Harry Gatterer über die Notwendigkeit, die Zukunft (wieder) zum Hoffnungsraum werden zu lassen.
Zukunft ist kein fester Ort, keine fixe Idee. Zukunft ist offen, ein Gestaltungsraum. Dabei wäre es dumm zu glauben, dass wir Zukunft gestalten können, das ist unmöglich. Wie wollen wir gestalten, was immer abwesend sein wird. Aber die Zukunft prägt unsere Gegenwart, weil das Abwesende – das Fehlende, Offene – unsere Fantasie speist, mittels der wir uns die Welt erklären. Stanly Cavell sagte: „Würden wir unsere Fantasie aufgeben, würden wir unsere Verbindung mit der Welt aufgeben.“ Wenn Zukunft ein Gestaltungsraum ist, dann deshalb, weil wir mit ihr die Gegenwart formen – und damit die Zukunft wandeln. Wir Menschen brauchen den Umweg über die Zukunft. Bürger brauchen Zukunft. Unternehmer brauchen Zukunft.
Würden wir unsere Fantasie aufgeben, würden wir unsere Verbindung mit der Welt aufgeben.
Wir erforschen nicht Zukunft, sondern Möglichkeitsräume: Die Zukunft – das immer Abwesende – ist kein Forschungsobjekt per se. Wir beobachten nicht die Zukunft, sondern Entwicklungsdynamiken. Wir lesen nicht Oberflächen, sondern adressieren systemische Differenzen. Wie die Welt sich entwickelt, ist nicht determiniert in wenigen Trends oder politischen Rahmenbedingungen. Und je fluider und gleichzeitiger unsere Gegenwart wird, je losgelöster unsere Identität ist von Raum und schützenden Metaphern (wie Staat, Rente, Versicherungen etc.), desto schwerer tun wir uns, eine Fantasie darüber zu entwickeln, wie es werden könnte. Menschen wenden sich kollektiv ab von der Zukunft, weil sie die Vorstellungskraft nicht mehr inspiriert. Im Gegenteil: Die Zukunft ist zum Tunnelblick geworden, zum „Singularitätsprinzip“, in dem alles im Techno-Wahn verschwimmt. Von exponentiellen Möglichkeiten wird geschwafelt, und gleichzeitig haben wir keine Vorstellung davon. Niemand. Würden wir exponentielle Möglichkeiten erwarten, wäre Alles möglich. Aber was ist „Alles“? Damit ist die Zukunft kein Ort der Hoffnung, keine Quelle für inspirierende Imaginationen. Sie ist eine graue Masse geworden, mit vielen Verheißungen und übertriebenen Skizzen, aber wenig Freude und Vielfalt. Deshalb spricht Zygmunt Baumann von „Retropien: Visionen, die sich anders als ihre Vorläufer nicht mehr aus einer noch ausstehenden und deshalb inexistenten Zukunft speisen, sondern aus der verlorenen/geraubten/verwaisten, jedenfalls untoten Vergangenheit.“
Wenn wir auf einer Mission sind, dann auf der, die Zukunft wieder zu einer Quelle der Inspiration zu machen. Das fordert unsere Kraft und unsere Substanz. Zum Beispiel beim Widerstehen vor kurzfristigen Verheißungswünschen an Trends. Oder beim Aufrechterhalten eines reflexiven und dennoch beweglichen Rahmens, der sich ausschließlich durch die Akteure und deren Interaktion speist. Dabei wird das „Zukunftsforschen“ zur Erzeugung fundierter Fantasien. Es geht darum, Fenster und Türen in die Zukunft zu bauen, ohne deterministisch zu werden. Wir sind aufgerufen, kluge Schirme der Erkenntnis zu errichten, die es den Menschen ermöglichen, sich innerhalb ihrer individuellen Alltagsrealität (und ohne erhobenen Zeigefinger) wieder an realen Utopien (Rutger Bregman) zu erfreuen statt an Dystopien, Techno-Tunnel oder den Retropien zu verzweifeln.
Die Mission, auf der wir unterwegs sind, ist, die Zukunft (wieder) zum Hoffnungsraum werden zu lassen.
Das ist schlicht unmöglich, aber wäre es nicht unmöglich, wäre es nicht unsere Aufgabe.
Wir leisten – wie das gallische Dorf – Widerstand den Retropisten und Zukunftsklugscheißern. Wir bauen Methoden, die sowohl das Denken als auch das Business unserer Kunden animieren. Wir konzipieren Einsichten in Trends und Entwicklungen, die Grundlagen und Inspiration liefern für eine Zukunft, die es wert ist, darauf hinzuarbeiten. Wir bauen Atmosphären-Tage, in denen Menschen eintauchen können in das Gefühl von Zukunft und sich auftanken mit Freude am Werdenden. Wir ermöglichen Bildung für Zukunft und vermitteln Grundlagen. Und: Wir sind eine Community – noch nicht formal, aber immer deutlicher – von Future Provocateurs, die sich die Zukunft vorstellen wollen, können – und dürfen.
Erleben Sie Harry Gatterer und andere Visionäre beim Future Day 20018 in Wien
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