Business Circle: Sehr geehrter Herr Dr. Furherr, wir haben den TAX Circle vom Juni in den Herbst verschoben, und freuen uns, dass Sie weiter mit an Bord sind, ist Ihnen ein Vortrag vor Live-Publikum lieber als rein virtuell?
Dr. Gebhard Furherr: Absolut. Auch wenn ein Vortrag an sich durch die COVID-Restriktionen nicht un-mittelbar eingeschränkt ist, fehlt das Auditorium, die Reaktionen und der Austausch mit den Teilnehmern. Und natürlich lebt der Tax Circle auch vom Zusammenkommen in den Pausen und am Abend ... insofern ist der Herbst die bessere oder gar einzige Wahl!
BC: Was war Hauptstoßrichtung der Reform, es wurden ja einige Ämter zusammengelegt?
Furherr: Eine Hauptstoßrichtung war sicher die Zusammenlegung der Prüfungskompetenz (bisher GBP als eigene Dienstbehörde) und der abgabenrechtlichen Kompetenz des jeweils zuständigen Finanzamts wie Aktenführung und Bescheiderlassung. Somit die Schaffung „einer“ Hauptansprech- bzw Anlaufstelle aus Sicht der Unternehmen. Aus der Innensicht der Verwaltung besteht natürlich die Herausforderung, die bisherigen Schnittstellen zu überwinden und den Arbeits- und Wissenstransfer herzustellen.
Wir sind auf einem guten Weg, aber die neuen Abläufe müssen sich noch einspielen
BC: Nachdem das Finanz-Organisationsreformgesetz jetzt seit 1. Jänner 2021 in Kraft ist: Haben sich Erwartungen hinsichtlich Effizienzsteigerungen bisher erfüllt?
Furherr: Die ersten 5 Monate sind sicher noch zu kurz. Meine persönliche Wahrnehmung ist, dass sich die Abläufe bei der Finanzverwaltung - wie bei allen tiefgreifenden Umstrukturierungen – noch einspielen müssen (beispielsweise das Abheben am Telefon, kein Personenverzeichnis im Internet, Zuständigkeitswechsel in laufenden Verfahren). COVID-bedingt gab es zudem weniger Außenprüfungen, wo der oa Vorteil gut ausgespielt werden kann.
BC: Ändert sich durch die Neuorganisation der Finanzverwaltung etwas im Verhältnis eines Unternehmens zur Steuerberatung?
Furherr: Die Erleichterungen und Effizienzsteigerungen sollten sich an erster Stelle im Verhältnis Unternehmen und Abgabenbehörde ergeben (eine Anlaufstelle). Aus Beratersicht sollte dadurch die Arbeit erleichtert werden, was für das Verhältnis zwischen Berater und Unternehmen idealerweise höhere Zufriedenheit und weniger Beratungsaufwand bedeutet. Also eine Win-win-Situation.
BC: Als Kontaktmöglichkeit für das Finanzamt für Großbetriebe ist immer noch eine Faxnummer angegeben. Wurden auch ausreichende Schritte in Richtung Digitalisierung der Finanzverwaltung gesetzt und wie sehen Sie da Österreich im EU-weiten Vergleich aufgestellt?
Furherr: Der Anspruch an die Finanzverwaltung, mit begrenzten Ressourcen den Output zu erhöhen, bringt den Digitalisierungsdruck in die Finanzverwaltung genauso wie in die Wirtschaft. Erschwerend tritt hier aber hinzu, dass die Verwaltung nun mal an die gesetzlichen Vorschriften gebunden ist. Eingaben sind laut BAO schriftlich zu stellen und daher – abgesehen von FinOnline – nur per Fax erlaubt. Ich meine, die Finanzverwaltung ist auf einem guten Weg und setzt die richtigen Prioritäten.
BC: Welche weiteren Ideen hätten Sie, was noch getan werden müsste, wo liegt jetzt der dringendste Reformbedarf?
Furherr: Ganz klar Verfahrensbeschleunigung – Prozessoptimierung von der Zuweisung der Eingaben zu den richtigen Fachstellen bis zur Freigabe durch die Qualitätssicherung und Bescheidausfertigung. Im Kern ist dies aber eine Frage der internen Organisation der Arbeitsabläufe und weniger der gesetzlichen Rahmenbedingungen.
BC: Zum Abschluss etwas Persönliches: Sie sind jetzt seit 2016 als Vortragender beim TAX Circle mit dabei, möchten Sie uns Ihren persönlichen Eindruck von dieser Konferenz mitteilen?
Furherr: Für mich ist diese Veranstaltung ein Highlight, das mir den Spaß an meinem Beruf jedes Mal aufs Neue vor Augen führt. Tolle Location, interessante Persönlichkeiten. Hoher Qualitätsanspruch, aber hands on.
WP/StB Dr. Gebhard Furherr ist Partner bei LeitnerLeitner. Schwerpunkte: Unternehmens- und Konzernsteuerrecht, Umgründungen, M&A und Verrechnungspreise. Er ist Fachautor, Mitglied des Fachsenats für Steuerrecht der KWT und Gerichtssachverständiger. Am 2. September 2021 gibt er auf dem TAX Circle einen ersten Erfahrungsbericht zum Thema „Modernisierung der Finanzverwaltung – das neue Finanzamt für Großbetriebe“.