obwohl immer mehr Unternehmen weltweit über Klimarisiken berichten, liefern sie keine aussagekräftigen Angaben zu den Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen. Zu dieser Schlussfolgerung kommt das, im September 2022 bereits zum vierten Mal von EY veröffentlichte, „Global Climate Risk Barometer“ – eine umfassende Analyse der Angaben zum Thema Klimarisiko von mehr als 1.500 Unternehmen aus 47 Ländern. Dabei gewinnt das Thema, getrieben durch Investor:innen und regulatorischen Anforderungen wie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der EU-Taxonomie, immer mehr an Relevanz. Der Druck auf Unternehmen, ihren strategischen Umgang mit klimabezogenen Risken und Chancen offenzulegen, steigt. EY hat mit der Climate Analytics Platform (EY CAP) ein Tool entwickelt, das Organisationen bei der Erfüllung von regulatorischen und Marktanforderungen hilft, indem es auf Abruf granulare klimabezogene Risikoanalysen auf Anlagen- und Unternehmensebene bereitstellt.
Risiko- und chancenbezogene Klimaberichterstattung in CSRD und EU-Taxonomie
Mit dem im April 2021 veröffentlichten Entwurf der CSRD hat die Europäische Kommission nicht nur den Kreis der Anwender:innen, sondern auch die Offenlegungsanforderungen an europäische Unternehmen maßgeblich ausgeweitet. Ungefähr 49.000 große und börsennotierte Unternehmen in der EU werden voraussichtlich für das Geschäftsjahr 2024 (Unternehmen, die bereits berichtspflichtig sind) bzw. 2025 (erweiterter Anwender:innenkreis; große Unternehmen) berichtspflichtig werden. Das gilt dann für Unternehmen, die zwei der drei folgenden Merkmale überschreiten:
- 20 Millionen Euro Bilanzsumme
- 40 Millionen Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschluss-Stichtag
- Im Jahresdurchschnitt 250 Arbeitnehmer
Den Rahmen für diese Berichterstattung geben die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) vor, die von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt wurden. Diese beinhalten in der derzeitigen Entwurfsversion auch umfassende Berichterstattungsanforderungen im Klimabereich. So wird nach dem vorgeschlagenen Standard zum Klimawandel (ESRS E1) erwartet, dass Unternehmen Informationen über ihre Emissionsreduktionsziele verpflichtend offenlegen müssen und darüber hinaus berichten müssen, wie ihre Geschäftsmodelle und Strategie mit den Zielen der Pariser Klimakonferenz der Vereinten Nationen von 2015 (Pariser Abkommen) und der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C in Einklang stehen. Zudem werden die Unternehmen wahrscheinlich auch verpflichtet sein, über die potenziellen finanziellen Auswirkungen wesentlicher physischer und Übergangsrisiken sowie über klimabezogene Chancen zu berichten.
Eine weitere wichtige Entwicklung für die klimabezogene Risikoberichterstattung ist die Einführung der EU-Taxonomie, die seit Beginn des Jahres 2022 für bereits berichtspflichtige Unternehmen und für GJ 2025 auch für CSRD-pflichtige Unternehmen anzuwenden ist. Ziel der Taxonomie ist es, Finanzströme in grüne, sogenannte taxonomiefähige bzw. -konforme Aktivitäten zu lenken. Sie fungiert als Klassifizierungssystem, das Unternehmen, Investor:innen und politische Entscheidungsträger:innen dabei unterstützt, wirtschaftliche Aktivitäten anhand technischer Bewertungskriterien als ökologisch nachhaltig einzustufen. Eine zentrale Rolle zur Erfüllung dieser technischen Bewertungskriterien, und somit zur Erreichung der Taxonomie-Konformität, spielt hierbei die sogenannte Klimarisiko- und Vulnerabilitätsbewertung, welche sich in drei Schritte gliedert:
- Bewertung der Tätigkeit, um festzustellen, welche physischen Klimarisiken die Leistung der Wirtschaftstätigkeit während ihrer voraussichtlichen Lebensdauer beeinträchtigen können.
- Bei Feststellung einer Bedrohung der Wirtschaftstätigkeit durch eines oder mehrere physische Klimarisiken ist eine Klimarisiko- und Vulnerabilitätsbewertung durchzuführen, um zu bestimmen, wie wesentlich die Risiken für die Wirtschaftstätigkeit sind. Bei Aktivitäten mit einer Lebensdauer von über zehn Jahren, sind dem neuesten Stand der Technik entsprechende Klimaprojektionen für die bestehende Reihe von Zukunftsszenarien (vier RCP-Szenarien gem. Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)) zu evaluieren.
- Bewertung von Anpassungslösungen, mit denen das ermittelte physische Klimarisiko reduziert werden kann.
Berichterstattung zu klimabezogenen Risiken und Chancen – mehr, aber nicht unbedingt besser
Diese regulatorischen Anforderungen helfen zu erklären, warum das diesjährige EY Global Climate Risk Disclosure Barometer einige bemerkenswerte Verbesserungen in Bezug auf den Anteil der berichterstattenden Unternehmen und die Qualität der Offenlegungen in vielen europäischen Märkten zeigt. Vor über fünf Jahren hat die Taskforce for Climate-related Financial Disclosures (TCFD) ihre Empfehlungen für die Offenlegung von klimabezogenen Finanzinformationen fertiggestellt. Seitdem haben Unternehmen auf der ganzen Welt diese Empfehlungen in Bezug auf die vier Elemente Governance, Strategie, Risikomanagement sowie Messgrößen und Ziele zunehmend übernommen. Weltweit stieg in der Erhebung von 2021 auf 2022 der Anteil der nach TCFD berichterstattenden Unternehmen von 70 % auf 84 % und in Mittel- und Osteuropa von 58 % auf 84 %.
Gleichzeitig geht aus der Studie hervor, dass die Unternehmen zwar den Umfang und die Qualität ihrer klimabezogenen Informationen verbessert haben, aber nicht immer eine ganzheitliche Sicht auf ihre physischen Risiken und Übergangsrisiken sowie die Chancen, die sich aus diesen Risiken ergeben können, haben. Obwohl immer mehr Unternehmen über Klimarisiken berichten, liefern sie keine hinreichend aussagekräftigen Angaben zu den Herausforderungen, denen sie sich gegenübersehen. Aus der Studie wird außerdem ersichtlich, dass Unternehmen die finanziellen Auswirkungen des Klimawandels nicht ausreichend in ihren Jahresabschlüssen aufzeigen und, dass die Mehrheit der befragten Unternehmen (51 %) entweder immer noch keine Szenarioanalyse durchführt oder die Ergebnisse dieser nicht offenlegt.
Viele Herausforderungen – eine Lösung
Um Unternehmen bei den steigenden Anforderungen rund um die Offenlegung klimabezogener Risiken und Chancen zu unterstützen, hat EY die Climate Analytics Platform (EY CAP) entwickelt. Das Online-Tool unterstützt Unternehmen dabei, ihre Geschäftsstrategie zu steuern, Risiken zu rationalisieren und sowohl regulatorische als auch Marktanforderungen, im Hinblick auf den Klimawandel, zu erfüllen. Folgende Analysen lassen sich mit EY CAP durchführen bzw. unterstützen:
- Analyse der Exposition und Vulnerabilität für physische Risiken
- Bewertung der Exposition gegenüber Übergangsrisiken
- Analyse von Vermögenswerten für mehrere Zeithorizonte und Klimaszenarien
Dabei stützt sich EY CAP auf Klimaprojektionen, die von zuverlässigen Klimamodellen stammen. Die Projektionen werden durch die Auswahl der Ergebnisse mehrerer IPCC-Szenarien gewonnen:
- RCP2.6: Szenario der "niedrigsten Emissionen", das einer globalen Erwärmung von 0,0-2,3°C bis zum Jahr 2100 entspricht
- RCP4.5: mittleres Szenario (1,7-3,2°C)
- RCP8.5: Worst-Case-Szenario (3,2-5,4°C)
Weitere Indikatoren stammen aus externen Datenbanken. (Aqueduct als globale Plattform für Wasserstress, Küsten- und Flussüberschwemmungen, CATNAT-Plattform für Naturkatastrophen)
Für physische Klimarisiken kann EY CAP Vulnerabilitätsanalysen nicht nur für spezifische Standorte (auch von Kund:innen und Lieferant:innen) oder Anlagen durchführen, sondern auch für Gebiete bzw. Regionen (z. B. Anbauflächen). Neben der Erfüllung von Vorschriften und Marktanforderungen kann EY CAP Unternehmen so auch bei der Bewertung und Umstrukturierung von potenziell exponierten Lieferketten unterstützen.
Fazit:
Die Relevanz klimabezogener Berichterstattung wird, aufgrund von regulatorischen Anforderungen sowie Marktentwicklungen, weiter zunehmen. Ein wesentlicher Fokus liegt dabei unter anderem auf der Offenlegung klimabezogener Risiken und Chancen sowie dem strategischen Umgang mit diesen. Europäische Unternehmen haben das bereits erkannt – der Anteil an Unternehmen, welche dazu Informationen offenlegen sowie die Qualität der Berichterstattung steigen von Jahr zu Jahr. Gleichzeitig ist hinsichtlich der finanziellen Bewertung von Risiken und Chancen noch Verbesserungspotential zu erkennen. Mit EY CAP bietet EY Unternehmen ein effektives Tool, um einerseits mit ihrer Klimarisikoberichterstattung die Anforderungen aktueller und zukünftiger Regulatorien zu erfüllen und andererseits klimabezogene Risiken und Chancen effektiv zu managen.
Die Autoren:
Georg Rogl ist Director bei EY Österreich und Leiter der Abteilung Climate Change and Sustainability Services. Er hat langjährige Erfahrung in der Beratung von Unternehmen zu Wesentlichkeitsprozessen, Nachhaltigkeitsmanagement und Reporting.
Fridtjof Sobanski ist seit 2022 bei EY Österreich im Bereich Climate Change and Sustainability Services tätig. Er bringt langjährige Erfahrung im Nachhaltigkeitsbereich mit sich und ist spezialisiert auf das Thema Klimaschutz.
EY Österreich ist Lead-Partner des Austrian Sustainability Summit am 30. / 31. März 2023
Dieser Artikel ist ursprünglich im EY Finance and Performance Magazine erschienen.