Nach der Krise ist vor der Krise. Viele Unternehmen sind zwar gut durch die Covid-Jahre gekommen und konzentrieren sich schon wieder voll aufs Tagesgeschäft. Doch das „New Normal“ besteht aus neuen Hiobsbotschaften, abgesehen von der wirtschaftlichen Notwendigkeit, die Herausforderungen rund um Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Fachkräftemangel zu bewältigen.
Aktuell rücken die dramatisch gestiegenen Preise für Baumaterialien, Rohstoffe und fossile Energieträger das Thema Nachhaltigkeit noch stärker in den Fokus der Öffentlichkeit. Der im Raum stehende Lieferboykott von russischem Erdöl und Gas kombiniert mit der weltweiten Klimakrise und dem entsprechenden Druck der Verbraucher auf die Industrie ist nicht nur ein explosives Gemisch, sondern befeuert den Trend zu nachhaltiger Produktion und Unternehmensführung.
Nachhaltigkeit als Kernaufgabe
Die Managementberatung Horváth hat bei einer Befragung von rund 200 global tätigen Finanzverantwortlichen herausgefunden, dass umwelt- und sozialgerechtes Wirtschaften über alle Branchen hinweg als maßgebliche Herausforderung des 21. Jahrhunderts gesehen wird. Vorreiter ist die Automobilindustrie, dort geben sogar 80 Prozent der CFOs Nachhaltigkeit als zentrales Thema ihres Wirkens an.
Gerade im Finanzbereich wird ESG-konformes Handeln von externen und internen Stakeholdern vorausgesetzt. Damit verbunden müssen Compliance- und Kontrollsysteme etabliert und der Wissensaufbau im Managementteam gefördert werden. Finanzverantwortliche müssen anhand von EU-Taxonomie und weiteren rechtlichen Rahmenbedingungen sogar genau prüfen, welche Investitionen überhaupt noch vertretbar sind.
Energieschock als Wende
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und der damit ausgelöste globale Energiepreisschock wird das Umdenken in Richtung alternativer und erneuerbarer Energien wie Produktionskreisläufe beschleunigen. Jeder einzelne Haushalt, jedes einzelne Unternehmen wird jetzt darüber nachdenken, wie man seinen Bedarf besser nachhaltig decken kann und wie man Energieverschwendung vermeidet.
In diesem Umfeld sind die Finanzverantwortlichen der Unternehmen besonders gefordert, und das wissen sie auch. 91 Prozent der befragten CFOs sind überzeugt, dass die Transformation in Richtung Nachhaltigkeit unvermeidlich ist, aber in jedem Fall ganzheitlich und funktionsübergreifend ablaufen muss, um erfolgreich zu sein. Und sie wissen, dass es an ihnen liegt, diese auch voranzutreiben.
Dazu gehört die fortschreitende Digitalisierung innerhalb des Finanzbereichs. Die meisten CFOs haben die Pandemie genutzt, um zu investieren. Die Implementierung neuer Arbeitsmethoden wie etwa agiles Arbeiten, Home-Office und Formen der digitalen Kollaboration waren aber erst der Anfang. Zwei Drittel sehen in der Automatisierung und Digitalisierung der Kernprozesse die nächsten großen Schritte für den Umbau ihres Unternehmens.
Remote-Arbeit keine Antwort
Doch wer soll das alles stemmen? Und wo ist die Expertise, die den Zusammenhang von steigenden Energiepreisen und fallender Transformationslust durchschaut? Der Fachkräftemangel hat auch den Finanzbereich erreicht, für zwei von drei Befragten sind fehlende Mitarbeiter/innen in Finanz, Buchhaltung und Controlling die „größte“ Herausforderung. Trotzdem bleibt Remote-Arbeit die Ausnahme. Nur 25 Prozent glauben an Vorteile durch den ortsunabhängigen Zugang für Fachkräfte. Das wird und muss sich ändern, sind die Studienautoren überzeugt.
Virtuelle Arbeitsmodelle sind zwar bereits ein Auswahlkriterium für neue Beschäftigte, doch werden agile Arbeitsmethoden und Organisationsformen noch eher selten als wertvolle Perspektive gesehen. Da gibt es noch viel zu tun: 66 Prozent der befragten Finanzer betrachten die Umsetzung von agilen Arbeitsmethoden als große Herausforderung, nur 46 Prozent als Chance. Hier fehlt das richtige Mindset und die Weiterbildung der Mitarbeitenden, besonders in Hinsicht auf ihre digitale Expertise.
Thesen für die Transformation
Die Horváth-Studie liefert die Thesen zur erfolgreichen Transformation des Finanzbereichs im Unternehmen. „Green“ und „Sustainable Finance“ müssen fest verankert, die Organisation effizient und rollenbasiert aufgebaut sein, um das Management optimal zu unterstützen. Datengetriebene Analysen schaffen die beste Grundlage für Entscheidungsempfehlungen, Agilität und Virtualität die geeignete Basis für die künftige Zusammenarbeit.
Fazit: Ob steigende Energiepreise, Fachkräftemangel oder Digitalisierung von Prozessen, der Chief Finance Officer (CFO) ist mehrfach gefordert. Wer wenn nicht die Person mit Finanzverantwortung muss jetzt intelligent handeln: Sie muss die „grüne“ Finanztransformation proaktiv und visionär vorantreiben und damit den Erfolg des ganzen Unternehmens sicherstellen.
Dieser Artikel erschien zuerst auf trend.at
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Der Autor: DI (FH) Stefan Leber, M.A. ist Principal bei Horváth im Competence Center Controlling & Finance in Österreich. Zuvor war er im in leitenden Finanz und Controlling Positionen bei internationalen Industrieunternehmen. Seine Beratungsschwerpunkte sind Transformation von Finanzorganisationen, Planung & Budgetierung, Konzernsteuerung und Performanceoptimierung.
Horváth ist als Lösungspartner rund um Performance Management und Transformation schon lange mit Business Circle verbunden und 2022 wieder am CFO Forum vertreten.