Michèle Schaub ist in Ihrer Rolle als Employer Branding Specialist bei Helvetia Versicherungen Schweiz und Personal Branding Coach bei ybrand.ch durch und durch eine GEN Zlerin. Sie weiß genau, wie Unternehmen den Ansprüchen der jungen Nachwuchskräfte gerecht werden und was es braucht, um Mitarbeiter zu Markentbotschafter:innen zu machen:
Als Social-Media und Branding Expertin weißt Du von den Vor- und Nachteilen der digitalen Netzwerke. Wie wichtig sind Social-Media Auftritte um als Arbeitgeber junge Menschen anzusprechen?
Die Frage ist ja immer: Wie können wir in der heutigen Zeit der totalen Reizüberflutung die Aufmerksamkeit von potenziellen Mitarbeiter:innen gewinnen? Ein wichtiger Schlüssel dazu ist, dass wir die Bedürfnisse unserer Zielgruppen kennen. Heute gibt es vor allem online sehr viel Konkurrenz und erst wenn wir es als Unternehmen schaffen sichtbar zu sein, haben wir eine Chance als Arbeitgeber für junge Menschen überhaupt wahrgenommen zu werden. Dies ist in Zeiten des Fachkräftemangels essenziell.
Als "Gen Zlerin" weiß ich, wie wichtig der Auftritt von Unternehmen in den sozialen Medien ist. Unternehmen müssen die Sprache der jungen Generation sprechen. Sie müssen dort sein, wo sich die Zielgruppe aufhält – und das ist eben auf den sozialen Kanälen. Die Generation Z ist mit dem Internet und dem Smartphone aufgewachsen und nutzt Social Media nicht nur für Unterhaltung, sondern auch für die Suche nach Informationen, bei der Jobsuche oder für die Bewerbung.
Unternehmen sollten Social Media als große Chance sehen: Mit Social Media Kampagnen können wir zielgerichtete Werbung schalten und so direkt mit potenziellen Bewerbern interagieren, einen authentischen Einblick in die Arbeitswelt bieten und so Vertrauen schaffen.
Junge Menschen wissen am besten, was ihnen wichtig ist und was nicht. Deshalb rate ich auch immer, bestehende Nachwuchskräfte in Social-Media-Aktivitäten miteinzubeziehen. Das große Stichwort lautet hier: Corporate Influencer!
Sind Mitarbeiter die wahren "Botschafter"?
Die eigenen Mitarbeiter:innen sollten unbedingt in Employer Branding Kampagnen integriert werden, denn sie tragen maßgeblich zur Außendarstellung des Unternehmens bei. Wichtig: Wir müssen Mitarbeitende zu Fans machen! Der Vorteil von Mitarbeiter:innen als Markenbotschafter:innen: Sie überzeugen durch Authentizität und Engagement. Niemand sonst kann den Alltag im Unternehmen so glaubhaft vermitteln wie die eigenen Mitarbeitenden. Wenn Corporate Influencer Inhalte in den sozialen Medien verbreiten, nehmen automatisch auch Wahrnehmung und Interaktion zu. Auf offizielle Unternehmensinhalte reagieren dagegen deutlich weniger Social-Media-User. Der große Pluspunkt ist daher, das viel mehr Nähe zu potenziellen Kund:innen und Recruiting-Zielgruppen entsteht, denn Menschen kommunizieren viel lieber mit Menschen als mit gesichtslosen Marken.
Der Aufbau von Corporate Influencern macht sich meiner Meinung nach aber nicht nur auf der Kundenseite bezahlt. Auch die eigene Unternehmenskultur kann nachhaltig profitieren. Wir stärken die Identifikation der Mitarbeitenden, zeigen Wertschätzung und schaffen Vertrauen.
Wenn man das Thema Personal Branding im Unternehmen nachhaltig fördern möchte ist es wichtig, dass man Mitarbeitende nicht nur als Sprachrohr des Unternehmens nutzt, sondern ihnen das Vertrauen schenkt, selbst Content zu kreieren. Erst so wird es authentisch und glaubwürdig. Bei Helvetia Versicherungen Schweiz befähigen und ermutigen wir unsere Mitarbeitenden mit Workshops, ihren Personal Brand strategisch aufzubauen und sich aktiv als Fachexperten und Fachexpertinnen auf dem Markt zu positionieren. Wir durften bereits über 200 Personen in virtuellem Personal Branding coachen und haben gesehen: Nach den Workshops ist das durchschnittliche Engagement der Mitarbeitenden um 95% gestiegen.
In welchen Punkten muss sich die Arbeit in UNternehmen gemäß der Anforderungen der GEN Z ändern?
Wir sehen uns heute mit vielen Herausforderungen im Recruiting konfrontiert: Der demographische Wandel verändert den Jobmarkt, Informationen erreichen Bewerber:innen nicht mehr und die junge Generation hat andere Bedürfnisse als die Generation vorher. Unternehmen müssen sich heute bei Bewerber:innen bewerben, wir haben einen Arbeitnehmermarkt. Und dann kommt noch dazu, dass die junge Generation heute keine Bindung mehr an ein Unternehmen hat.
Wichtig für Unternehmen ist sicherlich, dass sie dem Wunsch der jungen Menschen nachkommen und Entwicklungs- und Selbstverwirklichungsmöglichkeiten bieten. Die jungen Leute möchten einen Job, den sie gerne machen, bei dem sie gefordert und gefördert werden, wo sie sich weiterentwickeln können und Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten haben.
Die Bedürfnisse der jungen Generation zu kennen und zu wissen, wie wir die Talente von morgen gewinnen und binden können, betrifft meiner Meinung nach nicht nur das Recruiting, es ist auch eine Führungsfrage. Deshalb braucht es Sensibilisierung des Managements, der Abteilungen und der Teams.
Was können Lehrlinge und Auszubildende in Unternehmen bewirken?
Die Generation Z steigt gerade in die Berufswelt ein. Sie kommt von der Ausbildung oder dem Studium und ist voller Motivation und Tatendrang. Lehrlinge und Auszubildende können sehr viel bewirken, wenn man ihnen Verantwortung abgibt. Hier braucht es viel Sensibilisierung der Führungspersonen. Wichtig ist, in die Fähigkeiten der Gen Z zu vertrauen. Lieber ein wenig mehr Zeit für Feedback einplanen. So können die Nachwuchskräfte an ihren Aufgaben wachsen und gleichzeitig werden die Praxisbildner:innen entlastet.
Wichtig ist auch die direkte Kommunikation: Die Generation Z will nicht nur geführt, sondern auch verstanden werden. Wir sollten daher direkt mit ihr in Kontakt treten, ihr auf Augenhöhe begegnen und nachfragen, welche Verbesserungsvorschläge sie einbringen können. Die Gen Z ist technikaffin und kennt sich mit sozialen Medien und Online-Tools aus. Weshalb kehrt man das Mentoring nicht einmal um, so dass junge Menschen ältere Personen im Unternehmen in diesen Themen coachen? So findet der Wissenstransfer in beide Richtungen statt, was für Unternehmen einen großen Mehrwert bieten könnte.
In deiner Rolle als Personal Branding und HR-Expertin bist du sehr erfolgreich. Welche 3 Tipps kannst du uns zum Thema Personal Branding schon jetzt verraten?
Wichtig ist einmal zu wissen, dass jede und jeder einen Personal Brand hat und dass es heute zentral ist, die eigene Marke strategisch einzusetzen. Eine Marke wird nur dann stark, wenn sie sich von anderen unterscheidet und positiv abhebt. Ganz zu Beginn geht es deshalb immer um die Zielsetzung und damit um die Frage: Wofür möchte ich stehen?
Die Plattform LinkedIn bietet die perfekte Möglichkeit, den eigenen Personal Brand zu entwickeln und zu stärken. Achte hier auf ein ansprechendes Profilfoto, ein aufmerksamkeitsstarkes Headerbild und eine Beschreibung deiner Person und deiner Themen in der Info-Box.
Mein wichtigster Tipp ist immer: Authentisch zu bleiben und Spaß zu haben! Einfach mal loslegen und ausprobieren! Auch wenn das bedeutet, einmal aus der Komfortzone zu gehen. Nur so gelingt das authentische Personal Branding.
Michele Schaub, Personal Branding Enthusiastin und Employer Branding Beauftragte bei Helvetia Versicherungen, zeigt uns, warum die "Jungen" in Unternehmen die besten Botschafter sind.
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