Aus der Vergangenheit lernen heißt auch, mit neuen Visionen in die Zukunft zu gehen und das im Dreiklang von: Soziales, Wirtschaft und Technologie. Das kann nur gelingen, wenn ein weiterer Dreiklang harmoniert: Vortragende, Medienpartner und Publikum. Wie sieht jetzt die Strategie für Österreich aus?
Impulse aus der Politik: Kreislaufwirtschaft 2030 - wo will Österreich stehen?
Andreas Tschulik, BMK:
Ziel ist es, in Österreich bis 2050 klimaneutral und kreislaufbasiert zu wirtschaften. Um das zu erreichen, soll nicht die Volkswirtschaft heruntergeschraubt, sondern der Kreislauffaktor erhöht werden. Schon heute könnten 10% des Ressourchenverbrauchs ohne Wohlstandsverlust quasi sofort eingespart werden, wenn nicht mehr so viel direkt für den Abfall produziert würde. Das gilt vor allem für Lebensmittel und, woran man sonst kaum denkt, auch Kleidung. Um das zu verwirklichen, braucht es smarte Strukturen und innovative Lösungen. Mit dem Reparaturbonus und dem Fördern von Mehrwegsystemen ist innerhalb der letzten 12 Monaten schon viel gemacht worden. Ein ganz besonderer Fokus soll im kommenden Jahr auf Hoch- und Tiefbauprojekte gelegt werden, wenn man sich ansieht, wieviel Material dort verbraucht wird, erkennt man, dass da ein viel größerer Hebel liegt als beim Konsum der Haushalte.
Ein Climate Lab gibt es ja schon, jetzt wurde noch ein Circularity Lab etabliert, dessen Ziel Vernetzung, Best Practise und Innovation ist.
Karin Huber-Heim, Task Force “Kreislaufwirtschaft” des BMK:
Ein Schmetterling braucht zwei Flügelpaare, um zu fliegen, in der Task Force sollen daher Ministerien und Forschung auf der einen und Unternehmen und Zivilgesellschaft auf der anderen Seite vernetzt werden. Wichtig ist es jetzt, nicht nur schöne Präsentationsfolien zu produzieren, sondern die Sache ins Laufen zu bringen. Die Vernetzung soll dabei nicht nur horizontal in Peer-Groups, sondern auch vertikal entlang der Lieferkette erfolgen. Immerhin steht Österreich jetzt schon sehr gut da im internationalen Vergleich: Von 166 Staaten, von denen Daten vorliegen, auf einem guten 5. Platz nur hinter skandinavischen Staaten. Wer immer Fragen zur Task Force hat, kann ich an Taskforce.ce@bmk.gv.at wenden.
Bernhard Zlanabitnig, EU Umweltbüro
Die Außenbedingungen ändern sich, und für Unternehmen kann es schwierig werden, mitzuhalten. Im kommenden Jahr wird zunächst Belgien, dann Ungarn die Ratspräsidentschaft übernehmen, wobei die Zeit nach Ostern schon im Zeichen der EU-Wahlen im Juni 2024 stehen wird. Wichtige politische und institutionelle Milestones werden sein: Gute Lösungen gegen Lebensmittelverschwendung finden, Maßnahmen gegen geplante Obsoleszenz treffen und Green Claims bekämpfen. Natürlich kommen da einige Herausforderungen auf uns zu und die Gefahr einer Überregulierung ist nicht ganz von der Hand zu weisen, andererseits gibt es in Österreich Familienunternehmen, die seit 100 Jahren, 200 Jahren oder noch länger bestehen, und die haben schon ganz andere Krisen überstanden.
Berthold Kren, Holcim Österreich: Aus Städten neue Städte bauen: Kreislaufwirtschaft als Geschäftsmodell in der Baustoffindustrie
Kreislaufwirtschaft von 0 auf 100 wird es nicht geben, es braucht 100 kleine Schritte. Wir reden von Innovations- und Feedbackzyklen, in die sowohl die Kunden als auch der legistische Rahmen einbezogen werden müssen.
Wenn ein Satz anfängt mit „man sollte“ oder „man müsste“, dann weiß man schon, dass das Projekt wahrscheinlich scheitert.
(Berthold Kren)
In der Bauindustrie war das Motto der letzten Jahre: Volumen, Volumen, Volumen, aber die Ressourcen gehen zu Ende, insbesondere im Hinblick auf globales Bevölkerungswachstum und Urbanisierung. Es bleibt also nichts Anderes übrig, als besser mit weniger zu bauen. Schon heute verfügen wir über Technologien, die es ermöglichen, mit 30% weniger Ressourcen das quasi gleiche Gebäude zu bauen wie vor 20 Jahren. Das ergibt aber ein neues Dilemma. denn wo man Zement spart, braucht man vielleicht mehr Kunststoff und gerade Industrieschäume und Verbundwerkstoffe können derzeit noch nicht recycelt werden. Um neue Projekte zur Massentauglichkeit zu bringen, braucht es starke Partnerschaften entlang der Wertschöpfungskette.
Myth Breakings, Ideen Think Tanks und Diskussionen: Kreislaufwirtschaft begreifbar machen
Neueste Erkenntnisse aus der Forschung, Best Practises aus der Industrie und zündende Ideen aus Start-Ups: In zahlreichen Round-Table Sessions und Paneldiskussionen bot sich ein breites Spektrum aus dem, was mit welchem Erfolg gemacht wurde und wie es weitergehen könnte. Einige Highlights aus den Diskussionen:
- Niemand merkt sich die 10 R: gutes Storytelling ist wichtig.
- Es kann nicht sein, dass noch Produkte erzeugt werden, von denen wir wissen, dass sie maximal 12-15 Jahre halten und dann als nicht-recyclebarer Sondermüll enden.
- Je mehr Vorschriften, desto mehr Greenwashing.
- Große Schritte kommen nicht durch gesetzliche Vorgaben, sondern durch Selbstverpflichtung, wenn das Commitment da ist.
- Was lange währt, ist gut. Ebenso ist gut, was keine schädlichen Inhaltsstoffe braucht.
- Von cradle to grave zu cradle to cradle: Als herstellendes Unternehmen sich überlegen, was am Ende des Produktlebenszyklus passiert.
- Wer Ressourcen spart, spart auch Kosten, und erst wenn man das begreifbar macht, hat man das Gehör im C-Level.
Zum Abschluss:
Petra Koller-Lechleitner und Moritz Mirascija dankten nach einem intensiven Tag allen, die Inputs gegeben hatten für die spannenden und zukunftsweisenden Diskussionen sowie einfach fürs da gewesen sein. Wir stehen am Anfang eines Marathons, aber wir werden die Transformation schaffen. Vor allem dann, wenn wir nicht stillstehen, weiter denken und weiter handeln.
Die Circular Economy 3.0 findet im November 2024 statt
Weiterführende Links:
Studie von Prof. Dr. Josef Schöggl, Uni Graz, Befragung von 134 Unternehmen zum aktuellen Stand der Kreislaufwirtschaft
Innovative Geschäftsmodelle der Kreislaufwirtschaft – Good Practice Sammlung des BMK
Zum Blog-Bereich mit zahlreichen Beiträgen der Vortragenden: