Wir sind gut aufgestellt. Die Implementierung von telemedizinischen Anwendungen in Österreich geht mit den besten Voraussetzungen an den Start. Dr. Herwig Ostermann spricht über telemedizinische Innovation und die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Gesundheitsbereich. Er ist Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) und hält am E-Health Forum von Business Circle einen Vortrag zum Thema Telemedizin.
Telemedizinische Anwendungen sind in Österreich nicht neu. Die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau gilt dabei als besonders innovationsfreudig. Sie hat im Bereich der Behandlung von Diabetikerinnen und Diabetikern mit dem Gesundheitsdialog Diabetes eine innovative telemedizinische Lösung vorgelegt: Über eine sichere Schnittstelle werden hier bestimmte Vitalparameter in ein elektronisches Diabetes-Tagebuch übermittelt, auf das der behandelnde Arzt zugreift und regelmäßig mit einem digitalen Feedback reagiert. Das Vertrauensverhältnis von Arzt zu Patient wird dabei durch die technischen Möglichkeiten nicht etwa eingeschränkt, der Dienstleistungsweg findet lediglich für bestimmte Interaktionen auf andere Weise statt, hebt Herwig Ostermann klar hervor:
"Die Beziehung zwischen Anbieter und Patienten kann durch Telemedizin gestärkt werden." – Dr. Herwig Ostermann
Dr. Herwig Ostermann © Business Circle
Dem potenziellen Ärztemangel etwas entgegensetzen
Haben Anwendungen wie diese das Potenzial, einen möglichen Mangel von ärztlichem Personal in verschiedenen Bereichen abzuwenden? Gerade was die Verteilung von Ärzten angeht, meint Herwig Ostermann, bieten sich durch Telemedizin große Vorteile. Im ländlichen Raum können digitale Anwendungen zu einer einfacheren Sicherstellung der Versorgung beitragen.
Außerdem sind wir mit telemedizinischen Lösungen dazu gezwungen, uns eingehender mit unseren Prozessen zu beschäftigen. So haben Ärztinnen und Ärzte beispielsweise die Möglichkeit, durch die Analyse und Festlegung von einzelnen Arbeitsschritten, bestimmte Tätigkeiten in die Hand anderer Gesundheitsberufe zu legen. Auch dies trägt dazu bei, weniger auf die ärztliche Arbeitskraft alleine angewiesen zu sein.
"Telemedizin kann die Effizienz der Prozesse steigern." – Dr. Herwig Ostermann
Bewertung neuer Lösungen
Für eine nachhaltige und sinnvolle Entwicklung telemedizinischer Anwendungen ist engmaschige Evaluierung notwendig. So kann ein breites und differenziertes Feedback nur durch Erweiterung der Nutzergruppen auch um Personen, die sonst keine telemedizinischen Lösungen verwenden, erfolgen. Denn laut einschlägigen Erkenntnissen beschäftigen sich die derzeitigen Nutzer – gleichsam die Pioniere – von telemedizinischen Anwendungen eingehender mit ihrer Gesundheit und eventuellen Erkrankungen. Es ist daher notwendig, allen Patientinnen und Patienten aufzuzeigen, dass durch solche Anwendungen kein zusätzliches Risiko besteht. Bestenfalls kann das neue Angebot sogar einen höheren Sicherheitsstandard leisten – das gilt es zu vermitteln.
Letztendlich hängt die flächendeckende Implementierung von Telemedizin auch von der Finanzierung ab. Telemedizinische Anwendungen sind geeignet, herkömmliche Behandlungsprozesse entsprechend zu unterstützen und sollten daher auch entsprechend über Regelfinanzierungsinstrumente – in Analogie zur konventionell erbrachten Leistung – abgedeckt werden, meint Herwig Ostermann. Für Deutschland sind bereits im dortigen Gesamtleistungskatalog gewisse telemedizinische Leistungen definiert, daran könne man sich orientieren. Es sind derartige und weitere Festlegungen im System, die es ermöglichen werden, Breitenwirkung von Telemedizin zu erreichen und das große Potenzial telemedizinischer Anwendungen auszuschöpfen.
Das 10. E-Health Forum findet am 15. November 2018 in Wien statt. Weitere Informationen dazu und zu unseren anderen Veranstaltungen finden Sie auf Facebook, LinkedIn oder in unserem Newsletter.