Business Circle: Sehr geehrter Herr Dr. Nauer! „Nach der RuSt ist vor der RuSt“ – wie beschäftigt Sie die Konferenz über das Jahr, insbesondere im Hinblick auf Themenauswahl und Fachbeiratsmeetings?
Christoph Nauer: Die RuSt ist das ganze Jahr im Kopf. Zunächst freut man sich ja schon bei der Abschlussdiskussion am Freitag zu Mittag auf nächstes Jahr.
Gesetzesinitiativen, einen guten Fachbeitrag oder Gerichtsentscheidungen ordnet man gedanklich gleich für die RuSt ein. Wenn dann das Programm entsteht, hat man schon eine Ideensammlung.
BC: Es gibt die RuSt seit 27 Jahren – das Format wäre nicht so lange so erfolgreich, wenn es nicht gut wäre. Warum war es trotzdem notwendig, mit der RuSt – NextGen die jungen Juristen unter 38 Jahren abzuholen?
Nauer: Die RuSt-Community wird oft als "Klassentreffen" bezeichnet. Vortragende sind mit Stolz dabei und wollen das Beste geben. Der fachliche Austausch auf Spitzenniveau ist attraktiv und ein erfolgreiches Format.
Wie bei jeder erfolgreichen Marke ist von Zeit zu Zeit ein sanfter Relaunch sinnvoll, um das Profil zu schärfen und Zielgruppen abzuholen.
Und die nächste Generation („NextGen“) hat natürlich besondere Bedeutung. Start-Ups sind stark mit der „NextGen“ verknüpft. In einer Wirtschaftszeitschrift habe ich jüngst eine Liste von österreichischen Accelerator- und Inkubatorprogrammen für Start-Ups gesehen. Es waren insgesamt hundert Programme aufgezählt. Ich sehe den Fokustag "NextGen" auch als eine Art Acceleratorprogramm für die Zukunft der RuSt.
BC: Die Generation, welcher jetzt in das akademische Arbeitsleben eintritt, legt mehr Wert auf intrinsische Motivationsfaktoren wie wertschätzende Teamkommunikation und Sinnstiftung („Purpose“) in der eigenen Arbeit – was können Anwaltskanzleien in Ihren Augen tun, um im War for Talents die Nase vorn zu haben?
Nauer: "War for Talents" finde ich keine gute Bezeichnung. Richtig ist natürlich, dass sich die Landschaft verändert hat. Anwaltskanzleien haben aber für "Purpose" mehr als die besten Voraussetzungen.
Zur Berufsausübung für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten heißt es so schön: "Vornehmste Berufspflicht des Rechtsanwaltes ist die Treue zu seinen Klienten." Als Grundprinzipien gelten u.a: "Darüber hinaus ist der Rechtsanwalt berufen, engagiert für die Verteidigung der Grundrechte und die Wahrung von Freiheit und Rechtsfrieden einzutreten, zu der Vermeidung und außergerichtlichen Lösung von Konflikten beizutragen und als Vertreter individueller Interessen und Anliegen, die mit rechtmäßigen Mitteln verwirklicht werden können, unter Bindung an sein Gewissen und seine soziale Kompetenz beizustehen."
Das klingt jetzt etwas getragen und altmodisch, aber ist ein klarer „Purpose“ und fokussiert auf (E)SG: „Social und Governance“. Die bestmögliche Vertretung des Klienten ist schön und sinnstiftend. Es motiviert unglaublich, wenn man eine gute Lösung für/mit den Klientinnen und Klienten erreicht.
Diesen „Purpose" sollten Anwaltskanzleien stärker in den Vordergrund rücken.
Eine wertschätzende Team-Zusammenarbeit, Flexibilität, Ausbildung, Übertragung von Verantwortung etc. sind logische Rahmenbedingungen, damit ein Team Top-Resultate erzielen kann. Diese Kombination von „Purpose“ und Teamkultur können Anwaltskanzleien bieten und dann klappt es auch gut mit der NextGen.
Eine Rechtsanwältin und ein Rechtsanwalt kann etwas bewegen. Es ist ein toller Beruf.
Regulierungswut und Ruf nach staatlichen Eingriffen
BC: Sie waren 2009 zum ersten Male auf der RuSt, Hauptthema waren damals die Auswirkungen der Subprime-Krise. Corona hat zu keinen großen gesetzlichen Änderungen geführt. Was denken Sie, was die Themen und Trends in einem und in 5 Jahren sein könnten?
Nauer: Zukunftsthemen? Die Erfahrung lehrt: Meistens gibt es Überraschungen. Ein Thema wird uns jedoch sicher in allen Lebensbereichen beschäftigen: Environmental – E(SG).
Aus den aktuellen Krisen und den überstandenen Krisen nehmen ich aber eine bedenkliche Entwicklung wahr: Eine Regulierungswut und der Ruf nach staatlichen Eingriffen. Das mag für die rechtsberatenden Berufe (kurzfristig) gut sein. Für Unternehmen und eine freie Gesellschaft ist das keine gute Entwicklung.
BC: Wie würden Sie einem Kollegen, der die Konferenz noch nicht kennt, die RuSt – Klassik beschreiben, wie einen Konzipienten für die RuSt – NEXTGen begeistern?
Nauer: Zur RuSt-Klassik sage ich das Schlagwort: "Klassentreffen" und Austausch auf Spitzenniveau. Zum NextGen-Day würde ich einen Elevator-Pitch beginnen mit: Tausche Dich im Netzwerk zur Arbeits- und Lebenswelt der nächsten Juristengeneration aus. Fokussiert und out-of-the-box. Und Natürlich: Jedenfalls ist die RuSt-Party zu empfehlen.
BC: Nachdem wir jetzt schon viele Jahre gemeinsamen Weges gehen: Was war für Sie Ihr persönliches RuSt-Highlight in diesen Jahren?
Nauer: Besonders bewegend habe ich in Erinnerung, wie sich die RuSt-Community - sehr emotional - von Hanns F. Hügel als fachlichem Herz der RuSt verabschiedet hat.
Wenn Sie zu Highlights fragen. Die gibt es praktisch jedes Jahr. Der Jubiläumsempfang mit Frau Bundesminister für Justiz war ein besonderes Highlight. Jedes zweite Jahr darf ich mit Susanne Kalss und Stefan Weber das Update Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht machen. Das ist jedenfalls für mich ein Highlight.
Business Circle: Sehr geehrter Herr Dr. Nauer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns auf die gemeinssame RuSt mit Ihnen!
RA Dr. Christoph Nauer, LL.M. ist Partner bei bpv Hügel. Schwerpunkte: Corporate/M&A (speziell bei börsenotierten Gesellschaften), Übernahmesituationen, Kapitalmarkttransaktionen (ECM, equity-linked ) sowie Banken- und Finanzmarktregulierung. Auf der RuSt hat er im Fachbeirat mitgewirkt und gestaltet heuer das Update Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht.