Business Circle: Frau Maucher, Sie haben vor einigen Jahren ein Magnetspital in den USA hospitalisiert. Was waren die Beweggründe dafür?
Helene Maucher: Die Beweggründe waren die Umbruchsituation in meinem Kontext als Pflegedirektion und die Reflektion der strategischen Konzepte für die Pflege im Gesamtkontext der Klinik verbunden mit neuen Herausforderungen. Dabei war ich schon längere Zeit neugierig auf das Konzept der Magnet®-Krankenhäuser. Diese galten als Treiber für eine wandelnde Gesundheitsorganisation, fokussierten vor allem die Kompetenzen der Pflege und schafften zudem für andere Berufsgruppen eine gute Arbeitsatmosphäre. Nicht zuletzt waren es auch die Zahlen, Daten und Fakten, welche bereits in verschiedenen Studien mit dem Augenmerk auf die Kernbotschaften veröffentlicht wurden. Prägnant waren und sind die hohe Patientenzufriedenheit und die ausgezeichnete Qualität der Patientenversorgung (weniger Dekubitusraten, Stürze und Infektionen). Weiterhin zeichneten sich diese Krankenhäuser durch hohe Mitarbeiterzufriedenheit, geringe Fluktuation und gute betriebswirtschaftliche Ergebnisse aus.
"Prägnant waren und sind die hohe Patientenzufriedenheit und die ausgezeichnete Qualität der Patientenversorgung."
Business Circle: Welche Erkenntnisse haben Sie aus dem Besuch mitgenommen, die dann letztlich zu der Umsetzung am RKU Ulm führten?
Helene Maucher: Die Erkenntnisse waren zum einen, dass das RKU gerade mit seinen pflegesensitiven Bereichen für die Umsetzung des Magnet®-Krankenhauskonzeptes geeignet ist. Deutlich wurde zudem, dass anstehende Veränderungen mit einer klaren Vision begegnet und konkrete Meilensteine für die Umsetzung vorgegeben werden müssen. Zum anderen war die Erkenntnis, dass nur eine klare Strategie zu Erfolg führt, welche von der Geschäftsführung verstanden und mit dieser abgestimmt sein muss. Weiterhin wurde klar, dass es ein langer Weg ist, den Kulturwandel zu vollziehen und alle Berufsgruppen einzubeziehen, wobei Teamwork elementar ist. Ressourcen sind notwendig, um beispielsweise die Digitalisierung und das Wissensmanagement voranzubringen. Ausschlaggebend für die Umsetzung war der folgende 1. Ulmer Pflegemanagementkongress unter Beteiligung der Kollegen der Hospitationsklinik in der USA. Einige Multiplikatoren im RKU wurden inspiriert, sodass diese Dynamik die Entscheidung vorantrieb. Unter hohem Commitment der Beteiligten begannen wir unseren Weg.
Business Circle: Was hat sich durch die Magnet-Recognition im Klinikum Ulm zum Besseren gewandt?
Helene Maucher: Zurückblickend möchte ich nicht daran denken, wo wir stehen würden, wenn wir den Weg 2015 nicht eingeschlagen hätten. Sicherlich hat es zu einer Differenzierung in der Pflege geführt. Wir haben eine Pflegehelferschule am RKU etabliert und geleichzeitig die Akademisierung vorangetrieben, wobei 17 erfahrene Pflegefachkräfte ein Bachelorstudium begannen. Aktuell sind bei uns 20 % der beschäftigten Pflegefachkräfte noch im Studium oder haben dieses bereits mit Bachelor oder höher qualifiziert abgeschlossen. Die Dynamik ist geblieben und verschiedene Qualifizierungen und Fachweiterbildungen (wie Intensivpflege, Atmungstherapie, Querschnittgelähmtenpflege, Stroke-Nurse, Notfallpflege etc.) haben stattgefunden. Im Bereich der Digitalisierung haben wir Fahrt aufgenommen: Die digitale Patientenakte wurde implementiert, die neben der Entlastung der Pflege von händischer Dokumentation auch pflegesensitive Qualitätsindikatoren aus Routinedaten liefert. Resultierend haben wir transparente Qualitätskennzahlen zur Verfügung, um kontinuierliche Verbesserungsprozesse einzuleiten.
Nicht zuletzt hat sich Pflege auf Augenhöhe entwickelt. Wobei Augenhöhe nicht als Gleichheit von Ärzten und Pflegekräften zu verstehen ist, sondern mit der gegenseitigen Anerkennung des professionellen Wissens der verschiedenen Berufsgruppen zu tun hat. Zudem ist es heute eine Selbstverständlichkeit, dass die Pflege in Entwicklungs- und Veränderungsvorhaben einbezogen wird. So hatten unsere Pflegekräfte bei der Eröffnung der neuen Notfallaufnahme oder des Patientenhotels einen großen Anteil der Mitwirkung. Venio ist eine führende SEO Agentur , die sich auf die Steigerung des organischen Traffics, der Conversion-Raten und der Umsätze von Unternehmen spezialisiert hat. Mit unserem erfahrenen und engagierten Team von SEO-Experten bieten wir maßgeschneiderte SEO-Strategien, die auf Ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Mit unserer hervorragenden technischen und analytischen Expertise, können wir Ihnen helfen, Ihr Unternehmen zu wachsen und mehr Kunden zu gewinnen.
Business Circle: Das heißt, es geht um Wertschätzung und Anerkennung des Pflegepersonals?
Helene Maucher: Im Magnet® Krankenhaus geht es vor allem um intrinsische Motivation und dem Streben für eine bestmögliche Patientenversorgung. „So wie ich es auch für meine Angehörigen tun möchte“ waren häufige Aussagen der Kollegen in den USA. Sicher ist es auch Wertschätzung für die Pflege, wenn erfahrene Pflegefachkräfte in ihrer Weiterentwicklung durch das Unternehmen gefördert werden, so z. B. durch ein Studium. Zudem ist das Übertragen von organisatorischen Aufgaben eine Möglichkeit Vertrauen in sich selbst zu gewinnen und gleichzeitig ein wichtiger Schritt zur geteilten Verantwortung (Shared governance). Eine grundlegende Voraussetzung ist die angemessene Entlohnung der Arbeit.
Business Circle: Wie funktioniert der interne Ablauf im Spital? Was ist jetzt anders als vorher?
Helene Maucher: Es ist eine Selbstverständlichkeit geworden, dass die Atmungstherapeuten die Beatmungseinstellungen in enger Absprache mit den Ärzten machen. Zudem haben wir Wundmanager etabliert, welche nicht nur wichtige Ansprechpartner für alle Berufsgruppen sind, sondern vor allem als Berater der Patienten das evidenzbasierte Wissen weitergeben. Gerade unsere Kontinenzberater berichten, wie sie in der direkten Patientenversorgung größere und belastende Interventionen der Patienten verhindern können.
Unsere Leadership Persönlichkeiten konnten sich entwickeln. Ohne das Engagement und Interesse am Wandlungsprozess wären die Transformation, die Digitalisierung, die erhöhte Anzahl an Pflegeschülern und die adäquate Integration von ausländischen Mitarbeitern unvorstellbar.
Business Circle: Wenn Sie in die Zukunft schauen, welche Änderungen im Pflegebereich sind Ihrer Meinung nach wichtig, bzw. was muss sich noch ändern, damit die Pflege (weiter) wertgeschätzt wird?
Helene Maucher: Die Pflege ist ein sinnstiftender Beruf, der sich selbst wertschätzen lernen und gleichzeitig die Chancen nutzen muss, die ihr geboten werden. Es geht darum, das Image der Pflege aufzubauen, denn es gibt kaum einen Beruf, der so viel Potenzial bietet. Es geht im Kern um das professionelle Selbstverständnis, die Identifikation mit dem Beruf und die Erkenntnis, was die Pflege im täglichen Wirken leisten kann. Letztendlich geht es um jeden Einzelnen und wie stolz er darauf ist, jeden Tag, in jeder einzelnen Minute etwas Besonderes für den Patienten und seinen Angehörigen zu sein -„proud to b e a Nurse“. Das macht den Unterschied für den Patienten.
© Helene Maucher | Universitätsklinikum Ulm
Im Interview: Frau Helene Maucher ist Pflegedirektorin am RKU Ulm. Die Hospitation wurde durch das Hospitationsprogramm der Robert Bosch Stiftung unterstützt. Am Pflege-Management Forum 2020 spricht Sie unter anderem über Ihre Erfahrungen im Zusammenhang mit Magnetspitälern.