Business Circle: Sehr geehrter Herr Mag. Plott, in unserem letzten Interview vom April 2021 haben wir unter anderem darüber gesprochen, mit welchen Steuermaßnahmen die heimische Wirtschaft wieder angekurbelt werden kann, hat sich da im Laufe des vergangenen Jahres etwas zum Positiven verändert?
Christoph Plott: Durch die ökosoziale Steuerreform hat es tatsächlich weitere spürbare Entlastungen für die österreichische Wirtschaft gegeben. Hervorzuheben ist die Körperschaftsteuersenkung, die die KÖST-Belastung auf das durchschnittliche europäische Niveau absenkt, die Wiedereinführung des Investitionsfreibetrages und die steuerbefreite Mitarbeitergewinnbeteiligung.
BC: Abgesehen davon: was waren steuerrechtlich in Ihren Augen die wichtigsten Veränderungen im letzten Jahr?
Plott: Die wichtigste Veränderung war das Kernthema der ökosozialen Steuerreform, nämlich die Einführung der nationalen CO2-Bepreisung. Obwohl das jetzt bei den Energiepreissteigerungen etwas in den Hintergrund tritt, ist das aus grundsätzlicher Sicht ein wichtiger und richtiger Schritt, dass dieses Konzept umgesetzt wird. Einerseits die CO2-Bepreisung der fossilen Energieträger, andererseits die Rückverteilung über den regionalen Klimabonus. Das sollte einen echten Lenkungseffekt in Richtung erneuerbare Energien bringen.
BC: Ebenfalls in unserem letzten Interview hatten Sie hinsichtlich der US-Steuerpolitik die Vermutung geäußert, dass die Biden-Administration einen großen Schwenk ansetzen würde.
Plott: Da ist kein Schwenk gekommen, sondern ein Kompromiss auf globaler Ebene: Einerseits wird Pillar I, nämlich die Rückverteilung Körperschaftsteuer auf die Marktstaaten, nicht nur für digitale Unternehmen angewendet, sondern auf alle Unternehmen ab gewissen Kennzahlen, sodass nicht nur die digitalen US-Konzerne betroffen sind. Anderseits wird die globale Mindestbesteuerung mit 15% nach Pillar II umgesetzt. Vor allem Pillar II wird große Auswirkungen auch auf österreichischen Headquarter Unternehmen haben.
BC: In der Runde am TAX Circle 22 vertreten Sie zum Thema „Steuern in allen 3 ESG Säulen“ die Sicht der Steuerberatung, sollten aus Ihrer Sicht die drei Säulen als gleich wichtig behandelt werden oder wäre es sinnvoll, zu priorisieren?
Plott: Im Bereich „Social“ wird gerade die erhöhte Transparenz für den Bereich Steuern eine hohe Bedeutung haben. Dazu gehört die globale Steuerreform mit Pillar I and Pillar II und auf EU Ebene das Public Country by Country ab 2025 und die Ausweitung der Pflicht zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts ab 2023 (und neuer EU Berichtstandard).
Steuern lenkungspolitisch einzusetzen, um den CO2 Verbrauch zu reduzieren, ist ein guter Ansatz
BC: Österreich ist ohnehin schon ein Hochsteuerland: Gehen wir mit zusätzlichen Steuern nicht Schritte in die falsche Richtung und führt nicht die Idee, mehr Steuern auf der einen Seite mit mehr Transferleistungen auf der anderen Seite zu noch mehr staatlichem Dirigismus?
Plott: Grundsätzlich geht es nicht um die Frage von zusätzlichen oder mehr Steuern, sondern um den richtigen Mix von Steuern. Steuern wurden immer schon für lenkungspolitische Aufgaben eingesetzt. Ich denke Steuern lenkungspolitisch einzusetzen, um den CO2 Verbrauch zu reduzieren, ist ein guter Ansatz. ZB sehe ich gerade in meinem Klientenbereich wegen der starken steuerlichen Förderung eine starke Zunahme von E-Autos, was sicherlich sehr positiv ist. Da gibt es auch noch viel weiteren Spielraum erneuerbare Energie zu fördern. ZB könnten Photovoltaikanlagen mit einer Sofortabschreibung gefördert werden.
BC: Abschließend: haben Sie vielleicht schon aus Ihrem eigenen Unternehmen ein „grünes“ Projekt, eine Erfolgsgeschichte, die Sie mit uns teilen möchten?
Plott: Wir haben mehrere grüne Projekte in verschiedenen Bereichen. Wir beziehen zB vorwiegend erneuerbare Energie und haben in Linz eine Photovoltaikanlage errichtet. Ein weiterer Fokus waren in den letzten Jahren Maßnahmen, um den Papierverbrauch zu senken. Weiters versuchen wir bei Dienstreisen die Mitarbeiter zu bewegen auf die Bahn umzusteigen und fördern das.
BC: Sehr geehrter Herr Mag. Plott, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns auf ein Wiedersehen im Juni in Waidhofen!
WP/StB Mag. Christoph Plott ist Tax Partner bei KPMG Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind nationales und internationales Unternehmenssteuerrecht, Konzernsteuerrecht (Körperschaftssteuer- und Umgründungsrecht) sowie M&A. Am 23. Juni 2022 ist er am TAX Circle 2022 zusammen mit Alfred Heiter (Industriellenvereinigung) und Eva Naux (PORR) Teil einer Expertenrunde zum Thema „Steuern in allen 3 ESG Säulen - Strategie und praktische Umsetzung: Anforderungen“
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