Dass die Auszubildenden von heute die Führungskräfte von morgen sind, weiß Holger Hiltmann von der Merck KGaA nur zu gut. Wir haben mit Ihm über die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit und Werten in der Berufsausbildung gesprochen:
BC: Die UN-Mitgliedsstaaten haben 2015 17 Nachhaltigkeitsziele formuliert: Wie können Unternehmen im Kontext der Ausbildung dazu beitragen?
Hiltmann: Ausbildung zahlt meines Erachtens auf unterschiedliche Weise auf einige der 17 Nachhaltigkeitsziele ein. Wenn man sich die positive Wechselwirkung von Berufsausbildung und damit einhergehend geringer Jugendarbeitslosigkeit betrachtet, sieht man einen Beitrag - hinsichtlich zur Vermeidung von akuter Armut oder Hunger. Auch die Erreichung weiterer Ziele wie hochwertige Bildung sowie Menschenwürde und Wirtschaftswachstum kann durch Ausbildung unterstützt werden. Das heßt, grundsätzllich zahlt die Ausbildung in viele Bereiche ein um die Nachhaltigkseitsziele systematisch zu verfolgen und zu erfüllen.
BC: Sehen Sie Potenzial darin, dass Mitarbeiter von Unternehmen schon in der Ausbildung nachhaltiges Verhalten verankern?
Hiltmann: Ja, definitiv! Nachhaltiges Handeln in Unternehmen ist essentiell und wird in seiner Bedeutung noch zunehmen. Ein frühes Fördern und Fordern des entsprechenden Denkens und Handelns bei Auszubildende wirkt sich in fast allen Fällen automatisch positiv auf die gesamte Unternehmenskultur aus.
BC: In Deutschland wurden die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit im August 2021 als Pflichtprogramm in Ausbildungsberufen festgehalten. Hat sich hier auch in der Praxis schon etwas geändert?
Hiltmann: In der Berufspraxis -sprich in den Einsatzgebieten der Azubis- sind zunehmende Digitalisierung und Nachhaltigkeit schon seit einigen Jahren die gelebte Praxis und gerade Digitalisierung hat durch die Pandemie einen wahren Booster erfahren. Im theoretischen Teil der dualen Ausbildung, also im Schulunterricht oder im Prüfungswesen etwa, bekommen diese Themen auch zunehmend mehr Platz. Allerdings dauert dieser Prozess erfahrungsgemäß etwas länger.
BC: Wie wichtig sehen sie die nachhaltige Ausbildung von jungen Menschen angesichts der Tatsache, dass diese die Entscheider und Entscheiderinnen der Zukunft sein werden?
Hiltmann: Ich finde man kann das sehr gut mit der Ökologie-Bewegung der 1980er und 1990er-Jahre vergleichen. Anfangs eher eine politische und gesellschaftliche Bewegung einer Minderheit, haben sich diese Themen und Fragestellungen längst in der Gesellschaft und auch in Unternehmen und im Management tief verankert. Eine ähnliche Entwicklung nimmt momentan das Thema Nachhaltigkeit und hier ist Ausbildung eben der erste Andockpunkt in Unternehmen für die künftigen Entscheidenden, die quasi von „Fridays for Future“ direkt in die Ausbildung wechseln und im übrigen hierbei auch einen Fokus auf jene Unternehmen legen, die ihren Einstellungen und Werten entsprechen. Insofern ist nachhaltiges Ausbilden ein Muss für Unternehmen, um die künftigen Experten rekrutieren zu können.
Holger Hiltmann hat seit 2008 einen Lehrauftrag der Fachhochschule Nordwestschweiz und ist als Dozent bei mehreren etablierten Bildungsanbietern tätig. Bei seinem Impulsvortrag "Nachhaltigkeit Überall" am Lehrlingsforum 2022 in Wien zeigt er uns unterschiedliche Perspektiven von Nachhaltigkeit in der Berufsausbildung.
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