Business Circle: Sehr geehrter Herr Michels, vom KSV1870 haben ja viele eine andere Wahrnehmung und bringen das Unternehmen eher mit Bonitätsprüfungen in Verbindung. Seit wann zählen auch Digitalisierungsprojekte zu den Dienstleistungen?
Walter Michels: Die drei Säulen des KSV1870 sind weiterhin Information, Inkasso und Insolvenz. Doch innerhalb dieser Bereiche fokussieren wir seit Jahren sehr stark darauf, Produkte, Prozesse und Services zu digitalisieren und an moderne Gegebenheiten anzupassen. Dabei stehen stets die immer individueller werdenden Kundenbedürfnisse im Mittelpunkt, und wir stellen uns laufend die Frage, wie wir Unternehmen optimal unterstützen können, um deren Geschäftsrisiko zu minimieren – in vielen unterschiedlichen Facetten. Im Falle von KSV1870 SmartServices bedeutet das, invoice2cash-Prozesse outzusourcen und zu digitalisieren. Dadurch bleibt den Unternehmen mehr Zeit, um sich auf ihr eigentliches Kerngeschäft zu konzentrieren – trotzdem werden ausstehende Forderungen professionell betrieben.
BC: Auf ihrer HP firmieren Sie als „Business Solution Architekt“, können Sie uns kurz skizzieren, wie Sie zu dem gekommen sind, was Sie jetzt tun?
Michels: Nach jahrzehntelanger Erfahrung im Rechnungswesen in der Steuerberatung/Wirtschaftsprüfung, Erwachsenenbildung und der Finanzleitung habe ich mich vor rund zwei Jahren entschlossen, mich innerhalb des KSV1870 beruflich neu zu orientieren. Ich bekam die Chance, meine Fähigkeiten in der Prozess-Automatisierung und verstärkt im Projetmanagement einzusetzen, worüber ich sehr dankbar bin. Mir ist es immer ein Anliegen, mit Personen auf „hands-on“-Basis zusammenzuarbeiten, um etwas „zu schaffen“. Das ist gerade bei neuen Projekten ein wesentlicher Erfolgsfaktor, weil man gerade zu Beginn noch nicht genau weiß, wie sich das jeweilige Projekt entwickeln wird.
BC: Mit welchen KPIs / Kennzahlen messen Sie den Erfolg bei der Digitalisierung von Prozessen?
Michels: In der Buchhaltung zählt der prozentuale Anteil an automatischen Buchungen zu den wichtigsten KPIs zur Messung der Digitalisierung. Um die Leistung qualitativ zu messen, sind tagfertige Verarbeitungen und Fehlerquoten in der Verarbeitung geeignete KPIs. Für uns ist der entscheidende Aspekt, Lösungen zu finden, die den Unternehmen nachhaltig was bringen: Das kann eine Risikominimierung sein, eine Qualitätssteigerung oder wie bei KSV1870 SmartServices, die Sicherung der Liquidität der Unternehmen. Denn die ist für alle ein ganz entscheidendes Kriterium, um langfristig erfolgreich zu sein. Wir wissen: Ohne finanzielle Mittel wird es schwierig, zu reüssieren.
Debitorenbuchhaltung als wertschöpfender Prozess
BC: Fokussieren Sie bei der Digitalisierung eher auf Umsatzsteigerung oder auf Kostenersparnis oder auf beides gleichermaßen?
Michels: Eine moderne Debitorenbuchhaltung fokussiert auf Faktoren wie Schnelligkeit, Genauigkeit, einfache Handhabe und digitale Prozesse. Das gilt in erster Linie in Richtung der Kunden, genauso aber auch inhouse. Denn funktionierende Prozesse sind die Basis, um höhere Umsätze zu generieren. Denn eine rein fiskal- und Jahresabschluss-orientierte Debitorenbuchhaltung wird vor allem als rechtliche Notwendigkeit gesehen und nicht unbedingt als wertschöpfend empfunden.
BC: Zeit ist Geld: Wie lässt sich eine Zeitersparnis quantifizieren?
Michels: Für einen Controller drückt sich die Mengeneinheit Zeit in den Personalkosten und im Headcount aus. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verlangt bei gegebenen Mitteleinsatz ein Maximum an Output zu erreichen. Das bedeutet, die durch die Digitalisierung gewonnene Zeitersparnis sollte in wertschöpfende Tätigkeiten investiert werden.
BC: Wie lange dauert die Roll-Out Phase einer Prozessdigitalisierung typischerweise? Welche Widerstände sind es, die vor allem zu überwinden sind?
Michels: KSV1870 SmartServices sind eine modular aufgebaute ready-to-go Lösung, die im Idealfall rasch in eine bestehende IT-Landschaft eines Unternehmens eingegliedert werden kann. Das hängt aber auch immer ein Stück weit von den bestehenden Systemen „vor Ort“ ab. Unser Plan ist, dass der „Onboarding-Prozess“ für gewöhnlich nicht länger als ein Monat dauern soll.
BC: Abschließend noch etwas Persönliches: Wird die RECON Ihre erste physische Konferenz seit zwei Jahren sein? Und worauf freuen Sie sich am meisten?
Michels: Nach guten zwei Jahren voller Webinare und digitaler Konferenzen freue ich mich darauf, endlich wieder Live-Publikum anstatt eines Bildschirmes vor mir zu haben. Trotz aller Vorteile, die digitale Konferenzen bieten, und wir alle sind sehr froh darüber, dass es diese Möglichkeiten zuletzt gab, die unmittelbare Interaktion mit den Teilnehmern auf persönlicher Ebene liefert ein besseres Feedback als es in virtuellen Meetings der Fall sein kann. Der Mensch ist nun mal ein soziales Wesen.
Der gebürtige Oberösterreicher und Betriebswirt Walter Michels hat seine Berufslaufsbahn in der Erwachsenenbildung als Trainer für Buchhaltung, Bilanzierung und Steuerrecht begonnen. In Folge war er als Berufsanwärter in der Steuerberatung/Wirtschaftsprüfung und anschließend als Leiter Finanzen tätig. Seit 1. März 2021 hat Walter Michels KSV-intern in das Forderungsmanagement gewechselt und trägt dort die Verantwortung für den Aufbau der neuen KSV1870 SmartServices, an deren Produktentwicklung er maßgeblich beteiligt war. Am 12. Mai 2022 ist er auf der RECON Gastgeber eines Workshops zum Thema „Digitales 360° - Forderungsmanagement“.
Zur RECON 2022