Business Circle: Liebe Frau Aldjic, wie wird man zur „Stimme der GenerationZ“?
Klaudia Aldjic: Das 'Top Voice' Programm von LinkedIn ist eine exklusive Initiative, zu der man nur auf Einladung Zugang erhält. Es zeichnet LinkedIn Creator:innen aus, die sich als Experten auf ihrem Gebiet in der Arbeitswelt etabliert haben und kontinuierlich darüber berichten. Ich gehöre zum Top Voice 'Next Generation' Programm und meine Reise begann auf eine ähnliche Weise. Auf LinkedIn begann ich Beiträge zu verfassen, die sich auf Themen wie die Generation Z, den Berufseinstieg und die Lehre konzentrierten. Mein Ziel war es, bewusst gegen Vorurteile anzugehen – und auf LinkedIn treffen meine Beiträge genau die richtige Zielgruppe: HR-Experten, Geschäftsführer und Lehrlingsverantwortliche. Ich selbst bin Vertreterin dieser Generation und kann beide Seiten gut verstehen. Aber mit Vorverurteilungen, vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels, gewinnen wir damit keinen Krieg.
BC: In Ihrer Studie vom Juni 2022 beschreiben Sie bei der GenZ vor allem Präferenzen für intrinsische und soziale Belohnungen – was funktioniert bei der GenZ genau nicht mehr, was zuvor noch als Erfolgsrezept galt?
Aldjic: Ja, ergänzend zu meiner vorherigen Antwort möchte ich betonen, dass meine Studie zu dem Schluss gekommen ist, dass die intrinsische Motivation bei der Generation Z genauso stark ausgeprägt ist wie die extrinsische Motivation. Dies bedeutet, dass sowohl die persönliche Erfüllung und Freude an der Arbeit als auch die finanzielle Belohnung, Aufstiegschancen und Perspektiven gleichermaßen wichtig sind.
Heutzutage sind Arbeitgeber mehr denn je gefordert, Kompromisse einzugehen, verglichen mit der Situation vor 10 Jahren. Arbeit ist ein integraler Bestandteil des Lebens, und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben hat oberste Priorität. Eine gewisse Flexibilität kann dabei den entscheidenden Unterschied ausmachen. Dies gilt jedoch nicht nur für die Generation Z, sondern wurde auch von früheren Generationen bereits stark befürwortet.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass Branchen, in denen die Flexibilität schwieriger zu erreichen ist, nicht automatisch im Wettbewerb um Talente verlieren. Hier kommt es auf die Bereitschaft zur Kompromissfindung an.
BC: Daran anschließend: Wie erklären Sie diesen Wandel?
Aldjic: Aktuell erleben wir eine beispiellose Vielzahl an offenen Stellen. Dies eröffnet Jobsuchenden eine breite Palette an Möglichkeiten. Als ich meine Karriere im HR-Bereich begann, wurde mir beigebracht, Kandidaten in A-, B- und C-Kategorien zu priorisieren. Das lässt sich heute sehr selten so umsetzen. Diese Entwicklung geht einher mit häufigeren Jobwechseln, und die Karrieren verlaufen nicht mehr zwangsläufig linear.
BC: Wo sind für Sie die Unterschiede im Recruitment bei Lehrlingen, insbesondere im Handwerk, im Gegensatz zum Beispiel bei Anwalts- oder Steuerberatungskanzleien?
Aldjic: Im Bereich des Lehrlings-Recruitings sehe ich grundsätzlich keine großen Unterschiede zwischen beiden Branchen. In beiden Fällen ist es entscheidend, die Stärken und Vorteile der jeweiligen Branche und der angebotenen Ausbildungen hervorzuheben.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die erforderlichen Fähigkeiten und Qualifikationen je nach Branche variieren können. Unabhängig davon steht die primäre Aufgabe darin, bei den jungen Menschen Begeisterung für die jeweiligen Berufsbilder zu wecken.
Leider entscheiden sich Schülerinnen und Schüler oft für Berufe, die sie bereits aus ihrem persönlichen Umfeld kennen, sei es durch Familienangehörige oder Freunde. Daher ist es besonders wichtig, bereits frühzeitig anzusetzen und den Schülern die breite Vielfalt an beruflichen Möglichkeiten aufzuzeigen.
Die bestehenden Lehrlinge zu „Brand Ambassadors“ machen
BC: Was ist das beste Konzept, um über „Sichtbarkeit“ im War for Talents die Nase vorn zu haben? Muss es immer Social Media sein oder ist es manchmal nicht sinnvoller, einfach das örtliche Feuerwehrfest zu sponsern?
Aldjic: Das beste Konzept, um im "War for Talents" bei Lehrlingen die Nase vorn zu haben, erfordert eine abgestimmte Strategie aus verschiedenen Bausteinen. Es ist nicht nur Social Media. Klar, es spielt eine wichtige Rolle, da das Smartphone der tägliche Begleiter ist. Aber es macht auch definitiv Sinn, sich lokale Maßnahmen zu überlegen, um eine enge Bindung zur Gemeinschaft herzustellen.
Was auch gern vergessen wird beim Thema Sichtbarkeit: Die bestehenden Lehrlinge, und das sind die wichtigsten „Brand Ambassadors“ die aktiv zur Sichtbarkeit beitragen können, indem sie ihre positiven Erfahrungen und Begeisterung für das Unternehmen teilen.
Sichtbarkeit ist keine einmalige Sache. Das macht es eben nicht einfacher.
BC: Im Vertrieb wie im Recruitment kommt es darauf an, möglichst langfristige Bindungen zu etablieren, vertrieblich gesprochen: Nicht nur einmalige Käufer, sondern langfristige Fans und Markenbotschafter zu gewinnen, was kann HR von Sales lernen, was wäre ein Quick-Win?
Aldjic: Es gibt derzeit viele Punkte, die Recruiter:innen vor einer Herausforderung stellen. Sei es der demografische Wandel und dem Fakt, dass die Generation Z nicht so viel Vertreter:innen zählt wie vorherige Generationen . Zudem müssen Recruiter:innen mit der aktuellen Situation zurechtkommen, in der es aufgrund vieler offener Stellen eine wahre Qual der Wahl gibt. Ebenso müssen sie sich den veränderten Bedürfnissen der Kandidat:innen stellen, die nicht immer mit den vorhandenen Rahmenbedingungen in Einklang stehen.
2016 hat mich niemand gefragt, wie groß mein Netzwerk ist, auf welchen Social Media Plattformen ich aktiv bin oder welche digitalen Recruiting Skills ich mitbringe. Heute geht es ohne diese Skills kaum mehr.
Digitale Maßnahmen sind auch messbar, was bedeutet, dass die Performance anhand von Kennzahlen überprüft werden muss. Dies erfordert eine verstärkte Ausrichtung auf datengetriebenes HR. Das Marketing macht das schon längst.
Die Personalisierung von Inhalten spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Das Verständnis der Zielgruppe und die Verwendung der richtigen Worte sind hierbei von großer Bedeutung, anstatt jedes Inserat mit einem generischen "Wir suchen dich" zu gestalten. Es gibt erhebliches Potenzial und Synergien, wenn sich das HR auch die Fähigkeiten des Marketings zu eigen macht.
BC: Sie werden zum ersten Mal beim Lehrlingsforum sein, worauf freuen Sie sich am meisten?
Aldjic: Ich freue mich, dass wir hier zwei Tage geballte Power und Fokus auf die Lehrlingsausbildung haben werden. Ebenfalls freue ich mich auf den spannenden Austausch, von best practices zu erfahren und neue Kontakte zu knüpfen. 😊
BC: Danke für das Gespräch, wir freuen uns auch, Sie am Lehrlingsforum zu begrüßen!
Klaudia Aldjic, BA ist seit 7 Jahren im HR Umfeld tätig. Sie hegt eine große Leidenschaft für das Thema Lehrlingsausbildung und somit auch für die Generation Z. Dabei setzt sie sich insbesondere mit folgenden Fragestellungen auseinander: „Was bewegt die junge Generation?" und „Wie sucht die neue Generation nach Jobs?". Am 1. Dezember 2023 hält Sie im Rahmen des 10. Lehrlingsforums eine Keynote mit dem Titel: „#Z wie Zukunft: Wer nicht mit der Zeit geht, zu dem geht niemand“
Zur Studie „Work and Espoused National Cultural Values of Generation Z in Austria”