BC: Welche Unternehmen werden Ihres Erachtens vom einer Zinsschranke am ehesten betroffen sein?
Plott: Grundsätzlich sind alle Unternehmensgruppen und Konzerne betroffen, da sie in ihrer Compliance nachrechnen werden müssen, ob sie die Zinsschranke erfüllen oder nicht. Wirksam wird die Zinsschranke vor allem bei jenen Unternehmen werden, die einen hohen Verschuldungsgrad aufweisen und im Inland über wenig operatives Ergebnis (EBITDA) verfügen, das heißt die Auslandsbeteiligungen hoch fremdfinanziert haben. In diesem Fall könnte aber die Eigenkapital -Escape – Klausel – so sie kommt – helfen.
Schilcher: Ich teile die Einschätzung zur Betroffenheit der Unternehmen von der Zinsschranke. Für Holdinggesellschaften, die etwa an der Spitze einer steuerlichen Unternehmensgruppe stehen, wird hinsichtlich der Betroffenheit von der Zinsschranke relevant sein, ob der Gesetzgeber die Möglichkeit vorsehen wird, die gesamte steuerliche Unternehmensgruppe als einen Steuerpflichtigen für Zwecke der Zinsschranke zu behandeln und damit das operative Ergebnis (EBITDA) der Gruppenmitglieder zu nutzen.
BC: Worauf sollten sich österreichische Unternehmen nun zuerst vorbereiten?
Plott: Betreffend der Zinsschranke sollten Unternehmen eine Proberechnung durchführen, ob sie betroffen sind. Je nach dem wird sich anbieten, die Fremdfinanzierung im Konzern neu zu verteilen.
BC: Wird sich durch die angekündigten Reformen im Unternehmens- und Konzernsteuerrecht etwas in der Zusammenarbeit von Unternehmen mit externen Beratern (RA/WP/StB) ändern?
Plott: Ich denke, hier wird es keine großen Änderungen geben. Gerade bei Reformen des Steuerrechts ist für Unternehmen der externe Berater als Sparringpartner wichtig, um die geplanten Änderungen in den Unternehmen umzusetzen und auch steueroptimal anzupassen. Der externe Berater hat hier natürlich den Vorteil, dass er einen weiteren Blick über das betreute Unternehmen hinaus hat, oft sind auch die guten Kontakte zur Finanzverwaltung von Vorteil.
BC: Wo steht Österreich im internationalen / EU-weiten Vergleich hinsichtlich des Steuerkontrollsystems?
Plott: Österreichs Unternehmen sind meines Erachtens sehr weit bei der Umsetzung der Steuerkontrollsysteme und es gibt eindeutige Vorgaben der Finanzverwaltung durch die SKS – Verordnung und durch das Fachgutachten der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Viele Unternehmen, die gar nicht vorhaben in das Horizontal Monitoring einzusteigen, setzen derzeit Steuerkontrollsysteme um. Das heißt ein Steuerkontrollsystem ist ein Muss für alle großen Unternehmen, aber mittlerweile auch für mittlere Unternehmen. Ich würde erwarten, dass es in Zukunft dazu noch weitere politische Entwicklungen geben könnte, zB dass das Steuerkontrollsystem bei anderen Fragen wie bei einer bevorzugten Behandlung bei Rulings eine Rolle spielen könnte und in ferner Zukunft für Unternehmensgruppen ab einer bestimmten Größe überhaupt verpflichtend wird.
BC: Zum DAC6/EU-Meldepflichtgesetz: vor allem zusätzlicher Verwaltungsaufwand oder wirksames Mittel zur Bekämpfung von Steuerkriminalität?
Plott: Ich denke hier handelt es sich vor allem um zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Die Zielrichtung ist auch nicht die Bekämpfung der Steuerkriminalität, sondern das Erkennen von legalen, aber „unerwünschten“ Gestaltungen, damit diese durch gesetzliche Maßnahmen „korrigiert“ werden können.
Schilcher: Zweifellos führen bisher nicht bestehende Meldepflichten zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Seitens des BMF besteht aber ein laufender Kontakt mit den Interessenvertretern zu diesem Thema, um hier bis zum Inkrafttreten des EU-Meldepflichtgesetzes einen Großteil der Zweifelsfragen in Bezug auf die Reichweite der Meldepflichten auszuräumen.
BC: Was wäre Ihrer Ansicht nach seitens des Gesetzgebers noch nachzubessern?
Plott: Ein großes Projekt ist die Vereinfachung des Steuerechtes, zB die Zusammenführung von UGB und EStG-Bemessungsgrundlage. Das steht auch im Regierungsprogramm und ich hoffe es bleibt kein Lippenbekenntnis.
Schilcher: Ich denke, dass – das auch in diesem Regierungsprogramm enthaltene – Reformprojekt „EStG neu“ die Möglichkeit bietet, tatsächlich Vereinfachungen insbesondere im Bereich des Bilanzsteuerrechts zu schaffen. Ich bin hier durchaus zuversichtlich.
BC: In welche Richtung gehen weitere Reformbestrebungen, was ist für 2021 zu erwarten?
Plott: Für 2021 erwarte ich mir noch keine großen Änderungen, interessant für Unternehmen könnte aber die bereits im Ministerrat beschlossene Begünstigung der Mitarbeiter-Erfolgsbeteiligung sein.
BC: Verraten Sie uns jetzt schon eines der Highlights aus der Rechtsprechung?
Plott: Interessant ist vor allem die Entwicklung der Rechtsprechung betreffend der Kapitalertragsteuer bei Holdinggesellschaften. Hier gibt es doch auch eine Liberalisierung.
Schilcher: Spannend ist aus meiner Sicht dass bereits in die Körperschaftsteuerrichtlinien eingearbeitete VwGH Judikat zu Gruppenmitgliedern in Liquidation. Der VwGH hat hier zwar – die für die Steuerpflichtigen nachteilige – Sichtweise der Finanzverwaltung zur Behandlung von nicht getilgten Verbindlichkeiten in Insolvenz bei der Ermittlung des Liquidationsergebnisses „gekippt“, gleichzeitig jedoch auch idR zum Nachteil der Steuerpflichtigen ausgeführt, dass Liquidationsergebnisse nicht mehr – wie nach der bisherigen Verwaltungspraxis – im Rahmen der Gruppenbesteuerung verrechnet werden können.
Mag. Christoph Plott ist Wirtschaftsprüfer/Steuerberater und Tax Partner bei KPMG Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind nationales und internationales Unternehmenssteuerrecht, Konzernsteuerrecht (Körperschaftssteuer- und Umgründungsrecht) sowie M&A. Dr. Michael Schilcher ist stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung VI/6, Einkommen- und Körperschaftsteuer, BMF. Er ist Fachautor und –vortragender sowie Universitätslektor an der WU Wien. Bei der 17. RECON am 31.August und 1. September 2020 halten sie zusammen das Update Konzernsteuerrecht.