IFRS-Rechnungslegung im Lichte von Enforcement
Ausgewählte Aspekte der FMA-Prüfungsschwerpunkte Abschlussjahr 2023
Die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) hat am 1.12.2023 die jährlichen Prüfungsschwerpunkte für Abschlüsse, die zum 31.12.2023 oder später enden, herausgegeben.[1] Dabei setzt sie die bereits Ende Oktober von der europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) veröffentlichten gemeinsamen europäischen Prüfungsschwerpunkte um.[2] Erwartungsgemäß stehen erneut die Auswirkungen klimabezogener Belange und makroökonomischer Gegebenheiten in Bezug auf die finanzielle und nichtfinanzielle Berichterstattung im Fokus.
FMA-Prüfungsschwerpunkte Abschlussjahr 2023 (IFRS-Konzernabschlüsse)
Die Auswirkungen klimabezogener Belange und der derzeitigen makroökonomischen Gegebenheiten stehen im Fokus der kommenden Enforcement-Aktivitäten im Bereich der finanziellen Berichterstattung.
Klimabezogene Belange
Darstellung im Abschluss (IAS 1 und weitere Standards)
Besonderes Augenmerk wird auf die konsistente Behandlung von Informationen zu klimabezogenen Sachverhalten gerichtet, die in einem IFRS-Abschluss offengelegt werden, und jene, die sich in nichtfinanziellen Berichten wiederfinden. Insbesondere Annahmen, Ermessensentscheidungen und Schätzungen hinsichtlich klimabezogener Belange sind im Einklang mit den Annahmen und Aussagen der nichtfinanziellen Berichterstattung zu treffen und auch offenzulegen.
Unternehmen haben sich ebenso mit den Auswirkungen klimabezogener Belange auf ihre Geschäftstätigkeit auseinanderzusetzen. Es werden unter anderem ausgewogene qualitative und quantitative Analysen und Beschreibungen der wichtigsten Risiken und Ungewissheiten sowie deren Darlegung im Zuge von Sensitivitätsanalysen erwartet.
Wertminderungen (IAS 36)
Klimabezogene Belange und damit verbundene Risiken können einen Wertminderungstrigger für nichtfinanzielle Vermögenswerte darstellen. Derartige Risiken sind daher in den getroffenen Annahmen des Wertminderungstests angemessen zu berücksichtigen und in die Sensitivitätsanalysen miteinzubeziehen. Entsprechende Angaben sind in den Anhang aufzunehmen.
Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten (IAS 37)
Bestehen für klimabezogene Sachverhalte rechtliche oder faktische Verpflichtungen (z.B. die Reduzierung des CO2-Ausstoßes), so kann dies die Bildung einer Rückstellung erfordern. In anderen Fällen können Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderungen anzugeben sein.
Nutzungsdauer von Sachanlagen und immateriellen Vermögenswerten (IAS 16, 38)
Änderungen in der mittel- bis langfristigen Unternehmensstrategie infolge klimabezogener Belange können Einfluss auf die erwartete Restnutzungsdauer betroffener Vermögenswerte haben und eine Anpassung derselben erfordern.
Power Purchase Agreements (IFRS 9, 16)
Bei langfristigen Strombezugsverträgen wird besonderes Augenmerk auf eine korrekte Bilanzierung nach IFRS 16 oder IFRS 9 oder die Anwendung der „own use exemption“ gelegt. Diese Verträge sind transparent im Abschluss darzustellen.
Emissionshandel und CO2-Zertifikate (IAS 37, 38)
Die angewandten Bilanzierungsmethoden und deren Auswirkungen auf den Abschluss sind offenzulegen.
Makroökonomische Gegebenheiten
Darstellung im Abschluss (IAS 1 und weitere Standards)
Unternehmen sind angehalten, mögliche Auswirkungen von gestiegenen Zinsen auf (nicht) bilanziell erfasste Finanzinstrumente, einschließlich der Sensitivitäten auf Ergebnis und Eigenkapital, sowie getroffene Steuerungsmaßnahmen angemessen zu erläutern. Ebenso auszuführen sind mögliche Auswirkungen von hoher Inflation und volatilen Zinssätzen auf die Fähigkeit zur Erfüllung von Covenant-Bedingungen.
Inflations- und zinsbedingte Änderungen können sich auch auf das Liquiditätsrisiko von Unternehmen auswirken. Wurden im laufenden Geschäftsjahr zusätzliche Finanzierungen aufgenommen oder bestehende Kreditbedingungen geändert, sind dazu entsprechende Angaben im Abschluss aufzunehmen. Zusätzlich kann das Liquiditätsrisiko aufgrund von Margin Calls für Derivate ansteigen. Hierfür sieht IFRS 7 qualitative und quantitative Angaben zu den Besicherungsvereinbarungen vor.
Schließlich können sich die derzeitigen makroökonomischen Gegebenheiten auf die Wirksamkeit von Hedge Accounting und deren Bilanzierung auswirken.
Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts (IFRS 13, IAS 40)
Neue Unsicherheiten können sich auch bei der Bestimmung beizulegender Zeitwerte ergeben. Bei als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien, die nach dem Fair Value Modell folgebewertet werden, ist sicherzustellen, dass die der Bewertung zugrundeliegenden Parameter den Anforderungen von IFRS 13 genügen. Zusätzlich empfiehlt sich die Offenlegung einer Sensitivitätsanalyse für beobachtbare Inputfaktoren, auch wenn IFRS 13 dies nicht ausdrücklich vorsieht. Die Angaben über den beizulegenden Zeitwert sind im Übrigen auch für jene Finanzinstrumente zu machen, die zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden.
Fazit
In zahlreichen Aspekten der diesjährigen Prüfungsschwerpunkte wird deutlich, dass die nichtfinanzielle Berichterstattung auch zunehmend in den Fokus der Enforcement-Aktivitäten rückt und Unternehmen unter anderem dazu angehalten sind, auf eine Stimmigkeit zur finanziellen Berichterstattung Acht zu geben.
Quellen:
[1] Vgl. FMA, Jährliche Prüfungsschwerpunkte 2023 gemäß § 1 Abs. 2 RL-KG, https://www.fma.gv.at/querschnittsthemen/enforcement/ (abgefragt am 20.3.2024).
[2] Vgl. ESMA, Public Statement, European common enforcement priorities for 2023 annual financial reports, https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/2023-10/ESMA32-193237008-1793_2023_ECEP_Statement.pdf (abgefragt am 20.3.2024).
Verena Nitschinger
Verena Nitschinger ist Senior Managerin im Bereich Accounting Advisory bei BDO Austria und berät Unternehmen in Fragen der nationalen und internationalen Rechnungslegung. Zudem ist sie Mitglied der AFRAC AG-IFR, Fachvortragende und Fachautorin. Zuvor war sie als Universitätsassistentin an der Abteilung für Rechnungswesen, Steuern und Jahresabschlussprüfung der WU Wien und bei einer Big4-WP-Gesellschaft tätig.
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