Nina Gigele hat dazu ein Interview mit der Geschäftsführerin der Österreich Werbung Dr. Petra Stolba geführt.
Welche Entwicklung hat der Tourismus in den vergangenen 20 Jahren durchgemacht? Was ist jetzt anders als noch in den 1980er Jahren?
Reisen ist von einer elitären Angelegenheit zu einer Selbstverständlichkeit geworden, ja sogar zu einer Tätigkeit, die sich nicht mehr „wegdenken“ lässt… Und gerade dieses Reisemotiv der persönlichen Horizonterweiterung rückt gegenüber anderen Motiven wie Sozialprestige etc. immer weiter in den Vordergrund. Es geht immer mehr um echte Begegnungen und das Eintauchen in die Lebenswelten der Bevölkerung. „Living with Locals“ ist heute das Thema ; durchaus im Unterschied zum vergangenen „höher, schneller, weiter“, also Abenteuer und Action.
Fortschritt findet also statt. Das betrifft z.B. die Digitalisierung. Wie geht man im Tourismusbereich mit Innovationen - vor allem aber mit Digitalisierung - um?
Sehr engagiert. Es gibt im heimischen Tourismus wahre “Frontrunner” – in einer globalen, wettbewerbsintensiven Branche wie unserer muss man digital fit sein. Gleichzeitig sehen wir, dass die Komplexität und Geschwindigkeit der Entwicklungen im digitalen Bereich für viele Player in der doch sehr fragmentierten, österreichischen Tourismusbranche eine Herausforderung darstellen und wir bei einzelnen Themen, beispielsweise im Datenbereich kooperieren müssen, hier kommen wir mit Einzelinitiativen nicht weiter. Wir versuchen daher in der ÖW mit unserer Initiative NETA (Next Level Tourism Austria) Innovation in der Digitalisierung voranzutreiben. Digitalisierung heißt für uns dabei vor allem, altes Denken aufbrechen und neue Standards setzen.
Viele Länder haben ja bereits aufgehört aktiv Werbung für ihr Land zu machen, mit dem Argument, dass die Gäste ohnehin kommen. Wie sieht das in Österreich aus?
Tatsächlich verändert sich die Akzeptanz von Werbung, also dem gezielten Anpreisen eines Produktes. Immer mehr geht es darum, Menschen mit informativen und unterhaltsamen Inhalten die Informationen zu geben, die sie gerade tatsächlich suchen. Und das trifft auch auf die ÖW zu: Wir begeistern nach wie vor für Österreich. Allerdings setzten wir unsere Kommunikation sehr gezielt ein.
In Österreich erleben wir jedes Jahr Spitzen im Tourismus. Steht der Tourismus nicht schon längst im Spannungsfeld zwischen Tradition und Transformation?
Tourismus ist Abbild gesellschaftlicher Entwicklungen und Wertvorstellungen. Von daher transformiert er sich täglich. Natürlich wird gerade intensiv diskutiert, ob quantitatives Wachstum das Ziels sein kann. Gäste kommen, um Begegnungen zu erleben – daher ist die Frage der Integration der Branche in die regionalen Ressourcen und Kompetenzen wesentlich. Verantwortungsvoller Tourismus ist Teil der regionalen Entwicklung und Bevölkerung – und dadurch auch interessant für Gäste.
Stichwort Besucherströme: Wie kann man diese Entwicklung sinnvoll in die Zukunft führen? Welche Anreize müssen geschaffen werden?
Das Reisen ist die wohl größte Erfolgsgeschichte der letzten rund 150 Jahre. Tourismus wächst weltweit jedes Jahr stärker als das Welt-Bruttoinlandsprodukt. Aber die Urlauberströme verdichten sich Jahr für Jahr, denn Reisen wird immer einfacher und günstiger. Reiseströme lassen sich aber auch durch unterschiedlichste Maßnahmen in gewissen Bandbreiten steuern und managen. Technologie wird dabei eine durchaus wichtige Rolle spielen. Genau das ist auch Teil unserer NETA-Initiative.
Wenn Sie nun den Blick in die große Glaskugel werfen: Wie geht es mit dem Tourismus in Österreich weiter? Wo stehen wir in zehn, 15 Jahren? Trends? Needs? Worries?
Das Reisen steht insgesamt vor größeren Umbrüchen. Nicht nur Umweltaspekte, auch die sozio-kulturelle Auseinandersetzung mit dem Raum, mit den Ressourcen und Menschen der Orte, die man besucht, wird spannend. Die Beschäftigung mit Technologie und gleichzeitig der Frage, was genau den emotionalen Mehrwert von Reiseerlebnissen ausmacht, wird eine Schlüsselfrage für die Branche. Denn letztlich gilt: “A product is what you buy. An experience is what you remember”.
Wie sehen Sie das Thema Nachhaltigkeit im Tourismus in Österreich? Dauernd werden Skigebiete neu zusammen geschlossen, Liftanlagen gebaut. Es gibt kaum noch Plätze die unberührt sind?
Letztlich geht es um verantwortungsvollen Tourismus. Also um das Schaffen von besseren Orten für diejenigen, die dort leben. Ständig oder temporär. Vor diesen Aufgaben steht der Tourismus.
Beim Future Day Vienna gibt es ja 4 Themenschwerpunkte „Next Digital“, „Next Innovation“, „Next Growth“, „Next Business” Wie legen Sie diese Themen auf Ihr Unternehmen um? Gibt es dazu konkrete Ideen für die Österreich Werbung? Was wird Ihr Unternehmen davon in Zukunft am meisten Beschäftigen?
Diese 4 Themenschwerpunkte sind denke ich perfekt gewählt und sehr spannend. Sie spiegeln genau die Fragen nach dem „next level“ wider: Technologie nicht mehr um der Technik willen, sondern als enabler und supporter. Der Tourismus in Österreich ist extrem stark KMU-geprägt: wer bringt hier Innovationen ins System, wie lernt die Branche? Wie kann man verantwortungsvoll mit seinen Räumen umgehen und Ressourcen optimal nutzen? All diese Fragen gemeinsam beim Future Day zu diskutieren, darauf freue ich mich jetzt schon!
Zu Nina Gigele: Als ambitionierte Touristikerin, erfahrene Skilehrerin und Freeride Guide zeigt Nina den Gästen Österreichs schönste Skiabfahrten und Touren. Sie ist in den Tiroler Bergen aufgewachsen, die ihren Gästen das bietet das sie suchen: Erlebnisse und echte Begegnungen. Ihr Ziel den Gästen das zu geben, das sie verdient haben. Unter ninagigele.com bloggt sie über Touristik, Sport und Lifestyle.
Dr. Petra Stolba ist seit 2006 Geschäftsführerin der Österreich Werbung. Das Unternehmen ist die maßgebliche Content-Drehscheibe und Repräsentationsfläche für Österreichs wichtige Tourismusbranche. Die Kommunikation des österreichischen Tourismus hat Petra Stolba mit ihren rund 200 Mitarbeitern einem erfolgreichen digitalen Transformationsprozess unterzogen.
Treffen Sie Nina Gigele und Petra Stolba am Future Day in Wien!