Beim Gespräch über Strategie und Struktur ist allen klar, worum es geht. Es gibt ausgearbeitete Konzepte und schriftliche Diskussionsgrundlagen. Dreht sich das Gespräch jedoch um Unternehmenskultur hat man es schnell mit wolkigen oder nebulösen Ideen zu tun.
Trotzdem bewahrheitet sich immer wieder der Satz "Culture eats strategy for breakfast!", was Führungskräfte nach einer gescheiterten Veränderungsinitiative besonders deutlich spüren.
Wie tickt denn Euer Laden so?
(Ein Fragesteller auf der Suche nach Ihrer Unternehmenskultur)
Wie wird Ihre Antwort ausfallen: Eine Beschreibung des typischen Verhaltens, von Spielregeln, die sich innerhalb einer Organisation etabliert haben und innerhalb derer gelten. Grundsätzlich entsprechen diese Regeln Kommunikationsmustern, die festlegen welches Verhalten innerhalb des Unternehmens erwünscht ist und welches nicht und damit einen Deutungsrahmen bilden.
Wie ist denn Eure Strategische Ausrichtung so?
(Ein neuer Kollege, der frisch zum Team hinzugekommen ist)
Je nach den geltenden Spielregeln, der „Kultur“ des Unternehmens kann das Spektrum der Reaktionen auf diese Frage sehr weit gefächert sein: Was die einen als Indiz für strategische Kompetenz und Interesse an den Zielen des Unternehmens sehen, gilt anderen als subversive Kompetenzüberschreitung („Mischen Sie sich nicht in die Angelegenheiten der Geschäftsführung ein“), wenn nicht gar als Anzeichen für Inkompetenz („Wenn Sie die Ziele des Unternehmens nicht begreifen, dann sind Sie hier falsch“). Wer mitspielen möchten, muss die Spielregeln kennen, wer mitarbeiten möchte, die Kultur des Unternehmens. Das Problem dabei ist: die Regeln sind ungeschriebene Gesetze, man kann sie nicht nachlesen und auch das Befragen der Mitarbeiter und Kollegen liefert keine vollständigen Ergebnisse.
Die Veränderung von innen heraus
Der Umstand, dass es sich um ungeschriebene Gesetze handelt, erklärt es grundsätzlich schon, warum eine Analyse von außen nicht dir gewünschten Ergebnisse bringen kann. Um ein Veränderungsprojekt erfolgreich zu beginnen, muss die Kultur im Unternehmens selbst beobachtet werden, eben jene Regeln, die ein Außenstehender nicht kennt und im Team selbst nur schwer erkannt und ausformuliert werden können. Die Selbsterkenntnis ist unverzichtbar als Basis einer erfolgreichen Veränderung.
Wie man die Regeln ändern kann
Von dieser soliden Basis ausgehend kann eine neue Kultur angeregt werden, aber warum scheitern so viele Initiativen, die eine Kulturveränderung wollen?
Anders als eine Strategie oder viele Themen des daily workflow kann eine Unternehmenskultur nicht einfach in einem Meeting beschlossen und danach – dem Ablauf eines Projektplanes folgend – umgesetzt werden.
Ab nächsten Montag haben wir eine vertrauensvolle Zusammenarbeit
(Der Projekteiter eines im Sande verlaufenen Change-Projektes)
Wer meint, Unternehmenskulturen ließen sich durch gezieltes Handeln der Geschäftsleitung in eine gewünschte Form bringen, wird scheitern. Unternehmenskulturen sind aus der Vergangenheit quasi organisch gewachsen, sie bilden ein Paralleluniversum zu den offiziellen Strukturen und entwickeln sich unterhalb des Radars weiter
Die gute Nachricht: auch wenn sich Unternehmenskultur nicht oktroyieren lässt, so lässt sie sich doch beeinflussen. Allerdings eher mit indirekten Methoden. Das heißt, Formales und Entscheidbares wird gezielt verändert, um Informelles und Unentscheidbares (das, was eben die Kultur ausmacht) zu beeinflussen. Der Soziologe und Gesellschaftstheoretiker Niklas Luhmann hat dazu drei Kategorien definiert: Programme, Kommunikationswege und Personelles
Auch wenn eine Veränderung in der programmatischen Ausrichtung, in den Wegen der Kommunikation oder auf personeller Ebene noch so klein ist, wird sie Auswirkungen auf die Spielregeln und damit auf das ganze Spiel haben
Welche Regeln gelten bei Ihnen? Was beobachten Sie in Ihrer Organisation? Was können Sie tun, um Prämissen anzuregen oder zu verändern?
Christoph Bader gründete und führt die Wertefabrik. Schwerpunkt: Gestaltung geeigneter Rahmenbedingungen, damit Menschen ihr Potenzial ausschöpfen können. Er war viele Jahre im Personalwesen tätig. Durch seine Stationen als Ausbildungsleiter, Organisationsentwickler und Personalcontroller kennt er die Erfolgsfaktoren für langfristig erfolgreiche Personalprojekte.