Cyber: hohe IT-Standards gefragt
Auch im Jahr 2022 wird der Cyber-Versicherungsmarkt alle Marktteilnehmer vor große Herausforderungen stellen. In vielen Risk-Reports werden Cyber-Angriffe als einer der größten Risikofaktoren der kommenden fünf bis zehn Jahre benannt, gleich nach der Klimakrise. Die Wirtschaft war im vergangenen Jahr mit einer steigenden Anzahl von Attacken konfrontiert. Neben der Häufigkeit nimmt auch die Intensität stark zu, der Großteil der Fälle sind dabei Ransomware-Angriffe, eine Art digitale Erpressung. Insgesamt verursachen Cyber-Angriffe laut Wirtschaftskammer Österreich pro Jahr einen Schaden von mehreren 100 Mio. Euro. Ein Großteil der Angriffe beginnt mit der Manipulation von Mitarbeitenden, dem sogenannten „Social Engineering“, zum Beispiel per E-Mail.
Für Versicherer werden Cyber-Angriffe zu einem unkalkulierbaren Risiko. Cyber-Attacken, die viele Unternehmen gleichzeitig treffen, stellen für die Assekuranz ein Kumulrisiko dar, vergleichbar mit einer Naturkatastrophe. Ein Cyber-Ereignis kann sich zudem in mehreren Versicherungspolizzen eines Versicherungsnehmers zu einem Schaden entwickeln. Daher haben Versicherer das Risiko „Silent Cyber“, also versteckte Cyber-Risiken, etwa in der Sach- und Transport-Versicherung untersucht. Als Reaktion haben sie Versicherungskapazitäten reduziert und Ausschlüsse formuliert. Trotz Deckungseinschränkungen und Prämienerhöhungen ist die Nachfrage nach Cyber-Polizzen weiterhin sehr hoch. Für den Einkauf von Versicherungen sind künftig hohe IT-Sicherheitsstandards sowie ein gutes Risikomanagement, etwa Notfallpläne, erforderlich.
Rohstoffpreise: Risiko und Chance
Die Rohstoffpreise für wichtige Wirtschaftsgüter kannten im letzten Jahr nur eine Richtung: aufwärts. Die aktuelle Versorgungslage bei Kunststoffen bzw. Granulaten, Metallen wie Aluminium, Kupfer, Eisenerz, Zinn sowie Holz und Papier bezeichnen viele Unternehmen als schlecht oder sehr schlecht. Teils fehlen bereits Vormaterialien, auch die Energiepreise haben kräftig angezogen. Dazu können Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten oder ganzen Lieferanten-Ländern wie z. B. China kommen. Die Folgen: Preissteigerungen und volatile Beschaffungsmärkte erschweren das Einkaufsmanagement. Zur Absicherung der Lieferkette braucht es nun auch mehr Kapital, um die Lagerhaltung bedarfsgerecht aufzustellen. Darüber hinaus erhöht mangelnde Planungssicherheit den Bedarf von Liquidität. Die Veränderungen am Beschaffungsmarkt bieten auch Chancen: Durch Regionalisierung kann sich die österreichische Industrie von internationalen Trends abkoppeln. So wird sie nicht nur resilienter, sondern kann sich zudem eine wichtige Rolle in den neuen Wertschöpfungsketten sichern.
Liquidität: Factoring gibt Sicherheit
Corona hat die Geschäftswelt nachhaltig verändert. Neben der Gefahr, dass auch finanziell gesunde Betriebe mit vollen Auftragsbüchern von Zahlungsausfällen bedroht sein könnten und dadurch deren eigene Liquidität gefährdet wäre, haben viele Unternehmen auch mit anderen direkten oder indirekten Konsequenzen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Dazu zählen unter anderem die Inflation, die Energiekrise, die Unterbrechungen der Lieferketten sowie die Verknappung der Transportkapazitäten. All diese Phänomene führen zu steigenden Einkaufspreisen und damit zu einem grundsätzlich höheren Liquiditätsbedarf. Das Risiko der Kundeninsolvenz können Unternehmen durch eine klassische Warenkredit-Versicherung absichern. Für die anderen oben geschilderten Folgen der Pandemie bietet sie aber keine Lösung an. Hier setzt Factoring an: Dabei verkauft der Lieferant seine Forderungen an ein Factoringunternehmen und erhält im Gegenzug den Kaufpreis abzüglich eines Einbehalts (üblich sind zehn Prozent) ausbezahlt. So wird die eigene Liquidität maßgeblich verbessert. Diese zusätzliche Liquidität kann das Unternehmen vielseitig nutzen: zum Beispiel um Lieferanten unter Skontoausnutzung zu bezahlen, das eigene Wachstum zu finanzieren, einen Wechsel des Gesellschafters zu ermöglichen (Ersatz für bisheriges Gesellschafterdarlehen) oder die Bilanzkennzahlen zu optimieren. Factoring kann die klassische Bankenfinanzierung ergänzen und so die Bankabhängigkeit reduzieren. Außerdem trägt die Diversifikation zur Sicherung der Finanzierung bei. Sollte bereits eine Warenkredit-Versicherung bestehen, kann Factoring auf diese Versicherungslösung aufsetzen.
Lesen Sie hier die gesamte Studie auf der Website von Funk International Austria.
Der Autor: Mario Heinisch ist geschäftsführender Gesellschafter der Funk International Austria GmbH und repräsentiert die Funk Stiftung in Österreich, die sich der Förderung von Forschungs- und Praxisprojekten mit Fokus auf Risikomanagement widmet. Am 20. Mai ist er zusammen mit Ludwig Foidl (CFO der Binder Gruppe) und Dieter Schatz (CFO der Loacker Recycling GmbH) am CFO Forum Gastgeber eines Panels „Corporate Governance: Risiken neu bewerten.“
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