Business Circle: Sehr geehrter Herr Mag. Plott, zunächst etwas Persönliches: Sie sind Tax-Partner bei KPMG, können Sie uns kurz skizzieren, wie Sie zu dem gekommen sind, was jetzt tun?
Christoph Plott: Ich habe schon nach dem Studium in der Steuerberatung angefangen und bin dann zur KPMG gekommen. Zwischenzeitlich war ich Leiter der Konzernsteuerabteilung eines großen Konzerns, bin danach aber in die Beratung zurückgekehrt. Besonderem Spaß macht mir, dass ich ständig mit unterschiedlichen Problemen aus den verschiedensten Branchen konfrontiert bin und wir mit unseren Lösungen den Klienten möglichst pragmatisch helfen können.
BC: Was wäre jetzt tun, um die Wirtschaft anzukurbeln? Welche Steuermaßnahmen sind Ihres Erachtens zu setzen?
Plott: Vorschläge, welche steuerlichen Beiträge für die Ankurbelung der Wirtschaft der Krise gesetzt werden sollen, gibt es viele. Aus meiner Sicht wären alle Maßnahmen, die das Eigenkapital stärken (fiktiver Eigenkapitalzinsabzug, KESt-Freistellung für Veranlagungen in Wachstumsfonds, etc.) und die Förderung von Investitionen wie zum Beispiel die Wiedereinführung des Investitionsfreibetrages notwendig.
BC: In diesem Zusammenhang: Ist das COVID-19-Steuermaßnahmengesetz in Ihren Augen ein großer Wurf oder eher ein Manipulieren an Symptomen?
Plott: Das COVID-19-Steuermaßnahmengesetz war im Wesentlichen nur die Einführung der von der Anti-BEPS-Richtlinie vorgegebenen Zinsschranke. Ein wesentlicher Schritt war jedoch die Einführung der degressiven Afa und der beschleunigten Gebäude-Afa durch das Konjunkturstärkungsgesetz 2020.
BC: Daran anschließend: auch nach Corona werden viele Unternehmen flexiblere Arbeitsmodelle mit verringerter Live-Präsenz im Büro beibehalten, wie wäre das am besten steuergesetzlich zu berücksichtigen?
Plott: Ich denke, das steuerliche Home-Office-Paket war ein erster großer Schritt, an dem weitergearbeitet werden kann und das noch großzügiger ausgestaltet werden sollte, zB die Erhöhung der steuerfreien Pauschalen für Dienstnehmer, um Home Office für die Arbeitnehmer steuerlich noch attraktiver zu machen.
BC: Ist OECD „Pillar One“ in der Form wie es jetzt umzusetzen ist: sinnvoll zum Erreichen der gesetzten Ziele oder ergibt sich vor allem zusätzlicher Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand?
Plott: Das wird konkret an der Ausgestaltung von Pillar One liegen, da es hier noch viel Gestaltungsraum gilt. Wenn es aber so ausgestaltet wird, dass der auf die Marktstaaten zu verteilende Gewinn überschaubar bleibt, dann ist es wohl vor allem zusätzlicher Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand.
BC: Mineralöl- und KFZ-Steuern gibt es ja ohnehin schon. Wie sollte eine Ökologisierung des Steuersystems aussehen, die unterm Strich nicht einfach nur zu noch höheren Belastungen für produzierende Unternehmen führt, sondern sinnvolle Anreize setzt?
Plott: Wesentliches Thema wird die CO2-Bepreisung und die Umsetzung über die bestehenden Abgaben oder über ein Emissionshandelssystem ein. Die Umsetzung über die bestehenden Abgaben wird dabei aber die einfachere Variante sein, da sie alle Beteiligten bereits kennen. Für die Entlastung der Produktionsunternehmen wird dabei die zukünftige Ausgestaltung der Energieabgabenvergütung wichtig sein. Im privaten Bereich kann eine Entlastung im Einkommen- und Lohnsteuerbereich oder über Transferzahlungen erfolgen.
Tax Compliance: Österreich ist vorbildhaft aufgestellt
BC: Wie sehen Sie hinsichtlich Cooperative Tax Compliance Österreich im Vergleich zu anderen EU-Staaten aufgestellt?
Plott: Österreich ist mit dem Horizontal Monitoring vorbildhaft aufgestellt. Für Unternehmen, die nicht im Horizontal Monitoring sind, wäre die Ausweitung des Auskunftsverfahren auf alle Steuerrechtsbereiche sehr wünschenswert. Derzeit haben wir zum Beispiel Themen, da im Bereich Internationales Steuerrecht Auskunftsbescheide nur für Fragen des DBA-Rechts erteilt werden, nicht aber für andere Außensteuerfragen (wie zum Beispiel KESt-Entlastungen). Hier wäre sowohl eine gesetzliche Ausweitung als auch die Zurverfügungstellung von mehr personellen Ressourcen zu wünschen, schließlich wird hier von den Steuerpflichtigen auch ein Kostenbeitrag gezahlt.
BC: Noch ein Blick in die große Politik: die USA standen ja bei OECD „Pillar One“ bisher eher auf der Bremse, erwarten Sie da eine Änderung durch den neuen Präsidenten?
Plott: Die Biden-Administration führt jedenfalls zu einem großen Schwenk der US-Steuerpolitik wie zum Beispiel die Erhöhung des KÖSt-Satzes auf 28% und wird auch globale Auswirkungen haben. Insbesondere steht die US-Finanzministerien hinter dem Projekt der globalen Mindeststeuer und daher vor allem hinter Pillar Two. Zu erwarten ist auch, dass es bei Pillar One, wo es um die Verteilung des Steuersubstrates an die Marktstaaten geht, Zugeständnisse geben wird. Insgesamt werden aber die USA bei Pillar One Steueraufkommen verlieren und daher durchaus an einer möglichen Verwässerung interessiert sein, auch wenn sie vielleicht grundsätzlich mitgehen.
BC: Abschließend: Sie begleiten den TAX-Circle nun schon seit 5 Jahren, möchten Sie uns mitteilen, welchen Eindruck Sie von der Konferenz gewonnen haben?
Plott: Für mich ist der TAX-Circle eine der besten Veranstaltungen im Steuerbereich, da fast alle relevanten Personen aus den Unternehmen, Beratung und Verwaltung einmal im Jahr zusammenkommen.
WP/StB Mag. Christoph Plott ist Tax Partner bei KPMG Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind nationales und internationales Unternehmenssteuerrecht, Konzernsteuerrecht (Körperschaftssteuer- und Umgründungsrecht) sowie M&A. Er ist im Fachbeirat des TAX-Circle.
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