BC: Herr Thomasberger, Sie sind jetzt schon seit 2014, seit dem 1. TAX Circle als Fachbeirat mit dabei, konnten Sie über dieser Zeit einen allgemeinen, durchgängigen Trend feststellen oder brachte jedes Jahr neue, voneinander unabhängige Highlights?
Thomasberger: Abgesehen davon, dass jedes Jahr seine eigenen individuellen Schwerpunkte hatte, ist jedenfalls der Trend festzustellen, dass für Steuerverantwortliche die Compliance, also das Erfüllen aller gesetzlichen Vorgaben zur rechten Zeit, immer mehr in den Vordergrund gerät. Wurden Steuerleiter in der Vergangenheit dafür bezahlt, kreative Steuermodelle zu entwickeln, ist die Erwartungshaltung heute eher alles rechtzeitig und richtig zu machen und Überraschungen, insbesondere in Betriebsprüfungen, zu vermeiden.
Diese Tendenz findet aber genau im Format des Tax Circle seinen fruchtbaren Niederschlag, denn dort wird auf Augenhöhe zischen Finanzverwaltung, Beratern und Unternehmensverantwortlichen diskutiert und der gemeinsame Weg gesucht.
BC: Als TAX Manager eines internationalen Konzerns: wo sehen Sie bezüglich TAX Compliance Österreich im internationalen und EU-weiten Vergleich?
Thomasberger: Ich persönlich sehe Österreich betreffend Tax Compliance hervorragend aufgestellt, da im Vergleich zu anderen Ländern, der Bürokratismus in einem vernünftigen Rahmen geblieben ist. Insbesondere aber auch durch die Implementierung der begleitenden Kontrolle durch die österreichische Finanzverwaltung ist es gelungen, die Zusammenarbeit zwischen Finanz und Unternehmen auf neue, moderne Beine zu stellen, wofür wir aus vielen Ländern auch bewundert werden. Ich sehe in dieser Vorgehensweise die Zukunft der „enhanced relationship“, der noch viele Länder folgen werden.
BC: Die Podiumsdiskussion am Ende des ersten Konferenztages widmet sich heuer dem Thema OECD „Pillar One“. Sehen Sie darin ein effizientes Mittel um Steuerschlupflöcher zu schließen oder kommt auf international vernetzte Unternehmen eher ein zusätzlicher Verwaltungs- und Repotingaufwand zu, dem aber keine signifikante Verbesserung gegenübersteht?
Thomasberger: Ich denke, dass es bei „Pillar One“ nicht unbedingt um die Schließung von Schlupflöchern geht, sondern vielmehr um eine Neuverteilung des Steuersubstrats für Unternehmen, bei denen es nicht mehr so einfach nachvollziehbar ist, wo genau welche Wertschöpfung erbracht wurde. Auch die im Fokus stehenden Unternehmen zahlen nämlich ihre Steuern; allerdings im Regelfall am Sitz des Unternehmens und nicht dort, wo der Konsum stattfindet, was leider in der Öffentlichkeit und auch in Medien oft falsch dargestellt wird. Damit greift der klassische Betriebsstättenbegriff, wie wir ihn kennen, nicht, und „Pillar one“ soll dem eben Abhilfe schaffen. Bei dem mir derzeitig bekannten Konzept habe ich allerdings die Befürchtung, dass wiederum der interne Verwaltungsaufwand in keinem Einklang mit dem erwartenden Ergebnis steht.
BC: In Zeiten der Digitalisierung ändern sich Geschäftsmodelle schneller als dies von Seiten des Gesetzgebers abgebildet werden kann. Wo sehen Sie derzeit den größten Handlungsbedarf?
Thomasberger: Wie schon oben erwähnt führt die zunehmende Digitalisierung dazu, dass klassische, über Jahrzehnte entwickelte Konzepte zur Verteilung des Steuersubstrats, nicht mehr greifen. Diesbezüglich ist natürlich „Pillar one“ bereits ein Ansatz, wie man zukünftig überregional mit diesem Thema umgehen könnte. Allerding sollte die OECD in der Lage sein, dies mit möglichst geringem Aufwand für die betroffenen Unternehmen umzusetzen. Ein Zugang könnte ja auch, in Anlehnung an die jahrelang diskutierte gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (CCCTB) der EU, sein, ein gesamtsteuerliches Ergebnis eines Konzerns zu ermitteln und dann nach gewissen Kennzahlen (Umsatz, Mitarbeitern etc.) einen Anteil den Tätigkeitsstaaten zuzuweisen.
Thomas Thomasberger ist Mitarbeiter der Siemens AG Österreich und leitet in seiner derzeitigen Funktion die Steuerabteilung der Region CEE. Bevor er bei Siemens begann, war er als Betriebsprüfer bei der Großbetriebsprüfung Wien-Körperschaften tätig. Er ist fachlicher Leiter des TAX Circle.
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