Die Finanzierung der Pflege ist die eine Sache, der drohende Pflegekräftemangel die andere. Laut einer Studie von Gesundheit Österreich werden bis 2030 mehr als 75.700 zusätzliche Pflegekräfte benötigt. Aufgrund bevorstehender Pensionierungen ergibt sich ein Bedarf von 41.500 Betreuungspersonen, die restlichen 34.200 sind auf demografische Faktoren zurückzuführen. Die Studienautoren gehen von einem Jahresbedarf zwischen 3.900 und 6.700 Personen aus, um die bevorstehende Lücke zu füllen. Bereits 2024 sei nicht mehr damit zu rechnen, dass der Bedarf mit Absolventen gedeckt werden kann.
Demografischer Wandel als Herausforderung
Schätzungen zufolge werden 2050 etwa 1,25 Mio. Menschen über 80 Jahre alt sein. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Jüngeren aufgrund sinkender Geburtenzahl ab. Somit ergibt sich schon rein rechnerisch eine Lücke bei der Pflegeversorgung. Ebenso geht die häusliche Pflege durch Angehörige zurück, das hat neben der sinkenden Geburtenzahl auch mit den Lebensrealitäten des 21. Jahrhunderts zu tun. Dieser Trend wird sich fortsetzen, denn das rechnerische Verhältnis von Pflegepotenzial zu Pflegebedürftigen wird neben den demografischen, auch durch soziostrukturelle Faktoren verschärft.
Maßnahmen sind gefragt
„Die Pflege zählt zu einer der größten Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte“, so Markus Mattersberger, Präsident des Bundesverbandes Lebenswelt Heim in einer aktuellen Stellungnahme zu den geplanten Pflegereformen.
„Die Pflege zählt zu einer der größten Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte“
Es kommt also nicht von ungefähr, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2020 als weltweites Jahr der Pflege ausgerufen hat. Denn immer stärker setzt sich auch weltweit die Erkenntnis durch, dass die Arbeit von Pflegefachpersonen wiewohl ein funktionierendes Gesundheitssystem bedeutsam sind. Die Frage stellt sich also, was konkret getan werden muss, damit der momentane und der prognostizierte Mehrbedarf an Pflegefachkräften abgedeckt werden kann.
Lösungen greifbar
Im Ö1 Interview erklärt Sozialminister Rudolf Anschober, dass der zusätzliche Bedarf an Pflegefachkräften über mehrere Eckpfeiler gedeckt werden soll. Neben der Ausbildungserweiterung sollen auch Umschulungen und Qualifizierungsmaßnahmen durch das AMS helfen. Darüber hinaus war die Aufnahme des Pflegeberufs in die Mangelberufsliste notwendig, da so der Zugang aus Drittstaaten vereinfacht wird.
Neue Wege der Ausbildung
Der neu angelobten Regierung schwebt beispielsweise eine bessere Ausbildung vor: Es soll sowohl eine dreijährige Fachschule zum Pflegeassistenten, als auch eine fünfjährige höhere Ausbildung, vergleichbar mit einer Höheren Technischen Lehranstalt (HTL) geben. Diese schließt mit dem Pflegefachassistenten ab. Bereits im Herbst 2020 soll die Pilotphase anlaufen, aus der ca. 120-150 Pflegekräfte resultieren. Klar ist jedenfalls, dass man die Pflege nicht den Jungen umhängen darf. Deshalb soll bei der neu strukturierten Ausbildung speziell darauf geachtet werden, dass die Arbeit vor Ort mit Betroffenen erst im dritten Ausbildungsjahr stattfindet. In den ersten beiden Jahren (beim 3-jährigen Modul) werden notwendige theoretische Grundlagen vermittelt.
Taskforce mit Detailarbeit
Auf die Frage warum der große Wurf der Pflege, etwa eine komplette Reformierung, mit dem neuen Regierungsprogramm nicht oder noch nicht geglückt ist, erklärt Anschober. „Bisher wurden Eckpfeiler definiert, es wurden Taskforces gegründet, in denen Länder, Gemeinden und Bund vertreten sind und deren Aufgabe es sein wird, die Pflege-Vorhaben auszuarbeiten.“ Darüber hinaus habe Anschober vor, in den kommenden zwei Monaten einen Österreich-Dialog zu starten, bei dem Pflegeinstitutionen, Initiativen, etc. einbezogen werden.
„Bisher wurden Eckpfeiler definiert, es wurden Taskforces gegründet, deren Aufgabe es sein wird, die Pflege-Vorhaben auszuarbeiten.“
Die gesammelten Vorschläge sollen anschließend in das Gesamtkonzept integriert werden. Bleibt noch die Frage der Finanzierung offen. Dazu wird es wohl noch die eine oder andere Diskussion geben.
Beim 12. Pflege-Management Forum am 5. und 6. März widmen sich 50 Top-Speaker und über 350 Führungskräfte aus dem Pflegebereich genau diesen Fragen. Weiters werden Zukunftsszenarien, die Auswirkungen der digitalen Transformation und aktuelle berufspolitische Entwicklungen genauer unter die Lupe genommen.
Details sowie Anmeldung zu der Veranstaltung finden Sie hier: https://businesscircle.at/gesundheit-pflege/konferenz/pflege-management-forum/
Literatur
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW): Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Pflege. www.bgw-online.de/DE/Arbeitssicherheit-Gesundheitsschutz/Demografischer-Wandel/Auswirkungen-auf-die-Pflege/Auswirkungen_Pflege.html (Zugriff am 16.1.2019)
Presseaussendung Bundesverband Lebenswelt Heim: www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200115_OTS0014/bundesverband-lebenswelt-heim-begruesst-rasche-pflegereform (Zugriff am 16.1.2019)
Pflege Professionell: WHO ruft 2020 als „Internationales Jahr der Pflegenden und Hebammen aus“. pflege-professionell.at/de-who-ruft-2020-als-internationales-jahr-der-pflegenden-und-hebammen-aus (Zugriff am 16.1.2019)
Ö1 Morgenjournal am 14.1.2020: oe1.orf.at/player/20200114/585656/1578981901000 (Zugriff am 16.1.2019)
Gesundheit Österreich GmbH: Bedarfsprognose Pflegepersonal. goeg.at/Bedarfsprognose_Pflegepersonal (Zugriff am 15.1.2020)v