Mit dem Umfang der Pflichten des Geschäftsführers im Rahmen der internen Unternehmensorganisation hat sich das OLG Nürnberg in einer rezenten Entscheidung auseinandergesetzt (OLG Nürnberg 30. März 2022, 12 U 1520/19). Nach Ansicht des Gerichts gebiete es die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers, eine interne Organisationstruktur zu schaffen, die die Rechtmäßigkeit und Effizienz des Handelns der Gesellschaft gewährleistet. Zwar hafte der Geschäftsführer nicht für fremdes Verschulden seiner Mitarbeiter, ein relevanter Sorgfaltspflichtverstoß sei aber bereits dann gegeben, wenn durch ein unzureichendes Kontrollsystem das Fehlverhalten erst ermöglicht oder auch nur erleichtert wird.
Auch die Anforderungen an ein Compliance-Management-System hat das OLG Nürnberg konkretisiert: So betont das Gericht, dass es insbesondere auf präventive Maßnahmen ankommt. Die Kontrolle darf nicht erst dann einsetzen, wenn ein Missstand festgestellt wurde. Auch bedarf das System einer gewissen Intensität, die sich je nach Gefahrgeneigtheit der Arbeit und Gewicht der zu beachtenden Vorschriften nicht in gelegentlichen Überprüfungen erschöpfen darf.
Für die Praxis ergibt sich daraus zweierlei: Es bedarf eines Compliance-Management-Systems, welches eine präventive und adäquate Kontrolle gewährleistet. Dieses ist in regelmäßigen Abständen zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen. Geschäftsführer sollten sich darüber hinaus vergewissern, dass sie auch bei Delegierung der Kontroll- und Überwachungsaufgaben an Mitarbeiter stets ein ausreichendes Maß an "Oberaufsicht" über diesen wichtigen Bereich wahrnehmen, denn nur so lässt sich das Risiko einer Organhaftung mitigieren.
Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß der CSRD
Der europäische Green Deal ist die Strategie der EU, um ihre Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris umzusetzen und Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Teil dieses großen Pakets an politischen Maßnahmen ist auch die kürzlich in Kraft getretene Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD).
Mit dieser Richtlinie werden detailliertere Berichtspflichten eingeführt, die sicherstellen, dass sich insbesondere große Unternehmen und kapitalmarktorientierte KMUs noch mehr als bisher mit Nachhaltigkeitsaspekten wie Umwelt, sozialen Rechten, Menschenrechten und Governance-Faktoren auseinandersetzen und dadurch auch das eigene Wirken auf Mensch und Klima besser reflektieren. Künftig haben Unternehmen über diese Themen im Sinne der sog. doppelten Wesentlichkeit zu berichten: Einerseits muss die Wirkung von Nachhaltigkeitsaspekten auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens dargelegt werden. Andererseits sind auch die Auswirkungen des Betriebs auf Nachhaltigkeitsaspekte anzuführen.
Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), die im Auftrag der Kommission die Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) entwirft, hat bereits erste Entwürfe veröffentlicht, die schließlich mit Juni 2023 verabschiedet werden sollen. Den betroffenen Unternehmen ist zu raten, sich bereits jetzt mit dem neuen Regelwerk vertraut zu machen, zumal die Bestimmungen für große Unternehmen von öffentlichem Interesse bereits für jene Geschäftsjahre gelten, die ab dem 1. Januar 2024 beginnen.
Über den Autor
RA Dr. Clemens Hasenauer, LL.M., MBA ist Speaker beim CFO Forum 2023 und Managing Partner, bei CERHA HEMPEL in Wien. Tätigkeitsschwerpunkte: M&A-Transaktionen, Gesellschafts-, Übernahme-, Kapitalmarktrecht & Umgründungen. Er leitet das auf M&A und Übernahmen spezialisierte Corporate Transactions Department.