Mit dem Covid-19-StMG wurde die Zinsschranke in einem neuen § 12a KStG mit Wirkung 1.1.2021 eingeführt. Die Regelung beschränkt die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen bei Körperschaften. Inzwischen wurden erste vom Schrifttum aufgeworfene Zweifelsfragen im KStR-Wartungserlass 2021 geklärt. Details zum Übergang und Fortbestand von Zins- und EBITDA-Vorträgen im Zusammenhang mit Umgründungen sollen in der Zinsvortrags-Übergangsverordnung geregelt werden. Diese lag im Zeitpunkt der Verfassung dieses Beitrags im Entwurf vor. Aufgrund der Zinsschrankenregelung ist ein Zinsüberhang nur im Ausmaß von 30% des steuerlichen EBITDA abzugsfähig.
Ein Zinsüberhang im Sinne des § 12a KStG liegt vor, wenn steuerlich abzugsfähige Zinsaufwendungen die steuerpflichtigen Zinserträge eines Wirtschaftsjahrs übersteigen, wenn also in einem Wirtschaftsjahr per Saldo höhere Zinsaufwendungen angefallen sind als Zinserträge erwirtschaftet wurden (= steuerlich abzugsfähige Zinsaufwendungen > steuerpflichtige Zinserträge in einem Wirtschaftsjahr). Wenn kein Zinsüberhang vorliegt, weil die Zinserträge die Zinsaufwendungen übersteigen, ist § 12a KStG somit nicht anwendbar.
Die Ermittlung des steuerlichen EBITDA wurde in der EBITDA-Ermittlungs-VO wie folgt konkretisiert:
Gesamtbetrag der Einkünfte vor Anwendung des § 12a KStG
+ Absetzungen für Abnutzungen
+ Teilwertabschreibungen des Anlagevermögens
+ Abzugsfähige Zinsaufwendungen
- Zuschreibungen des Anlagevermögens
- Steuerpflichtige Zinserträge
= Steuerliches EBITDA
Hinweis: Steuerfreie Einnahmen (z.B. Beteiligungserträge gemäß § 10 Abs. 1 KStG) sind nicht Bestandteil des Gesamtbetrags der Einkünfte und erhöhen daher das steuerliche EBITDA nicht.
Die Erhöhungen und Verminderungen des Gesamtbetrags der Einkünfte um die jeweiligen Beträge sind jedoch nur insoweit vorzunehmen, als sich diese nach den allgemeinen ertragsteuerlichen Vorschriften bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte vor Anwendung des § 12a KStG im jeweiligen Wirtschaftsjahr ausgewirkt haben.
Ein nicht abzugsfähiger Zinsüberhang oder ein nicht verrechenbares EBITDA können auf Antrag vorgetragen werden. Dadurch ist eine Verrechnung in Folgejahren möglich. Der Zinsvortrag kann unbefristet vorgetragen werden, ein noch nicht genutzter EBITDA-Vortrag verfällt hingegen nach fünf Wirtschaftsjahren.
Ausnahmen
In folgenden Fällen gelangt die Zinsschranke nicht zur Anwendung:
- Ein Zinsüberhang in Höhe von EUR 3 Mio. pro Wirtschaftsjahr ist jedenfalls abzugsfähig (Freibetrag).
- Die Körperschaft wird nicht vollständig in einen Konzernabschluss einbezogen, verfügt über kein verbundenes Unternehmen und unterhält keine ausländische Betriebsstätte (Stand-alone-Ausnahme).
- Die Eigenkapitalquote der Körperschaft liegt maximal 2 Prozentpunkte unter der Eigenkapitalquote des Konzerns, in dessen Konzernabschluss die Gesellschaft vollständig einbezogen wird (Eigenkapital-Escape-Klausel).
- Zinsaufwendungen für Darlehen, die nachweislich und ausschließlich zur Finanzierung von langfristigen öffentlichen Infrastrukturprojekten innerhalb der Europäischen Union von allgemeinem öffentlichem Interesse verwendet werden, bleiben außer Ansatz. Nicht erfasst sind Atomkraftwerke und klimaschädliche Infrastrukturprojekte.
- Zinsen, die aufgrund von vor dem 17.6.2016 geschlossenen Verträgen anfallen, bleiben bis zur Veranlagung 2025 unberücksichtigt (Bestandsschutzklausel). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass spätere Vertragsänderungen zu einer (partiellen) Nichtanwendbarkeit der Bestandsschutzklausel führen können.
Sonderregelung für Unternehmensgruppen
Bei Unternehmensgruppen im Sinne des § 9 KStG ist die Zinsschranke nur auf Ebene des Gruppenträgers im Rahmen der Ermittlung des zusammengefassten steuerlichen Ergebnisses anzuwenden. Der Freibetrag in Höhe von EUR 3 Mio. bezieht sich in diesem Fall auf die gesamte Unternehmensgruppe.
Übersteigt der Gruppenzinsüberhang den Freibetrag, ist er nur im Ausmaß von bis zu 30% des steuerlichen Gruppen-EBITDAs abzugsfähig. Entsteht ein Gruppenzinsvortrag oder ein nicht verrechenbares Gruppen-EBITDA, können diese beim Gruppenträger auf Antrag vorgetragen und in den Folgejahren verrechnet werden.
Eine besondere Ausnahme von der Zinsschranke besteht für den Fall, dass ein Gruppenträger vollständig in einen Konzernabschluss einbezogen wird. Die Zinsschranke gelangt dementsprechend nicht zur Anwendung, wenn die Eigenkapitalquote der Unternehmensgruppe maximal 2 Prozentpunkte unter der Eigenkapitalquote des Konzerns liegt (Gruppen-Escape-Klausel). Für diese Zwecke ist ein konsolidierter fiktiver Gruppenabschluss zum Abschlussstichtag des Gruppenträgers zu erstellen, in den der Gruppenträger, alle unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieder sowie die inländischen Betriebsstätten der beschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieder vollständig einzubeziehen sind. Somit ist die Gruppen-Escape-Klausel in Fällen, in denen die steuerliche Unternehmensgruppe mit dem Konzern ident ist, jedenfalls anwendbar.
Der Autor:
StB Dr. Karl Stückler, BSc, LL.B. ist Prokurist bei der BDO Austria GmbH und Lehrbeauftragter an der Universität Klagenfurt. Davor war er Universitätsassistent am Institut für Finanzrecht der Universität Wien und am Institut für Revisions-, Treuhand- und Rechnungswesen an der WU Wien. Er ist als Fachautor und Fachvortragender tätig. Am 23. Juni 2022 ist er beim TAX Circle zusammen mit Dr. Michael Schilcher vom BMF Gastgeber eines Workshops zum Thema „Praxisfragen zur Zinsschranke“.
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