Systemwandel im österreichischen Gesundheitswesen: Wohin soll sich das Gesundheitssystem entwickeln? Welche Rolle spielt E-Health dabei und welche Effizienzpotentiale kann E-Health heben?
Beim neunten E-Health Forum am 16. und 17. November 2017 in Wien trafen sich Anwender, Entscheidungsträger und Lösungsanbieter. Ziel war ein Diskurs über wichtige Entwicklungen im Gesundheitswesen und E-Health als Enabler. Die Primärversorgung NEU bildete das Schwerpunktthema.
Elisabeth Tschachler, Chefredakteurin der Fachzeitschrift „Das österreichische Gesundheitswesen ÖKZ“ und Moderatorin beim E-Health Forum erinnerte daran, dass es eine Zeit vor E-Health gab:
„Man musste bevor man zum Arzt ging, in der Personalabteilung vorstellig werden und einen Krankenschein holen.“
E-Health bedeutet jedoch nicht nur die Vernetzung und die Vereinfachung der Administration, sondern vor allem auch die Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung.
„E-Health ist nur dann möglich, wenn es einen passenden Rahmen von der Gesundheitspolitik gibt. Seit 2013 gibt es eine Neu-Ausrichtung der Gesundheitsreform sowie in diesem Zuge auch eine Neuausrichtung der Primärversorgung. Die Reform „Zielsteuerung Gesundheit“ wurde für vier Jahre angesetzt und hat nun mehr oder weniger erfolgreich die erste Etappe geschlagen. Der 2. Zielsteuerungsvertrag ist bis 2021 gültig und gibt Vorgaben an alle Player des Gesundheitswesens. Worauf müssen wir uns einstellen? Was ist bis 2021 abzuarbeiten?"
Zielsteuerung 2.0 – Neuer Wein in alten Schläuchen oder Motor für den Systemwandel
Der Bund, die Länder und die Sozialversicherung haben sich darauf geeinigt, das seit 2013 eingerichtete partnerschaftliche Zielsteuerungssystem zur Steuerung von Struktur, Organisation und Finanzierung der österreichischen Gesundheitsversorgung fortzuführen und weiterzuentwickeln. Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GesmbH, berichtet von den Lernaspekten der Zielsteuerung 1.0 und von den Verbesserungen, die bei der neuen Zielsteuerung 2.0 realisiert wurden. Ursprüngliches Ziel der Reform war es, mittelfristig das Wachstum der Gesundheitsausgaben zu dämpfen.
"Die Gesundheitsreform und die Politik dahinter sind ein sehr komplexes Vorhaben. Die Reform bedeutet eine Form des gemeinsamen Lernens.“
Von den 107 Maßnahmen, die im Zielsteuerungsvertrag 1.0 festgelegt wurden, konnten 66 umgesetzt werden. Genaue Auskunft über die einzelnen Maßnahmen gibt der Monitoringbericht. Insgesamt hat man aus der Zusammenarbeit im Zuge der ersten Zielsteuerung viel gelernt. Eine Konsequenz: Während es bei der ersten Zielsteuerung noch 1 Bundesvertrag und 9 Landesverträge gab ist es in der neunen Zielsteuerung 2.0 nur mehr ein Vertrag für Bundes- und Landesebene. Auch bei der Formulierung der Ziele gab es Verbesserungen und es wurden neue Messgrößen eingeführt. Auf Grund von Kontinuität eröffnet sich eine einzigartige Reformmöglichkeit, aber der Erfolgsdruck steigt in Hinblick auf Reformerfolge.
Wenn es um Strukturmaßnahmen im Gesundheitswesen und um E-Health geht fragen sich viele immer wieder: „Wer soll es finanzieren und woher kommt das Geld? “. Wilhelm Molterer, Geschäftsführender Direktor des Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) stellte die Finanzierungsinstrumente der Europäischen Investitionsbank für den HealthCare Sektor vor. Er berichtete über Primary Care Centers in Irland, die als Public Private Partnership (PPP) realisiert wurden. Ein Konzept, das auf Österreich übertragbar ist?
Herwig Ostermann, Elisabeth Tschachler, Wilhelm Molterer, Verena Hübner und Marcus Bauer
Durch E-Health Anwendungen Effizienz-Potentiale heben
Geht diese Zukunftsperspektive wirklich auf? Marcus Bauer, Geschäftsführer von Strategy&, dem Strategieberatungshaus des internationalen PwC Netwerk sagt: "Ja", und berichtete aus einer Studie die sich diesem Thema widmete:
• Die Potentiale von E-Health sind noch weitgehen ungenutzt.
• Gesamthaft umgesetzte E-Health Lösungen führen zu signifikanten Verbesserungen der medizinischen und operativen Exzellenz
• Das Effizienzpotential durch E-Health beträgt in Deutschland ca. 39 Mrd. Euro, das entspricht ca. 12,2% der gesamten Gesundheitskosten im Jahre 2014. Das bedeutet, es wären in Österreich 4 Mrd. Euro pro Jahr durch e-Health zu heben!
• E-Health erleichtert sektorübergreifende und multidisziplinäre Versorgungsmodelle, ist jedoch kein Substitut zum Arzt-Patienten-Dialog
Erfahrungsberichte aus PHC-Pilotberichten
Eine Maßnahme, die im Zielsteuerungsvertrag 2.0 definiert wurde, ist die Schaffung von 75 Primary Health Care (PHC) Zentren bis 2021. Einige dieser Zentren existieren bereits als Pilotprojekt. Vertreter dieser Einrichtungen berichteten von ihren Erfahrungen:
Das PHC-Konzept funktioniert und wird von den Patienten angenommen. Die längeren Öffnungszeiten, sowie das umfangreiche Angebot an verschiedenen Gesundheitsdienstleistungen an einem Ort werden von der Bevölkerung sehr geschätzt. Bei junge Ärzten ist die Teamarbeit immer mehr gefragt. Bisher sind alle Primärversorgungszentren jeweils an einem Ort lokalisiert. Verschiedene Ärzte und andere Gesundheitsberufe arbeiten unter einem Dach zusammen. Das muss aber nicht grundsätzlich so sein. Vorgesehen sind auch Einheiten, die in Form eines Netzwerkes funktionieren und denen das Team zwar räumlich getrennt aber doch als Einheit agiert. Die tatsächliche räumliche Nähe verschiedener Ärzte in einem PHC ermöglicht eine einfachere Zusammenarbeit und Überweisung der Patienten. Alle Patientendaten laufen über ein Netzwerk zusammen. Hier wie dort ist ein gutes IT-System wichtig, um die Dokumentation sicherzustellen.
Wie groß ist das Interesse bei Ärzten ein PHC-Einrichtung zu gründen?
Eine gewisse Verunsicherung ist noch vorhanden, da die einzelnen Gebietskassen in den Pilotprojekten noch unterschiedliche Vertragsmodelle implementieren. Weiters, sollen Ärzte andere Ärzte anstellen können? Hierfür gibt es bisher keinen gesetzliche Rahmen. Auch die Frage der Honorierung wird noch diskutiert: Braucht es ein neues Honorierungsmodelle, wenn ja, welches?
Am Programm standen auch Berichte über telemedizinische Anwendungen, die eine neuartige Form der Arzt-Patienten-Beziehung ermöglichen. Sowie die Frage „Wie geht es weiter mit der elektronischen Gesundheitsakte ELGA?“. Als eine weitere ELGA-Anwendung wurde der elektronische Impfpass (eImpfpass) vorgestellt. Dazu soll ein Pilotprojekt gestartet werden. Was den ELGA Roll-out und die künftigen ehealth Anwendungen betrifft stellt Eduard Schebesta, in seiner Funktion als Vertreter der Softwareindustrie klar: "Die Softwareunternehmen wollen gemeinsam mit Ärztekammer und Sozialversicherung alle ehealth Anwendungen einer Kosten-Nutzenanalyse unterziehen um damit vor Projektstart den Nutzen und die Finanzierung zu klären."
Wie entwickelt sich das Gesundheitswesen weiter? Und welche E-Health-Lösungen werden das System mitverändern? Finden Sie es heraus beim 10. E-Health Forum am 15. und 16. November 2018.
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