österreichischen Verwaltungspraxis ist Art 16 DBA-Russland hingegen nur auf Tätigkeiten anwendbar, die keine unmittelbaren Leitungs- oder Mitwirkungsaufgaben umfassen. Denn Art 16 OECD-MA, der dem seit seiner Erstfassung im Jahr 1963 im Wesentlichen unverändert gebliebenen Art 16 OECD-MA entspricht, erfasst nur eine überwachende Tätigkeit. Das gegenwärtige, in die deutsche Sprache übersetzte OECD-MA geht dabei auf eine deutsche Übersetzung des OECD-MA 1963 zurück, die das deutsche BMF im Jahr 1965 erstellt hat. Bereits damals wurde Art 16 mit "Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen" tituliert.
Nach Ansicht des österreichischen BMF ist es in einem ersten Schritt unbeachtlich, ob das jeweilige OECD-konform abgefasste DBA in unterschiedlichen Sprachfassungen authentisch ist und welcher Begriffsinhalt den Begriffen ggf nach der Sprachfassung des DBA-Partnerstaates zukommt. Sollte es aufgrund einer unterschiedlichen Auslegung der Begriffe zu einer abkommenswidrigen Besteuerung kommen, wäre freilich ein Verständigungsverfahren zu führen, im Zuge dessen wohl auch die unterschiedlichen authentischen Sprachfassungen und die gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten der beiden Staaten zu berücksichtigen wären. Somit besteht nach gegenwärtiger Praxis kein Automatismus zur ungeprüften Steuerfreistellung von Vergütungen von Geschäftsführern ausländischer Kapitalgesellschaften in Österreich.
Unbestritten ist jedoch, dass Art 16 OECD-MA nur zur Anwendung gelangen kann, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt und somit die Gesellschaft im einen und deren Organ im anderen Vertragsstaat ansässig sind. Sind hingegen sowohl die Geschäftsführer als auch die Gesellschaft in Österreich ansässig, kann Art 16 DBA-Russland von vornherein nicht zur Anwendung kommen. Sollte das BFG im fortgesetzten Verfahren bei dem bereits festgestellten Sachverhalt bleiben, wonach die Geschäftsführer in Österreich ansässig sind bzw hier ihr Mittelpunkt der Lebensinteressen besteht, so würde Art 16 DBA-Russland bereits mangels Grenzüberschreitung unanwendbar sein. Insofern verbliebe lediglich festzustellen, in welchem Ausmaß eine Tätigkeitsausübung der Geschäftsführer in Russland erfolgt ist.
2.4. Internationale Einkünftezurechnung
Der Erforderlichkeit einer unilateralen Entlastung gem § 48 Abs 5 BAO widmete sich der VwGH in einem jüngst entschiedenen Erkenntnis betreffend eine in Österreich ansässige Person, die Einkünfte über eine funktionslose Malta-Gesellschaft geschleust und sich - infolge einer in Österreich stattgefundenen Betriebsprüfung - letztlich in einer Doppelbesteuerung wiedergefunden hatte. Die damit ausgelöste - wenngleich geringfügige - Doppelbesteuerung (5%ige Körperschaftsteuer in Malta) konnte auch nicht im Wege eines Verständigungsverfahrens beseitigt werden. Nach den Ausführungen des VwGH ist eine unilaterale Entlastung gem § 48 Abs 5 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu prüfen. Vonseiten des eine Begünstigung in Anspruch nehmenden Abgabepflichtigen sind einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels all jene Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Die Gründung der maltesischen Gesellschaft allein zum Zweck des Erwerbs einer Liegenschaft und die Wahl der Konstruktion auf Anraten eines (inzwischen rechtskräftig verurteilten) Finanzberaters vermögen keine Unbilligkeit aufzuzeigen. Steuerpflichtige haben folglich die Risiken des gewählten Steuervermeidungsmodells selbst zu tragen.
Ohne unmittelbare Relevanz für den der Entscheidung zugrunde liegenden Fall äußert sich der VwGH auch zur Zulässigkeit einer Entlastungsmaßnahme gem § 48 Abs 5 BAO im Fall einer bloß wirtschaftlichen Doppelbesteuerung: Die Annahme des BFG, dass eine Doppelbesteuerung, die bei zwei verschiedenen Steuerpflichtigen eintritt, ebenfalls von einer Maßnahme gem § 48 BAO erfasst sein kann, steht im Gegensatz zur stRsp des VwGH zur Anwendung von § 48 Abs 5 BAO. Folglich sind Verrechnungspreiskonflikte zwischen verbundenen Unternehmen, die zu einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung führen, offenbar grundsätzlich keiner unilateralen Entlastung nach § 48 Abs 5 BAO zugänglich. Das bedeutet, dass zB bilateral nicht lösbare Verrechnungspreiskonflikte auf österreichischer Seite nach aktueller Rechtslage nicht behoben werden können.
3. Ergebnis
Das internationale Steuerrecht wird derzeit von den Bestrebungen von G20 und OECD beherrscht, durch die Schaffung eines neuen (präsenzlosen) steuerlichen Nexus, neuer Regeln der internationalen Gewinnallokation und einer globalen effektiven Mindestbesteuerung von 15 % den von MNEs erwirtschafteten Steuerkuchen gerechter zu verteilen. Der dabei politisch vorgegebene Zeitplan, schon 2022 das legistische Regelwerk zu schaffen, um die neue Weltsteuerordnung ab 2023 wirksam werden zu lassen, ist zweifellos ambitioniert. Das österreichische BMF38 war - ua durch die Mitgliedschaft in der Steering Group des IF durch SC Prof. DDr. Mayr - maßgeblich an der Konzeption von Säule I und II beteiligt und unterstützt das neue Regelwerk.
Ungeachtet dessen stellen aktuelle Entscheidungen von BFG und VwGH, in denen gegen die von der Finanzverwaltung bislang geübte Praxis entschieden worden ist, den Steuerpflichtigen, dessen Steuerberater und auch die Finanzverwaltung vor neue Herausforderungen. Sei es im Bereich der Abzugsbesteuerung auf Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften oder der Anwendung des Progressionsvorbehalts auf in Österreich nicht ansässige Personen. Auch der Umgang mit der unterschiedlichen Zurechnung von Einkünften durch zwei Staaten eröffnet unbeantwortete Fragen. Die vom VwGH erkannte Unzulässigkeit innerstaatlicher Entlastungsmaßnahmen im Fall wirtschaftlicher Doppelbesteuerung wird es notwendig machen, bei der Festsetzung von Verrechnungspreisen besondere Vorsicht walten zu lassen.
Dr. Sabine Schmidjell-Dommes ist im Bundesministerium für Finanzen (BMF) Abteilungsleiterin für Internationales Steuerrecht. Zuvor war sie dort als stellvertretende Abteilungsleiterin tätig. Sie fungiert ua als Verhandlungsleitung bei DBA-Verhandlungen und ist österreichische Delegierte in diversen Arbeitsgruppen der OECD. Daneben ist sie Universitätslektorin, Fachvortragende sowie Fachautorin.
StB Prof. Dr. Stefan Bendlinger ist der fürinternationales Steuerrecht zuständige Partner der ICON WirtschaftstreuhandGmbH. Er ist Fachautor, Vortragender,Lektor an der JKU und Mitglied des Fachsenats für Steuerrecht der KWT.
Zum TAX-Circle 2022
Zur RuSt 2022
Der Artikel erschien zuerst in der RuSt 2021-Spezialausgabe der LexisNexis-Zeitschrift "RdW - Recht der Wirtschaft". Aufgrund unserer Kooperation dürfen wir ihn auch hier veröffentlichen.