Das Bundesvergabegesetz 2018 bietet neue Möglichkeiten, stellt Beteiligte aber auch vor Herausforderungen. Was sind die großen Neuerungen? Welche Entwicklungen lassen sich auf EU-Ebene beobachten? Gibt es neue Richtlinien für Ausschreibungsunterlagen? Wir haben den fachlichen Leiter des Vergabeforums vorab zum Gespräch getroffen und ihn um seine Einschätzung gebeten.
Das Bundesvergabegesetz 2018
Die Themen des diesjährigen Vergabeforums am 18. / 19. Oktober sind vielfältig. Dennoch sticht ein Punkt hervor: das Bundesvergabegesetz 2018. Auf welche Neuerungen müssen sich Auftraggeber, Bieter und beratende Berufsgruppen einstellen? Josef Aicher ist emeritierter Professor für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht der Universität Wien. Er steht als langjähriger fachlicher Leiter des Vergabeforums Business Circle zur Seite.
Zu den bedeutendsten Änderungen des BVergG 2018 zählt Aicher die Flexibilisierung und Modernisierung des Vergaberechts. Das betrifft besonders den Einsatz moderner Kommunikationstechnologien während der Vergabe. Diese „E-Vergaben“ sollen zu einer Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren führen.
Zum anderen wird ein heikles Thema aufgegriffen: Änderungen des Vertrags nach der Zuschlagserteilung. Welche Abwandlungen verpflichten zur Neuausschreibung? Auch hier übernimmt das BVergG 2018 die detaillierten Richtlinien, die durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geprägt wurden.
Plenum beim Vergabeforum
Neues bei den Ausschreibungsunterlagen
Die Änderungen des BVergG 2018 erfordern eine Anpassung der Ausschreibungsunterlagen. Dies gilt in Hinblick auf Eignungskriterien, Auswahlkriterien und in besonderem Maße für Zuschlagskriterien. Josef Aicher weist darauf hin, dass öffentliche Auftraggeber ihre Bedingungen für Ausschreibungen adaptieren müssen. Im Zuge des Vortrags von Johannes Schramm erfahren Bieter, welche Änderungen in den Ausschreibungstexten auf sie zukommen.
Das BVergG 2018 stellt den legistischen Höhepunkt des Bundesvergabegesetzes in der letzten Zeit dar.
– Josef Aicher
Die Aicherformel – weiterhin aktuell?
Die Krux mit dem unbehebbaren Mangel im Angebot liegt in der Schwierigkeit, diesen von einem behebbaren Mangel abzugrenzen. Wann muss dem Bieter die Chance gegeben werden, einen Angebotsmangel zu beheben, wann muss sein Angebot ausgeschieden werden? In der Praxis hat sich in heiklen Fällen die „Aicher-Formel“ bewährt. Die Kernaussage der Formel lautet: Ein behebbarer Mangel liegt ausschließlich dann vor, wenn der Bieter gegenüber seinen Konkurrenten durch die Behebung des Mangels keinen Wettbewerbsvorteil erfährt. Aufgrund der Neuerungen im BVergG stellt sich die Frage, ob diese Formel weiterhin praktikabel ist. Oder sollten sich Beteiligte besser an der Formel des Verwaltungsgerichtshofs orientieren? Josef Aicher weiß um die Diskussion und verweist hier auf das Fachforum von Matthias Öhler. Er stellt am Vergabeforum Ausführungen zu Änderungen von Angeboten vor und gibt praktikable Empfehlungen zur Vorgangsweise.
vlnr. Johannes Schramm | Schramm Öhler Rechtsanwälte, Gerhard Pichler | Business Circle, Josef Aicher | Universität Wien
Ein brisantes Thema: Vergabe von Schienenpersonenverkehrsdiensten
Eine der politisch umstrittensten Änderungen des BVergG betrifft die Vergabe von Schienenpersonenverkehrsdiensten. Im errungenen Kompromiss sieht Aicher eine gute Lösung. Schienenpersonenverkehrsdienste unterliegen demnach dem Bundesvergabegesetz. Die erleichterten Möglichkeiten der Direktvergabe schränkt der Gesetzgeber aber nicht ein. Vereinfacht gesprochen haben Beteiligte nach neuer Gesetzeslage den umfangreichen Rechtsschutz des BVergG. Gleichzeitig hat der Auftraggeber nach wie vor die Möglichkeit, Schienenpersonenverkehrsdienste ohne Ausschreibung an selbst ausgesuchte Unternehmen zu vergeben. Einen tiefen Einblick in die daraus folgenden Konsequenzen geben Josef Aicher und Rudolf Lessiak in einem Fachvortrag.
Es sind wesentliche Änderungen, die das BVergG 2018 mit sich bringt. Zu diesem Thema und zu weiteren Bereichen des Vergaberechts bietet das Vergabeforum die Möglichkeit zum fachlichen Austausch mit Expertinnen und Experten.
Das Vergabeforum findet am 18. / 19. Oktober 2018 in Wien statt. Informationen zu dieser und weiteren Veranstaltungen finden Sie auf Facebook, LinkedIn oder in unserem Newsletter.