Business Circle: Herr Zeiner, Sie sind Countrymanager Austria für Wolters Kluwer CCH Tagetik, wie haben Sie vor einem Jahr den Übergang ins Home-Office gestaltet und wie gehen Sie heute damit um?
Gerald Zeiner: Beim Übergang ins Home Office hatten wir einen klaren Vorteil: Die entsprechende technologische Basis war bei uns bereits vorhanden, da wir im Rahmen von Projekten und bei Kunden auch vor der Corona-Pandemie bereits häufig remote gearbeitet haben. Die Umstellung lief deshalb sehr flüssig ab und gestaltete sich aus technischer Sicht reibungslos. Stark vermisst wurden im Team allerdings die direkten persönlichen Kontakte zu Kunden, Interessenten, Geschäftspartnern und nicht zuletzt zu Kolleginnen und Kollegen. Wir freuen uns deshalb sehr darüber, dass hier derzeit Schritt für Schritt wieder mehr Normalität zurückkehrt, denn der persönliche Kontakt lässt sich nicht zu 100 % ersetzen.
BC: Account Reconciliation gab es ja schon, als Abschlüsse noch mit Tabellenvordrucken und Taschenrechnern gemacht wurden, was sind die aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet?
Zeiner: Das Optimierungs-Potenzial ist durch moderne Lösungen wie etwa Tagetik Account Reconciliation riesig. Im Vergleich zu früheren Vorgehensweisen kann der Aufwand bei der Kontenabstimmung massiv reduziert werden. Gleichzeitig werden Qualität und Sicherheit der Daten erhöht und es werden personelle Ressourcen für komplexere Aufgaben geschaffen, da weniger zeitraubende Prüftätigkeiten anfallen. Dies ermöglicht ein deutlich produktiveres und effizienteres Arbeiten. Unserer Ansicht nach werden diese Vorteile von den Unternehmen zunehmend erkannt. Wir rechnen deshalb rund um die Thematik mit einem deutlich steigenden Interesse.
Kontinuierlicher Wettlauf zwischen Kriminellen und Schutzmechanismen
BC: Daran anschließend – insbesondere im Lichte von Wirecard und Commerzialbank: wird der technologische Fortschritt eher den Fraud oder eher die Fraud Detection begünstigen?
Zeiner: Grundsätzlich ist bei Fraud und Fraud Detection natürlich ein ähnlicher, kontinuierlicher Wettlauf zwischen Kriminellen und Schutzmechanismen beziehungsweise Fahndern zu erkennen, wie beispielsweise auch bei Malware und Virenscannern. Moderne, KI-gestützte Finance-Lösungen bieten hier aber durchaus die Möglichkeit, Vorteile im Bereich der Fraud Detection zu schaffen. So lassen sich etwa größere Abweichungen zwischen geplanten Zahlen und Ist-Zahlen relativ einfach erkennen und wir haben Kunden, die CCH Tagetik ganz konkret auch dafür einsetzen. Anomalien werden transparent gemacht und es kann bei Differenzen anschließend nachgeprüft werden, ob es sich um eine legitime Entwicklung oder möglicherweise um Fraud handelt.
BC: Seit Corona ist nichts mehr so uninteressant wie die Bilanz von gestern – wer hätte so etwas schon voraussehen und Handlungsszenarien entwickeln können. Kommt jetzt mit dem Predictive Accounting die Controlling-Kristallkugel?
Zeiner: Predictive-Lösungen spielen bei CCH Tagetik aktuell eine große Rolle. Um Kunden maximale Flexibilität zu bieten, haben wir sowohl Anbindungen an relevante Predictive-Tools geschaffen als auch eine komplett eigene Predictive-Lösung entwickelt. Diese unterstützt Anwender dabei, Ursache-Wirkungsketten zu erkennen, zu bewerten und für betriebliche Zwecke zu nutzen. Die Besonderheit dabei: Man muss kein Data Scientist sein oder einen solchen beauftragen, um ein solches Tool zu nutzen und Erkenntnisse aus Mustern zu gewinnen, die bisher in den Daten versteckt blieben. Der Fokus liegt auf einer benutzerfreundlichen Lösung, die auch ein ganz normaler Controlling-Anwender ohne technische Vorkenntnisse einsetzen kann.
Teilweise gab es ja in der Vergangenheit bereits die Möglichkeit, Prognosen für zukünftige Datenverläufe auf der Basis von vergleichbaren Szenarien aus der Vergangenheit zu erstellen. Unsere Predictive-Lösung geht in Kombination mit dem menschlichen Verständnis in der Finance-Abteilung aber nochmals einen deutlichen Schritt weiter, so dass man hier der sprichwörtlichen „Glaskugel“ tatsächlich näherkommt.
BC: Bei Datenbanken gilt „Garbage in – garbage out“: werden wir dieses Problem mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz in den Griff bekommen?
Zeiner: Mit KI lassen sich Zusammenhänge und Muster erkennen, die bisher auch aufgrund der schieren Datenmengen (Stichwort Big Data) gar nicht erfassbar waren. Letztlich setzt dies aber immer auch voraus, mit der richtigen Fragestellung an eine KI-Lösung heranzugehen. Wer die falschen Fragen stellt, wird auch mit der besten KI keine entscheidenden Erkenntnisgewinne erzielen können. KI kann ein extrem mächtiges Tool sein, entfaltet sich aber erst in Kombination mit dem Anwender und seiner Kreativität und Intelligenz. Auch die Plausibilitätsprüfung und die Interpretation der Ergebnisse durch den menschlichen Benutzer bleiben entscheidend.
BC: Sie sind seit 2017 bei der RECON, möchten Sie uns Ihren Eindruck von dieser Konferenz mitteilen?
Zeiner: Die RECON zeichnet sich aus fachlicher Sicht schon immer durch ein sorgfältig ausgewähltes Programm und die hohe Qualität der Vorträge aus. Den speziellen Reiz der Veranstaltung macht darüber hinaus aber die gesamte Atmosphäre inklusive der gewählten Location in Loipersdorf aus, in Kombination mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Entscheiderkreisen. In diesem Umfeld entsteht meiner Erfahrung nach sehr schnell eine ganz besondere, vertrauensvolle Offenheit, die außergewöhnlich konstruktive Gespräche ermöglicht. Mein Eindruck von der RECON ist deshalb durchweg positiv.
DI Gerald Zeiner, Countrymanager, Tagetik Austria GmbH: Nach dem Abschluß als Wirtschaftsingenieur an der TU Wien war Gerald Zeiner in den 90-er Jahren maßgeblich an der Entwicklung von CRM-Systemen in zahlreichen Projekten involviert. Seit 2001 war er leitend mit der Einführung von Finance Analytics-Lösungen namhafter Hersteller betraut und führte Projekte in vertrieblicher Verantwortung aber auch als Projektleiter und Risikomanager zum Erfolg. Im Oktober 2016 übernahm Gerald Zeiner als Countrymanager die Aktivitäten von Tagetik Austria GmbH. Durch seine Tätigkeit mit den Schwerpunkten Vertrieb, Kundenbetreuung, Business Development und Partner Management konnte die Präsenz von CCH Tagetik am österreichischen Markt sowohl hinsichtlich Anzahl der Kunden und Partner als auch Lösungsspektrum signifikant ausgebaut werden.
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