Energiekrise sorgt für Boost bei Erneuerbaren Energien. Die Akzeptanz für erneuerbare Energieprojekte und deren Ausbau ist so hoch wie nie zuvor, vor allem Photovoltaik – auch auf Freiflächen – ist beliebt. Das zeigt eine aktuelle Stimmungsanalyse von WU Wien, Deloitte Österreich und Wien Energie.
Der Klimawandel ist laut den Ergebnissen der Studie für die Mehrheit der Bevölkerung das größte Problem der kommenden Jahrzehnte. Damit steigt auch die Bereitschaft zur eigenen Verhaltensänderung: Um Energie zu sparen, nehmen mehr als zwei Drittel persönliche Einschränkungen in Kauf.
Seit 2015 erfragt Deloitte mit dem Stimmungsbarometer jährlich die Meinung der österreichischen Bevölkerung rund um das Thema erneuerbare Energien. Heuer wurden wieder rund 1.000 Personen in einer repräsentativen Umfrage um ihre Einschätzungen gebeten. Das Ergebnis: Die Zustimmung für erneuerbare Energieprojekte ist so hoch wie nie zuvor. Neben der Photovoltaik (PV) konnten vor allem Kleinwasserkraftwerke (78 %) und Windkraftanlagen (69 %) angesichts der globalen Energiekrise an Beliebtheit zulegen.
Die Voraussetzungen für den zügigen Ausbau erneuerbarer Energien sind heute besser denn je – das hat die Politik erkannt. Die Erneuerbaren-Offensive der Bundesregierung ist daher begrüßenswert. Nun müssen rasch weitere Schritte folgen, um die gesetzten Ziele auch zu erreichen.
Die Key Findings der Studie:
- Große Akzeptanz: Die Zustimmung zu erneuerbaren Energieprojekten erreicht Höchstwerte
- Flächendeckende Verbreitung: Viele wünschen sich weiteren Ausbau von Photovoltaik, Kleinwasserkraft und Windenergie
- Persönlicher Beitrag: Mehrheit der Bevölkerung setzt bewusst individuelle Maßnahmen zum Energiesparen
- Viele Hemmnisse: Interesse an Elektromobilität stagniert, ungünstige Rahmenbedingungen kratzen an Image und Verbreitung
Photovoltaik trifft auf große Akzeptanz
Die Zustimmung zur PV ist ungebrochen hoch: Fast neun von zehn Befragten befürworten den PV-Ausbau in der eigenen Gemeinde. Fast zwei Drittel wünschen sich einen Vollausbau von PV-Anlagen auf Dachflächen oder Fassaden. Auch der weitere Ausbau von Freiflächen-PV findet große Zustimmung. Ebenso ist die Bereitschaft zur Installation einer privaten Anlage gestiegen: Ein Drittel der PV-Planer will dieses Projekt bereits innerhalb der nächsten zwölf Monate umsetzen, die Hälfte von ihnen nennt die Energiekrise als Grund dafür.
Das kommentiert Nina Hampl, die Studienautorin der Universität Klagenfurt und WU Wien so: "Die steigende Beliebtheit von PV-Anlagen ist erfreulich. Eine der großen Herausforderungen ist allerdings noch die Wärmewende."
Fast ein Viertel der Heizungsanlagen in der Studie basiert weiterhin auf Erdgas. Der Anteil der Holz-, Hackschnitzel- und Pelletsheizungen sowie jener der Wärmepumpen ist im letzten Jahr nur leicht gestiegen. Das grundsätzliche Interesse wäre vorhanden: Der Anteil jener Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer, die in eine erneuerbare Wärmeversorgung investieren wollen, hat deutlich zugenommen.
Individuelles Handeln und Beteiligungsmöglichkeiten sind gefragt
Den Klimawandel sehen die Befragten als größtes Problem der nächsten zwei Jahrzehnte. Dementsprechend steigt die Bereitschaft, selbst aktiv zu werden: Mehr als zwei Drittel akzeptieren persönliche Einschränkungen, um einen Beitrag zum Energiesparen zu leisten. So reduzieren aktuell 52 % den eigenen Stromverbrauch und 45 % senken die Raumtemperatur.
Gleichzeitig herrscht ein Informationsdefizit: Mehr als ein Viertel weiß gar nicht oder nicht genau, wie hoch der eigene Energieverbrauch ist.
Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung meint dazu: "Wer sich mit dem eigenen Energieverbrauch beschäftigt, kann bewusst sparen und nützt so der Geldbörse sowie der Umwelt. Die Energiewende werden wir nicht nur durch den Ausbau der erneuerbaren Energien schaffen – Energieeffizienz ist ebenso ein wesentlicher Hebel." Passend zum Thema Eigeninitiative steigt in der Bevölkerung auch das Interesse, sich an einer Energiegemeinschaft zu beteiligen. Dabei schließen sich private Haushalte, Schulen, Gemeinden oder Gewerbetreibende zusammen, um selbst Energie zu erzeugen sowie untereinander zu verteilen. Laut Studie kann sich bereits mehr als die Hälfte der Befragten einen solchen Zusammenschluss vorstellen. „Wir als Stromversorger übernehmen die Errichtung und technisch-administrative Begleitung von Energiegemeinschaften. Mit diesen Angeboten machen wir die Menschen zum Teil der Lösung – die Energiewende ist ein Gemeinschaftsprojekt“, weiß Strebl.
Nachfrage nach Elektromobilität stagniert
Eher schleppend verläuft hingegen die Etablierung von nachhaltigen Lösungen für den Individualverkehr. Das Interesse am Kauf eines Elektroautos stagniert seit Jahren: Zwar sind laut Studie 43 % der Österreicherinnen und Österreicher grundsätzlich am Kauf eines E-Autos interessiert – in den Zulassungszahlen schlägt sich dies jedoch kaum nieder. Für ein Viertel der Befragten, die ein Elektroauto wählen würden, ist die Energiekrise der Grund für diese Entscheidung. Demgegenüber stehen hohe Anschaffungskosten und geringe Reichweiten, die gegen einen Kauf sprechen.
"Bei der Elektromobilität bewegt sich aktuell zu wenig, es gibt noch zu viele Hemmnisse Der Ausbau der landesweiten Ladeinfrastruktur läuft zu zögerlich und das führt dazu, dass die Imagewerte der E-Mobilität sinken. Gleichzeitig fehlt es an erschwinglichen Fahrzeugangeboten. Passt der Preis, wird sich auch der Markt entwickeln."
Gerhard Marterbauer, Deloitte
Das Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2030 sehen die Österreicherinnen und Österreicher skeptisch: 51 % sind dagegen. Gleichzeitig unterstützen aber 60 % das Ziel der Klimaneutralität Österreichs bis 2040. Die Menschen wollen leistbare Alternativen statt Verboten. Das ist ein Auftrag an die Politik, nachhaltige Antriebsmodelle und die nötigen Rahmenbedingungen noch stärker zu fördern.
Erneuerbare Energien in Österreich 2016 bis 2023
Bereits seit 2016 führt das Institut für Strategisches Management der WU Wien gemeinsam mit Deloitte Österreich und Wien Energie jährlich eine Studie zum Thema „Erneuerbare Energien in Österreich“ durch. Dabei werden 1.000 Österreicherinnen und Österreicher zu ihren Einstellungen und Assoziationen in Zusammenhang mit erneuerbaren Energien befragt. Die Ergebnisse zeigen einen klaren Trend zu mehr Nachhaltigkeit in den Bereichen Strom, Wärmeversorgung und Mobilität.
WP/StB Mag. Gerhard Marterbauer ist Partner bei Deloitte, Industry Line Leader Energy, Resources & Industrials. Schwerpunkt: Prüfung und Beratung von EVUs, börsennotierten Unternehmen, Stadtwerken und Industrieunternehmen. Weiters ist er Mitglied des AFRAC und diverser Arbeitsgruppen wie „Sustainability Reporting“ und „Internationale Rechnungslegungsstandards IAS/IFRS“. Er ist Vorsitzender des Fachsenates für Unternehmensrecht und Revision. Beim Austrian Sustainability Summit stellt er am 30. März 2023 die Energiestudie sowie deren Implikationen für die österreichische Wirtschaft vor.
Hier können Sie die vollständige Studie direkt als pdf herunterladen
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