Es ist wunderschön zu sehen, dass wir schon im dritten Anlauf so viele vereinen können. Er stellte das ambitionierte Programm mit 60 Vortragenden in anderthalb Tagen vor. Ein Themenschwerpunkt der Tagung sollten neben den Anforderungen aus Regulatorik und Reporting die Menschen sein, die jetzt die Nachhaltigkeit im Unternehmen leben und weitertragen.
Decarbonisierung und Digitalisierung: Thomas Arnoldner
Als Hausherr und Gastgeber ist Thomas Arnoldner, der CEO von A1, natürlich häufiger in diesem Sall und es freute ihn besonders, diesen heute so voll zu sehen, was dann doch selten ist.
Er begrüßte alle im Headquarter und stellte vor, was und wie sein Unternehmen zu Decarbonisierung und Digitalisierung unterstützt und wie A1 insbesondere die von ihnen betreuen Unternehmen durch smarte und digitale Lösungen dabei begleitet, weiteres wirtschaftliches Wachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Das geschieht zum Beispiel durch Wiederaufbereitung und Upgrading von Endgeräten. Mit dem A1 Digital Campus wurde auch schon eine Bildungseinrichtung zur Vorbereitung der nächsten Generation geschaffen.
Leonore Gewessler, Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
Nachdem sich die Bundesministerin für die Einladung bedankt hatte, und sagte, wie schön es sei, dass das es mit dem Thema ESG gelingt einen so großen Saal so voll zu machen, ging sie auf das „Warum“ der Nachhaltigkeit ein und weswegen es so wichtig ist, Dinge jetzt anders zu machen. Dafür müssen Menschen miteinander reden, die bisher noch nicht miteinander geredet haben. Neue Herausforderungen erfordern neue Arbeitsweisen und neue Kooperationen werden wichtiger. Deswegen sind auch Konferenzen wie die heutige so bedeutend. Wenn man etwas selbst nicht erklären kann, wie will man es im Kunden- oder Stakeholderkreis erklären?
Anschließend berichtete sie darüber, was sie sie zusammen mit Ihren Ministerkolleginnen und -kollegen auf EU-Ebene diskutiert und umsetzt. Insbesondere ging sie auch auf die neue CSRD ein, die dann ja auch im Rahmen des Gipfels noch weiter thematisiert wurde. Natürlich ist es für Unternehmen eine zusätzliche Belastung, wenn noch mehr berichtet werden muss, aber zum Beispiel mit der Green Claims Directive oder dem Green Bond Standard sollen die Unternehmen geschützt werden, die wirklich und ehrliche Maßnahmen wergreifen und sich nicht nur oberflächlich grün anstreichen.
Frau Gewessler sprach ihren herzlichen Dank aus für das Engagement Aller in ihren jeweiligen Unternehmen für das, was sie schon alles geleistet haben und was sie noch leisten werden. Zum Beispiel bei Geothermie, Wasserkraft, Wärmepumpen oder Solarpanels auf den Dächern von Produktionsstätten.
Panel: Lieferketten neu denken – Transparenz und Nachvollziehbarkeit schaffen.
Mit Reinhard Altenburger, IMC Fachhochschule Krems; Eva-Maria Ségur-Cabanac, Baker McKenzie; Sabine Schellander, Co-Head of Sustainability GREINER AG und Paul Velich, Head of Legal, Skidata:
Mit dem deutschen Lieferkettensorgfaltsgesetz ist die deutsche Regierung nach vorne geprescht und hat eine Benchmark gesetzt, an der sich nun Unternehmen und Politik im gesamten EU-Raum orientieren. Eine Abstimmung über Handzeichen zeigte, dass auch jetzt schon im Publikum aufgrund enger wirtschaftlicher Verflechtungen ca 30% vom deutschen Gesetz betroffen sind. Und auch wenn noch etwas Zeit bleibt, bis es ein österreichisches Gesetz geben wird, so besteht doch heute schon Handlungsbedarf und in allen größeren österreichischen Unternehmen finden schon diesbezügliche Überlegungen statt. Der Verantwortungsbereich des Unternehmens erweitert sich, das kann man durchaus als Gamechanger betrachten, der es vielleicht auch einmal erforderlich machen wird, zur Risikoeinschätzung einmal ein Audit vor Ort bei Lieferanten zu machen. Wichtig ist dabei, dass Nachhaltigkeit nicht nur als zusätzlicher Aufwand gesehen wird, der das Business stört. Das kann vor allem dann gelingen, wenn Management und Team im Unternehmen sich aus eigenem Antrieb dafür einsetzen, dass Umwelt- und Ethikstandards eingehalten werden.
Mirco Wolf Wiegert, Fritz-Kola: Wach, das ist unser Ding.
Fritz-Kola wurde 2002 gegründet und hat von Anfang an auf Nachhaltigkeit gesetzt, also lange bevor es in Mode kam. Es gehört zu den Gründungsmythen von Fritz-Kola, sich schon mit Nachhaltigkeit beschäftigt zu haben, bevor das überhaupt so hieß. Kola aus organischen Zutaten in kleinen Glas- statt großen PET-Flaschen war die erste Geschäftsidee. Da Glas als Verpackung ein großes Eigengewicht hat, wurde von Anfang an auf kurze Transportwege geachtet und Kooperationen mit lokalen Getränkemarken eingegangen, mit denen im Rahmen von shared-use-Konzepten Flaschenreinigungs- und Abfüllanlagen genutzt werden. Im Zuge eines ganzheitlichen Ansatzes setzt Fritz-Kola sich auch für Nachhaltigkeit bei Werbemitteln ein, diese sind entweder aus Papier und Pappe, oder für eine sehr langfristige Benutzung ausgelegt oder es gibt sie eben nicht. Wegen großer Transportwege muss das Unternehmen aber immer noch an seinem CO2 Fußabdruck arbeiten, so dass sie bei Mikrolieferungen an Bars und Clubs gerade an Konzepten für E-Mobilität und mit Lastfahrrädern arbeiten. Und obwohl es „eigentlich“ schlecht für ihr Geschäft ist, weisen sie aus Überzeugung auf die Gefahren von übermäßigem Zuckerkonsum hin, betonen aber auch, dass Zucker im Gegensatz zu chemischen Süßstoffen biologischer Rohstoff ist, der ohne „Chemie“ hergestellt wird und mit kurzen Transportwegen verbunden ist.
ESG: „Es soll gelingen“ - Stephan A. Jansen
Stephan A. Jansen ist Hochschullehrer und Firmengründer, der über sich selbst sagt: „Ich bin kein Zukunftsforscher, ich bin Gegenwartsanalytiker“. Er begann seine heutige Analyse mit einem Blick in die Wirtschaftsgeschichte. Der Kapitalismus hat sich in 250 Jahren von Webstühlen zu Webshops entwickelt. Ihm liegt das Prinzip zu Grunde, dass, wenn jeder seine Eigeninteressen verfolgt, der Markt und seine Mechanismen für ein allgemeines Wohlstandoptimum sorgen werden. Heute stehen wir aber vor einem ‚Wicked Problem‘, also einem, das trivial nicht mehr lösbar ist. Kollektive Problem wie globale Umweltzerstörung stoßen nicht mehr auf kollektive Lösungen. Wir wissen alle, dass die andere es falsch machen aber wie kommen wir zu einem Umdenken, wenn Europa immer irrelevanter wird? Im heutigen Kapitalismus stehen sich zwei Modelle gegenüber: Einmal das Modell „China“ mit starkem staatlichem Dirigismus und institutionalisierten Eingriffen in die Freiheit des Individuums Und auf der anderen Seite das Modell „Silicon Valley“, in dem Unternehmen oder einzelne Unternehmer ihre persönlichen Vorlieben aufgrund ihrer wirtschaftlichen Potenz umsetzen und Staaten und Märkte vor sich hertreiben. Dazwischen liegt das Modell „Europa“, das von seiner hohen intrinsischen Diversität zwischen den einzelnen verwandten aber doch jeweils verschiedenen Kulturen profitieren und dadurch soziale Kreativität erschaffen kann. Dem „Einhorn“ des Silicon Valley stellt Stephan Jansen sein „Zebra“ gegenüber, das schwarz und weiß, profit and puropose, miteinander verbindet. Und auch das in seinen Strukturen verkrustete und immer weiter überalternde China wird eines Tages wieder aus Europa importieren, zwar nicht Autos oder Waschmaschinen, aber soziale, ökologische und innovative Designs und Geschäftsmodelle.
Abschlusspanel: Sustainability Kultur etablieren und Awareness intern und extern prägen
Mit Gabriele Faber-Wiener, Center for Responsible Management; Christoph Stieg, PERFACT CONSULTING; Helga Kromp-Kolb, Universität für Bodenkultur; Gabriela-Maria Straka, Brau Union Österreich waren ganz unterschiedliche Persönlichkeiten mit einem Hintergrund aus Wirtschaft und Wissenschaft auf der Bühne versammelt, die im Austausch mit dem Publikum ganz unterschiedliche Lösungsansätze vorstellten und sich doch in Wesentlichkeiten einig waren. Hier einige Kernsätze aus der Diskussion:
- Nachhaltigkeit muss als wirtschaftliche Chance verstanden werden, um wirklich nachhaltig zu sein
- Stakeholder kann man zwar managen, aber ihnen keine Anweisungen geben
- Responsibility steckt in der Governance, Stakeholder sind Menschen und mit denen kann man reden. Nur Interaktion führt zu gemeinsamen Interesse
- Das Potential von Daten und Kooperationen auszuschöpfen heißt auch, Redundanzen und leere Kilometer zu vermeiden
- Konkurrenz und Wettbewerb sind wichtig für leistungsfähige Unternehmen, aber Ziele für das Ökosystem bei Nachhaltigkeitsprozessen lassen sich nur in Kooperation erreichen.
Abschließend dankte Moritz Mirascija in Namen von Business Circle der Gastgeberin A1 sowie der gesamten Community, die über zwei Tage neue Köpfe, neue Fragen, neue Stimmen und neue Antwort eingebracht hatte. Im nächsten Frühjahr soll es wieder gelingen, Stakeholder aus NGOs, Politik, Green Startups und etablierten Unternehmen zusammenzubringen.
Wir sehen uns wieder zum 4. Austrian Sustainability am 18. / 19. April 2024.
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