Dos and Dont's: Kündigungen im Krankenstand
- Stellen Sie die Kündigung schriftlich zu - idealerweise als eingeschriebenen Brief mit Rückschein.
- Prüfen Sie die Entgeltansprüche. Möglicherweise ist über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus Krankenentgelt zu leisten.
- Achtung: Auch bei einer einvernehmlichen Auflösung im oder im Hinblick auf einen Krankenstand steht Mitarbeitern unter Umständen eine Entgeltfortzahlung über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus zu.
- Bei Kündigungsanfechtungen wegen verpönten Motivs müssen Sie beweisen, dass sachliche Kündigungsgründe vorliegen und nicht das verpönte Motiv (etwa Einforderung des noch ausständigen Krankenentgelts) ausschlaggebend für die Kündigung war.
- Bei Kündigungsanfechtungen wegen Sozialwidrigkeit müssen Sie die Kündigung durch betriebswirtschaftliche Erfordernisse oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe (etwa übermäßige Krankenstände ab sieben Wochen pro Jahr) rechtfertigen können.
alle neuerungen auf einen blick?
Darf der Arbeitgeber überhaupt einen Mitarbeiter im Krankenstand kündigen?
Im Krankenstand besteht grundsätzlich weder ein Kündigungsverbot noch ein besonderer Kündigungsschutz. Vertraglich vereinbarte gelten aber weiter. Etwas anders stellt sich die Situation dar, wenn zum Beispiel nach dem Behinderteneinstellungsgesetz oder zufolge einer Elternteilzeit oder Elternkarenz ein besonderer Kündigungsschutz gilt. Für eine Kündigung im Krankenstand gilt alles so wie für jede andere Kündigung auch; die gesetzlichen, kollektivvertraglichen beziehungsweise vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen und -termine sind einzuhalten (siehe § 20 AngG, § 1159 ABGB).
Worauf sollten Arbeitgeber achten?
Im Krankenstand ist eine persönliche Übergabe meist nicht möglich. Die schriftliche Kündigung wird wirksam, wenn sie dem Arbeitnehmer zugegangen ist, unabhängig davon, ob dieser sie dann gelesen hat oder nicht. Um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, empfiehlt sich immer Einschreiben mit Rückschein. Ein Sonderfall tritt dabei ein, wenn der Arbeitnehmer die Annahme verweigert, wird das Schreiben im Briefkasten hinterlassen, gilt es dennoch als zugestellt. Hier ist es ratsam, dass bei einer persönlichen Zustellung durch Mitarbeiter oder Botendienst die Zustellung protokolliert wird.
Besonders heikel ist, wenn sich der Arbeitnehmer nicht zu Hause, sondern im Spital befindet. Denn hier ist der Zugang der Kündigung mit größeren Beweisschwierigkeiten verbunden. Rechtlich unproblematisch wäre ein persönlicher Ausspruch der Kündigung unter Beiziehung eines Zeugen – quasi am Krankenbett. Allerdings kann diese Variante einen vom Arbeitgeber nicht gewollten Eindruck schaffen und menschlich überaus schwierig sein, insbesondere kann das in Zeiten von Social Media schnell zu einer PR-Katastrophe werden. Wenn die Schriftform nicht zwingend vereinbart wurde, wäre auch die Kündigung per Telefon möglich,- allerdings immer unter Beiziehung mindestens eines Zeugen, um Beweisproblemen vorzubeugen.
Wie lange ist das Entgelt fortzuzahlen?
Entgeltfortzahlungsansprüche lassen durch eine Kündigung im Krankenstand nicht umgehen. Kündigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während seines Krankenstands, endet das Dienstverhältnis mit Ablauf der regulären Kündigungsfrist. Allerdings behält der Arbeitnehmer weiterhin den Anspruch auf jenes Krankenentgelt, das ihm ohne die Kündigung zugestanden hätte. Die Dauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs im Krankheitsfall richtet sich für Angestellte nach dem Angestelltengesetz (§ 8 AngG), für Arbeiter gilt das Entgeltfortzahlungsgesetz (§ 2 EFZG), wobei sich die Regelungen inhaltlich gleichen.
Zum Beispiel gilt für einen Arbeitnehmer im zweiten Dienstjahr nach § 20 Abs. 2 AngG eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende. Im zweiten Dienstjahr hat der Arbeitnehmer einen achtwöchigen Anspruch auf Fortzahlung des vollen Entgelts und weitere vier Wochen auf das halbe Entgelt (§ 8 Abs. 1 AngG). Wird er nun nach drei Wochen Krankenstand gekündigt und ist er nach Ablauf der sechswöchigen Kündigungsfrist (somit insgesamt neun Wochen) noch im Krankenstand, so hat er Anspruch auf die restlichen drei Wochen Fortzahlung seines halben Entgelts.
Bei längeren Krankenentgeltansprüchen kann es daher sein, dass über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus Krankenentgelt zu leisten ist. Achtung: Wird der Arbeitnehmer im Krankenstand gekündigt und entstehen noch während der laufenden Kündigungsfrist neue (längere) Fortzahlungsansprüche, weil ein neues Arbeitsjahr begonnen hat, sind auch diese neuen Fortzahlungsansprüche abzugelten. Das alles gilt jedoch nicht in der Probezeit. Auch entfällt eine Weiterzahlungsverpflichtung, wenn der Arbeitnehmer selbst kündigt oder wenn er erst nach Ausspruch beziehungsweise Zugang der Kündigung in den Krankenstand geht.
Haben Mitarbeiter Möglichkeiten zur Anfechtung?
Es ist durchaus möglich, dass ein Arbeitnehmer die im Krankenstand erfolgte Kündigung wegen anficht - etwa wegen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. In diesem Fall muss der Arbeitgeber glaubhaft machen, dass ein sachlicher Kündigungsgrund besteht - und nicht die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausschlaggebend war. Das wäre möglich durch eine sachliche Rechtfertigung mittels wirtschaftlicher Gründe oder solcher, die in der Person des Arbeitnehmers liegen. Besonders lange und/oder häufige Krankenstände können bei negativer Zukunftsprognose einen Rechtfertigungsgrund liefern. Exakte Grenzen, ab welcher Dauer oder Häufigkeit eine Kündigung als gerechtfertigt angesehen werden kann, existieren nicht, die Rechtsprechung orientiert sich bisher an einem Zeitraum von 7 Wochen oder länger. Übermäßige Krankenstände können als betriebswirtschaftlichen Erfordernisse eine Kündigung auch dann rechtfertigen, wenn diese wegen Sozialwidrigkeit angefochten wird.
Was gilt bei einer einvernehmlichen Beendigung?
Auch eine einvernehmliche Auflösung während des Krankenstands rechtlich zulässig. Seit dem 1. Juli 2018 steht Arbeitnehmern jedoch auch dann während des Krankenstands Entgeltfortzahlung über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus zu, sofern der Entgeltfortzahlungsanspruch nicht schon davor aufgebraucht war. Dasselbe gilt, wenn die einvernehmliche Auflösung bereits vor dem Krankenstand, aber im Hinblick auf eine bevorstehende lange Kur oder Rehabilitationsphase vereinbart wird. Der (offene) Entgeltfortzahlungsanspruch bleibt über das Ende des Dienstverhältnisses aufrecht.
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Die Autorinnen:
Dr. Jana Eichmeyer, LL.M. ist Partnerin im Wiener Büro von E + H Eisenberger + Herzog und leitet die Praxisgruppen Prozessführung und Arbeitsrecht. Sie ist im Fachbeirat der PoP.
Dr. Karolin Andréewitch ist selbstständige Rechtsanwältin und Substitutin im Wiener Büro von E + H Eisenberger + Herzog wo sie Mitglied der Praxisgruppen Arbeitsrecht und Prozessführung ist.