Bestens ausgebildete und erfahrene Menschen verlassen desillusioniert und entmutigt ihren Beruf und der Nachwuchs bleibt aus. Krankenhausbetten müssen zunehmend gesperrt werden, die Arztpraxen sind überfüllt und die Gesundheitsversorgung leidet immer stärker. Durch anhaltende Spezialisierung, Arbeitsteilung und Prozessorientierung sind Sinn und Zweck für den Einzelnen kaum mehr erkenn- oder erlebbar. Die persönliche Wirksamkeit wird auf die arbeitsteilige Leistung reduziert, während die Zusammenarbeit in den Institutionen zwischen den Berufsgruppen und Abteilungen an ihre Grenzen stößt.
Unsere aus der Zeit der Industrialisierung stammende Organisationsform und das aus dieser Zeit stammende Führungsverständnis passt immer weniger auf unsere heutigen Anforderungen. Unsere Organisationen sind üblicherweise quer zur Wertschöpfung und der Patientenversorgung gegliedert. Mit zunehmender Dynamik nehmen die Schnittstellen und der damit verbundene Abstimmungs- und Kommunikationsaufwand entlang der Wertschöpfung in der Patientenversorgung zu. Das Ergebnis: Die Menschen in den Gesundheitsberufen werden mit kraftraubenden Kommunikationsbrüchen und Schnittstellenproblemen konfrontiert.
Es gilt funktionalere Arbeitsumgebungen für Menschen im Gesundheitswesen schaffen, damit diese sich mit Freude und hoher Produktivität einbringen können. Agile Arbeitsmodelle mit interprofessionellen, selbstorganisierten Teams sowie partizipativer Führung bieten Raum für mehr Autonomie und Verbundenheit in der Arbeit. Die gemeinsame und selbstorganisierte Arbeit an einer Aufgabe bzw. einem gemeinsamen Ziel in möglichst heterogen und interdisziplinär besetzten, funktionsübergreifenden Teams mit lateraler und geteilter Führung ist eine der wesentlichsten Merkmale agiler Arbeitsformen.
Die höhere Zufriedenheit, Produktivität und Ergebnisqualität agiler Arbeitsformen beruhten dabei nicht allein auf einer besonderen Art und Weise der Aufbau- und Ablauforganisation. Die Ergebnisse sind überdies eine Folge der in den agilen Arbeitsformen zugrundeliegenden und wirksam werdenden Prinzipien und Werten sowie der partizipativen Führung.
Das BORN-Gesundheitsnetzwerk mit rd. 400 Mitarbeitenden in der ambulanten Pflege hat sich bereits auf den Weg in eine Transformation zu einer agilen Organisation gemacht und erfahren, wie wichtig der Faktor „Mensch“ dabei ist. Die fundamentale Veränderung in Verhältnissen, Haltung und Verhalten birgt neben unbestreitbaren Chancen auch Risiken. Gerade in der Übergangsphase, wenn das „Alte“ nicht mehr da und das „Neue“ noch nicht entstanden ist. Gewohnte Muster werden gar hinderlich – aber was stattdessen? Was sorgt bei den Menschen dann für Gewissheit, wenn Sicherheit nicht (mehr) zur Verfügung steht? Janina Weichhaus und Detlev Heins berichten auf dem Pflege-Managementforum 2023 über agile Organisationen im Gesundheitswesen und auf ihrem Weg dorthin.
Über die Autoren
Detlev Heins, MBA, Senior Management Consultant, borisgloger professionals
Janina Weichaus, Geschäftsführerin Intensivpflege, Born Gesundheitsnetzwerk Dortmund