Der 13. Oktober 2016 war ein besonderer Abend: wir feierten das 20. „Jahresforum für Recht und Steuern“
20 Jahre RuSt …
„RuSt“ – der Künstlername des „Jahresforums für Recht und Steuern“
Und dann noch: „Die RuSt“ – so etwas gibt es üblicherweise nur in der Welt der Oper.
In der Welt der Oper steht am Anfang eine Sängerin: nennen wir sie „Frau Edita Gruberova“. Mit der Zeit singt sich Frau Gruberova in die großen Opernhäuser der Welt und wird „Frau Kammersängerin Edita Gruberova“. Die höchste Höhe erreicht sie und die Erhebung in den musikalischen Adelsstand erfolgt aber, wenn jeglicher Vorspann wegfällt. Wenn die Welt nur mehr über „die Gruberova“ spricht, wie „die Netrebko“, „die Callas“.
Wer kennt schon das „Jahresforum für Recht und Steuern“? Eigentlich Niemand! Wir kennen „die RuSt“.
Die Erhebung in den konferenzlichen Adelsstand ist also längst erfolgt.
Romy Faisst hat ihnen die Erfolgs-Story der RuSt nahegebracht. Seit 1996 haben mehr als 4.000 Teilnehmer und rund 800 Vortragende die RuSt zu dem gemacht was sie heute ist: Österreichs führender Treffpunkt für erstklassige Diskurse im Gesellschafts-, Kapitalmarkt-, und Steuerrecht.
Zahlreiche Personen prägten das Forum. Stellvertretend für alle, darf ich die Motoren der ersten Stunde hervorheben Prof. Hans Hügel, Dr. Hans Zöchling und Romy Faisst.
Prägend waren und sind die Mitglieder der Fachbeiräte. Stellvertretend nenne ich die fachlichen Leiter: Prof. Susanne Kalss für Gesellschaft- und Kapitalmarktrecht, Prof. Markus Dellinger für Bankenrecht, Prof. Sabine Kirchmayr für Steuerrecht.
Schließlich gibt es – nach 20 Jahren - auch Urgesteine, die die RuSt prägten: stellvertretend und vor allen Prof. Werner Wiesner. In seinen Fußstapfen nunmehr: SC Prof. Gunter Mayr.
All diese Personen sorgen dafür, dass Jahr für Jahr hochkarätige Themen von hochkarätigen Juristinnen für ein hochkarätiges Publikum behandelt werden. Die RuSt hielt sich als Format im Wesentlichen unverändert über 20 Jahre. Wie eine gute Opernsängerin. Die Stimme war immer gut, jetzt ist die Stimme etwas reifer. Aber was macht die RuSt aus? Bei Opernsängerinnen sind dies die Koloratur der Stimme, die Virtuosität, der Tonumfang aber auch die Ausstrahlung und das Schauspiel.
Was ist es, das aus einem „Jahresforum für Recht und Steuern“ die RuSt macht?
Aus meiner Sicht sind es drei charakteristische Merkmale, die die RuSt prägen und der RuSt ihr einzigartiges Format geben:
1: Bei üblichen Konferenzen geht es um den Know-how Transfer und ums Netzwerken.
Im juristischen Bereich ist der Know-how Transfer im Wesentlichen von zwei Methoden geprägt. Die erste Methode ist der Frontalunterricht, den wir alle aus dem Studium kennen. Die typische Lehrveranstaltung heißt Vorlesung: vorne steht ein Professor (soweit er sich nicht von einem Assistenten vertreten lässt). Gegenüber sitzen die Studierenden und hören zu, falls ihre Gedanken nicht schon abgeglitten sind.
Als ich dann zum Studieren nach Amerika ging, lernte ich eine weitere Methode kennen, die „sokratische Methode“. Hier geht es um eine besondere Diskurskunst. Sokrates vergleicht seine didaktische Vorgehensweise mit der „Hebammenkunst“. So wie die Hebamme den Frauen bei der Geburt ihrer Kinder hilft, so hilft Sokrates den Diskursteilnehmern bei der Geburt ihrer Einsichten. Aristoteles streut ihm dafür Rosen. Dazu muss man wissen, dass die Mutter von Sokrates eine Hebamme war.
Analysiert man das Format der RuSt, so zeigt sich, dass keine dieser Methoden hier angewendet wird.
Kennzeichnend für die RuSt ist die Gemengelage von Juristen aus den beratenden Berufen, aus Wissenschaft, Verwaltung und Gerichtsbarkeit, sowie aus Unternehmen.
Bei dieser Ansammlung von Alphatieren ist das Bild mit der Hebamme verständlicherweise etwas überfordert. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch ein Format - eine Methode, die für die RuSt charakteristisch ist. Diese Methode hat - vor allen - Kollege Hügel in seinem Seminar und bei der RuSt im Besonderen geprägt. Ich darf diese Methode als die hügletische Methode bezeichnen.
Wie funktioniert die hügletische Methode?
Sie benötigt zunächst die präzise Vorbereitung durch den Vortragenden. Ist die (meist) juristische Position einmal (i) gefunden (ii) und formuliert (iii) und in einer Folie aufbereitet (iv) und mit einem ausführlichen Beipacktext unterlegt, wird sie im Rahmen des Vortrags vorgestellt. Sie wird gleichsam verkündet und zum juristischen Diskurs freigegeben. Wesentliches Element der Methode ist nun der Widerspruch der Konferenzteilnehmer. Diese treten auf der Basis ihres eigenen, theoretisch oder praktisch fundierten, Wissens und Könnens in einen multilateralen Diskurs.
Im Ergebnis führt dies – so könnte man sagen – zu einem juristischen Elchtest. Die Konferenzteilnehmer und Co-Vortragende aus allen juristischen Lebenslagen hinterfragen die vorgetragene Position von allen Seiten. In der Regel bestehen die Vortragenden diesen juristischen Elchtest. Es ist in der Geschichte der RuSt aber auch Anderes vorgekommen. Vorteil dieser Methode ist, dass nicht nur juristisch-wissenschaftliche sondern auch advokatorische und sach-analytische Fertigkeiten geschult werden.
Aus meiner Sicht als Vortragender kann ich sagen: mich hat dieser RuSt’sche Elchtest immer bereichert: - entweder ergaben sich aus dem juristischen Diskurs weitere wesentliche Aspekte aus anderen Perspektiven - oder ein zwingendes Argument zwang mich, meine Rechtsposition feinzuschleifen.
Spätestens am Heimweg hat sich ein Argument ins Gehirn hineingefräst - und die eigene Position verändert.
Sie ist besser geworden. Die hügletische Methode ist also die erste Säule des Erfolgs der RuSt.
2: Die zweite Säule des Erfolgs der RuSt ist die kommunikative Atmosphäre.
Hier in Rust findet ein entspannter und offener Gedankenaustausch statt. Charakteristisches Merkmal ist, dass Konferenzteilnehmer miteinander ins Gespräch gebracht werden. Dieses „Miteinander-ins-Gespräch-Bringen“ ist untrennbar mit Romy Faisst und ihrem Team verbunden.
Im Laufe der Jahre entwickelte sich das „Jahresforum für Recht und Steuern“ so zu einem Soziotop – zu einem Umfeld, das die Entwicklung des Diskurses zwischen Menschen besonders fördert. Das Motto von Business Circle lautet: „die Nummer eins bei Konferenzen“. Für Romy Faisst müssen wir dieses Motto abwandeln: „die Nummer eins bei Conférencen“. Wie Sie wissen, sind Conférencen Einleitungen oder Überleitungen, die zwischen den Akteuren einer meist künstlerischen Veranstaltung und dem Publikum vermitteln sollen.
Die RuSt-Conférencen fangen zunächst bei den Vorträgen selbst an. In keiner Veranstaltung steht man alleine am Pult, sondern ist angehalten, meist komplementär mit einer/m Co-Vortragenden das Thema abzuhandeln. In den besten Fällen führt dies zu klassischen Doppel-Conférencen à la Farkas / Waldbrunn, Stan Laurel / Oliver Hardy … Naja - vielleicht ist der Humor bei uns nicht ganz so entwickelt …
Die Conférencen à la RuSt gehen jedoch noch viel weiter: In den Pausen wird man von Romy Faisst in eine Kaffe-Conférence eingebunden. Drei, vier, fünf Konferenzteilnehmer, also Tripel-, Quadrupel-, oder Quintupel-Conférencen. Am Abend gibt’s dann (i) die Bar-Conférencen, (ii) die Schiffs-Conferencen, (iii) die Cafe Alt Wien Tanz-Conférencen, oder (iv) die 20-Jahre-RuSt-Jubiläumsfeier-Conférencen
Wir Juristen tendieren dazu, im eigenen Saft zu schmoren.
Die eigene Meinung ist die wichtigste. Und sie stimmt freilich immer. Romy Faisst gelingt es, dies zu knacken.
Sie schafft es, Menschen zusammenzuführen und - in ihrer persönlichen Art - Leute miteinander zu verbinden. Aus den Conférencen geht dann jede/r bereichert heraus. Romy Faisst wird so zum Center of the Wheel der RuSt.
Ich kann mich an keine RuSt erinnern, bei der ich nicht durch die Initiative von Romy Faisst oder ihrem Team eine/n Konferenzteilnehmer/in näher kennenlernte, mit der oder dem ich seit damals freundschaftlich verbunden bin.
3: Und wenn ich über diese beiden Säulen sinniere, über die Wirkung der hügletischen Methode und die Wirkung der faisst’schen Conférencen, sehe ich ein weiteres, ein drittes charakteristisches Merkmal der RuSt:
Die RuSt als Ganzes funktioniert nur, weil ihre Teilnehmer bei den Elchtests und bei den Conférencen mitmachen. Das dritte charakteristische Merkmal der RuSt sind also Sie alle, die Sie hier stehen und sitzen! Die Teilnehmer, die Menschen, die als RuSt und auf der RuSt gemeinsam etwas schaffen. Weil juristische Entscheidungsträger aus allen Lebenslagen miteinander diskutieren und konferieren, führt dies zu einem wechselseitigen Austausch, zu einer wechselseitigen Annäherung. Das Ganze funktioniert, weil „guate Leut“ da sind. Den Charakter der RuSt prägen letztlich nicht einzelne Personen, sondern der versammelte juristische Braintrust aus allen juristischen Lebenslagen. Im Ergebnis geht es bei der RuSt also nicht um Know-how Transfer sondern um einen wechselseitigen Erfahrungs-Austausch,um eine gemeinsame Suche nach der richtigen Lösung.
Diese drei Charakteristiken, die hügletischen Diskurse, die faisst‘schen Conférencen und der versammelte Braintrust machten aus einem „Jahresforum für Recht und Steuern“ in 20 Jahren die RuSt.
Vor 20 Jahren als die RuSt startete, war Zukunft. Heute können Personen, die den Rechtsstaat, Grundwerte und Sachzusammenhänge ignorieren, wieder Massen bewegen. Andererseits - sind die hügletische Methode und faisst‘sche Conférencen heute Teil der österreichischen Juristen-Kultur.
Vielleicht hilft es da, den Geist der hügletischen Diskurse und der faisst‘schen Conférencen hinauszutragen.
Im Sinne dieses Geistes, schlage ich vor, dass wir unsere Gläser erheben. (Jene Personen, die jetzt kein Glas zur Hand haben, dürfen im Sinne einer praesumtio iuris et de iure ebenfalls mitmachen.)
Stoßen wir also gemeinsam an: auf die nächsten 20 Jahre RuSt.
Hier geht es zur 21. RuSt