Kennen Sie das Problem: Wenige Tage vor dem wichtigen Meeting oder einer Verhandlung wird die Zeit knapp, und noch knapper… Schnell wird eine Präsentation erstellt, oder die Assistenz damit betraut, und man fühlt sich einigermaßen vorbereitet. Die Präsentation ist dann…: langweilig, wenig inspirierend, langatmig und erfolglos. Das muss nicht sein.
Erfolg = Wissen + Können + Glück
Eine einfache Formel, in der viel Wahrheit steckt. Es genügt nicht, sich in seinem Spezialgebiet wie kein anderer auszukennen (Wissen), wenn man nicht in der Lage ist, Andere vom "richtigem" Sachverhalt zu überzeugen (Können). Darauf zu spekulieren, dass das Problem gar nicht erst erkannt wird (Glück), ist eine gefährliche Strategie. Am Ende geht es nicht ohne alle drei. Noch interessanter wird die Erfolgsformel bei einem Blick nach vorn: Wie werden sich die drei Faktoren entwickeln? Die Antwort liegt auf der Hand: Juristisches Wissen wird an Bedeutung verlieren, es ist in Datenbanken nahezu frei verfügbar und wird zunehmend durch LegalTech ersetzt.
Es kommt aufs Können an
Die Konsequenz klar: Das "Können" wird zukünftig der entscheidende Erfolgsfaktor sein! Was ist damit gemeint? Es geht darum, juristisches Wissen so zu transportieren, dass der Empfänger sich zu unseren Gunsten entscheidet. Eine Vertragsklausel soll geändert oder ein Mandat erteilt werden. Und obwohl sie so wichtig sind, werden solche Fähigkeiten – früher Rhetorik genannt – in der juristischen Ausbildung nicht vermittelt. Ganz falsch ist auch die Auffassung, dass ein guter Rhetoriker als solcher entweder geboren wird oder seine Fähigkeiten durch ganz viel Erfahrung über Jahre aufbaut.
Aktiv dem Passiv vorziehen? Nicht immer.
Dazu ein kleines Experiment: "Die Katze wird vom Hund gejagt." oder "Der Hund jagt die Katze."? Schauen Sie sich das genau an! Die typische Antwort sieht den Aktiv, also den jagenden Hund, im Vorteil. Leseforschung zeigt aber, dass Zuhörern das Subjekt des Satzes wichtiger ist als die grammatikalische Form. Das Satzsubjekt rückt in den Fokus. Wer zu Katzenfreunden spricht, sollte also Mitgefühl für das Katzerl erwecken, anstatt den Hund anzufeuern. Das Prinzip bleibt auch bei einem praxisnäheren Beispiel erhalten: "Der Rechtsabteilung ist es nicht gelungen, die Kartellbehörde davon zu überzeugen,…“ oder "Die Kartellbehörde ist leider unserem Argument nicht gefolgt, dass…". Die erzeugte Wahrnehmung liegt zwischen "unfähige Rechtsabteilung" und "dickköpfige Kartellbehörde".
Haben Sie eine Präsentation oder haben Sie etwas zu sagen?
In der Präsentationsfähigkeit ist noch Luft nach oben, das zeigt sich nicht zuletzt auch bei Fachvorträgen vor größerem Publikum. Eine sorgfältig ausgearbeitete und mit vielen Fakten angefüllte Slideshow muss als alleiniger Erfolgsgarant hinhalten. Kaum jemand stellt dass, was er eigentlich zu sagen hat und sich selbst überzeugend in den Mittelpunkt. Oft steht der Vortragende am Pult und liest von seinem Bildschirm das ab, was das Publikum gleichzeitig auf der Leinwand mitliest. Nun wird aber beim Zuhören die gleiche Region des Gehirns in Anspruch genommen wie beim Lesen, weswegen beides gleichzeitig kaum möglich ist. Das lesende Publikum verliert den Sprecher, und damit den Zugang. Auf den meisten Präsentationsfolien steht viel mehr Text, als die Zuhörer lesen können ohne dass ihr Gehirn das gleichzeitig Gesagte automatisch ausblendet. Da es aber alle so machen, ändert sich auch wenig: Der Vortragende hangelt sich von Folie zu Folie, er liest und leidet mit dem Publikum bis es irgendwann zu Ende ist. Wie kann man aus der Masse herausstechen, wie die Zuhörer begeistern?
Text mit Bild statt Text mit Text
Schauen wir uns an, was man alles über professionelles Präsentieren weiß, und wie jeder es umsetzen kann. Bleiben wir bei der Slideshow: Sehen und hören ist parallel möglich, lesen und hören nicht. Wer ein Bild zeigt, welches er dem Publikum erklärt, behält sein Publikum. Kennen Sie Fotolia, Shutterstock oder Gettyimages? Hier finden Sie einen Weg, Ihre Vorträge auf ein neues Niveau zu heben. Reduzieren Sie die Texte auf Ihren Folien, das geht! Das Wort „Compliance Management“ in fetten Buchstaben allein auf einer Folie beeindruckt viel mehr als „Compliance Management“ als Überschrift gefolgt von „Österreichisches vs. internationales Recht“, „Kurz-, mittel- und langfristige Effekte“ und „Verankerung in der Unternehmenskultur“. Erzählen Sie einfach, wie Sie als Compliance Manager arbeiten, das bleibt haften.
Vorgaben der Kommunikationsabteilung tapfer ignorieren
Noch ein Hinweis, einfach und wirkungsvoll: Ignorieren Sie tapfer alle Werbevorgaben Ihres Unternehmens. Warum? Weil Sie nicht die Aufmerksamkeit von Ihrer Person ablenken möchten. Sie stehen im Mittelpunkt.
Abschließend: Es ist höchste Zeit, dass Juristen neben der Relevanz von Wissen die Relevanz von Können erkennen. Es ist wichtig, die Fähigkeit zu einem guten, begeisternden, mitreißenden Vortrag zu haben. Rein juristisches Wissen wird durch den Fortschritt im Bereich LegalTech weiter an Bedeutung verlieren. Unternehmensjuristen, Compliance Abteilungen und Anwaltskanzleien müssen jetzt massiv in das „Können“ investieren: Effizient Verhandeln, gut Schreiben, professionell Präsentieren. Wer das nur für irrelevante Soft-Skills hält, dem wünschen wir vor allem viel Glück.
Prof. Dr. Jörg Risse, LL.M. (Berkeley) ist Partner bei Baker McKenzie in Frankfurt am Main. Er unterrichtet Schlüsselqualifikationen (advocacy skills) an der Universität Mannheim und an der Humboldt Universität zu Berlin. Seit über 10 Jahren hält er seine Seminare auch bei Business Circle in Wien, das nächste Mal am 3. (Präsentation) und 4./5. November (Verhandlungstraining).