Die Zahl der Firmeninsolvenzen stagnierte auf dem niedrigen Stand des Vorjahres und die Passiva gingen sogar deutlich zurück. Viele Berater haben sich auf die Flaute eingestellt und setzen auf die vorinsolvenzrechtliche Beratung.
Eine der Ursachen für den Rückgang an Insolvenzverfahren sehen die Anwälte in den nach wie vor niedrigen Zinsen. Sollten diese wieder anziehen, würde auch die Zahl der Insolvenzen zunehmen. 2019 stabilisierte sich die Zahl der insolventen Unternehmen in Österreich dem Gläubigerverband KSV 1870 zufolge mit insgesamt 5.018 praktisch auf dem Vorjahresniveau. Dieser Stillstand erstreckt sich – zur Beunruhigung der auf Mischkalkulationen angewiesenen Verwalter – nicht auf die betroffenen Verbindlichkeiten. Vielmehr sanken die Passiva um 18 Prozent auf rund 1,7 Milliarden Euro. Insgesamt verzeichnet der KSV 27 große Insolvenzen mit Passiva über 10 Millionen.
Einige der großen Fälle betreffen die auch in den Nachbarstaaten typischen Problembranchen wie den Textileinzelhandel und Automobilbranche. So beschäftigte etwa schon 2018 Charles Vögele (Austria) die Grazer Kanzleien Scherbaum Seebacher und Graf & Pitkowitz. Die Firmengruppe HTI etwa scheiterte mit ihrer Leichtmetallgießerei Gruber & Kaja High Tech Metals (Masseverwalter: Wildmoser Koch) und der HTI High Tech Industries (Masseverwalter: Haslinger Nagele; Schuldnervertreterin Stapf Neuhauser).
Reine Verwalter geraten ins Hintertreffen
Viele ursprünglich auf die Verwaltung konzentrierte Kanzleien erobern inzwischen den Markt der vorinsolvenzlichen Beratungen. Dazu zählt beispielsweise Dr. Engelhart & Partner, die dies gleich mit dem Generationswechsel verbunden hat. Dass ein großer Teil der Restrukturierungen außergerichtlich geregelt wird, führt zudem zu einer stärkeren Präsenz von Sanierungsberatern, die häufig in Großkanzleien ansässig sind. Kanzleien wie CMS Reich-Rohrwig Hainz oder DLA Piper können so ihre Restrukturierungskompetenz praxisübergreifend auch für (noch) gesunde Finanzierungen oder M&A nutzen.
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Die Autoren:
Als Fachredakteurin und Co-Leiterin des JUVE Magazins für Wirtschaftsjuristen befasst sich Claudia Otto intensiv mit dem österreichischen Anwaltsmarkt. Dr. Ludger Steckelbach ist einer der Insolvenzrechtsexperten in der JUVE Redaktion. Treffen Sie die JUVE-Redakteure am 14.10. 2020 beim Unternehmensjuristen-Circle.