Gerhard Pichler eröffnete als Gastgeber am 29.9. nach einer „Gefühlten Ewigkeit“ ohne Live-Konferenzen das Vorabendprogramm. Neben der finanziellen Unternehmensführung war und ist Leadership ein großes Thema des CFO Forums, und der erste Key Note Speaker holte die anwesenden CFOs buchstäblich von ihren Sesseln:
Sebastian Körber: Emotionales Selbstmanagement
Sebastian Körber hat sich als Trainer und Vortragender auf Organisationsentwicklung spezialisiert. Er begann seinen Vortrag damit, klar zu machen, wie man Personen schon auf den ersten Blick beurteilt und wie oft persönlich-subjektive Vorprägungen – um nicht Vorurteile zu sagen – den klaren Blick trüben können. Wie schafft man es, persönliche Sympathie und Antipathie zurückzustecken, wenn es dem Geschäft dient? Wie unterscheidet man privat und beruflich? Zunächst einmal heißt es, anzuerkennen, dass jeder ein unterschiedliches Mindset und einen unterschiedlichen Wertekanon hat. Emotionales Selbstmanagement bedeutet, selbst Herr seiner Wertvorstellungen zu sein und sich nicht von diesen manipulieren zu lassen. Sebastian Körber machte seine Botschaft noch deutlicher: Runter von den Sesseln und dahin, wo Entwicklung passiert: nämlich außerhalb der Komfortzone.
- Money makes you happy
- Wenn mich mein Partner einmal betröge, würde ich ihn/sie sofort verlassen.
Mit diesen zwei provokanten Fragen forderte er das Publikum auf, physisch Stellung zu beziehen und sich im Raum zwischen der einen Wand (starke Zustimmung) und der anderen (starke Ablehnung) aufzustellen. Das war natürlich mit einigen Aha-Effekten und vielen Lachern verbunden, so dass schon der Auftakt des 18. CFO Forums ein voller Erfolg war.
Bei sich rapide besserndem Wetter eröffneten Gerhard Pichler und Dieter Bornemann am Morgen des 30. Septembers das CFO Forum 2021 nun offiziell, und es ging gleich mit dem nächsten Highlight weiter:
Marc Aden Gray: CFO als „Chief fierceness officer”
Marc Aden Gray hat als Schauspieler unter anderem in “Matrix“ mitgewirkt und sorgte dafür, dass das „raus aus der Komfortzone“ weiter durchgehalten wurde. Die Matrix-Filme sind dabei eine gute Metapher für das Ausbrechen aus dem Gewohnten. Raus aus der Komfortzone heißt dabei aber nicht, dass man auf der anderen Seite nicht auch sichere Räume und Rückzugsorte für kreative Prozesse schaffen muss. Der CFO, der seine Leadership-Aufgabe wahrnimmt, muss als Chief Fierceness Officer muss in verschiedene Rollen schlüpfen können, etwa in die eines Warriors, eines Gardeners eines Adventurers oder eines Lovers, ist sich Marc Aden Gray sicher. Denn diese Rollen helfen, an Scheidewegen die Richtung vorzugeben.
Reinhard Florey, OMV: „Wir als Unternehmen, auf das geschaut wird“
Reinhard Florey gab in seinem mitreißenden Vortrag einen Einblick darüber, wie die OMV im Transformationsprozess zu nachhaltigerem Wirtschaften das Heft des Handelns in der Hand behält und sich nicht zum Getriebenen machen lässt. Die Transformation macht sogar Spass, weil die Zahlen gut aussehen und jetzt bereits Werte jenseits von Treibstofferzeugung generiert werden. Vieles was in einem Elektroauto verbaut ist, wird ursprünglich aus Öl gemacht. ´Wenn mit der Transformation rechtzeitig begonnen wird, sind auch die Stakeholder zufrieden. Eine nachhaltige Kunststoffwirtschaft muss so aussehen, dass Plastikmüll wieder als Rohstoff begriffen wird, aus dem wieder Neues entstehen kann. Ein solcher alternativer Ansatz lässt sich auch gegenüber Investoren gut verkaufen, wobei hier der CFO dafür verantwortlich ist, die richtigen Zahlen zu liefern. Der CFO eines der größten Unternehmen des Landes zeigte sich hier als Vorreiter im Transformationsprozess und gab viel mit, was die CFOs im Publikum für die finanzielle Führung ihrer Unternehmen nutzen können.
Zu einer schönen Tradition ist es geworden, dass Gerhard Marterbauer (Deloitte) das alljährliche CFO Stimmungsbarometer präsentiert: ESG rückt stärker ins Bewusstsein, immer mehr österreichische Unternehmen haben einen Nachhaltigkeitsplan, stellen ihr Reporting um und verfolgen die CO2-Ziele. Nicht zuletzt aufgrund des steigenden Drucks seitens von Kapitalgebern.
In der folgenden Podiumsdiskussion zum Thema EU-Taxonomie gaben Daniel Rath (RBI); Gerhard Hanke (Wienerberger); Walter Oblin (Post) und die per Live-Stream aus Paris zugeschaltete Caroline LeMeaux von Amundi zunächst ihre Statements ab, um sich dann darüber auszutauschen, wie man vom Wollen zum Tun kommt. Einig waren sich alle, dass die Auswirkungen des Green Deals gewaltig sein werden.
Peter Filzmaier: Warum sich Wirtschaft und Politik nicht verstehen
Der Politikwissenschaftler begann mit einer Analyse des vergangenen Wahlwochenendes. Wirtschaft und Politik verstehen sich deswegen oft nicht, weil ihrem jeweiligen Handeln gänzlich unterschiedliche Prinzipien zugrundeliegen. Dem Modell des Homo Oeconomicus steht das des Menschen als Zoon Politicon gegenüber. Der reinen Geldökonomie der Wirtschaft steht eine Informations- und Kommunikationsökonomie des Parteien- und Parlamentssystems gegenüber, in der auch die Medien eine große Rolle spielen.
Nach der CFO-Party am Donnerstagabend blieb es am Freitagmorgen nicht aus, weiter aus der Komfortzone gelockt zu werden: Polytec-CFO Peter Haidenek, seines Zeichens leidenschaftlicher Läufer und Triathlet, begleitete einmal mehr die mittlerweile traditionelle Laufrunde am Morgen des zweiten Tages. Gemeinsam mit Gerhard Pichler und weiteren knapp 20 motivierten Läufern traf er sich zu einem entspannten Morgenlauf durch die hügelige Landschaft des Südburgenlandes.
Jetzt Chance zu Strukturänderung nutzen: Bundesminister Martin Kocher
Es war uns eine besonders große Freude, Bundesminister Martin Kocher als Vortragenden beim CFO Forum begrüßen zu dürfen. Er referierte über die aktuelle Lage am Arbeitsmarkt sowie über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Lockdowns. Während in der so wichtigen Tourismusindustrie noch viel zum Vorkrisenniveau fehlt, ist die Baubranche fast schon überhitzt, insgesamt ist die befürchtete Insolvenzwelle noch nicht angerollt. Österreichs Wirtschaft hat also die Krise bisher noch glimpflich überstanden, jetzt muss die Chance für Strukturveränderungen genutzt werden, insbesondere standen noch nie so viel Mittel für Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung. Und diese werden auch gebraucht, weil dem Fachkräftemangel vor allem durch innerbetriebliche Weiterqualifizierung und lebenslanges Lernen entgegengewirkt werden muss.
„Die Wirtschaft hat gelernt, mit dem Wahnsinn umzugehen“ Johannes Kopf, AMS
AMS-Vorstand Dr. Johannes Kopf begeisterter das Publikum mit einer gelungenen Mischung aus Folien und Vortrag, selten werden Statistiken mit solchem Elan und Humor aufbereitet. Hatten 2019 noch durchschnittlich 500 Unternehmen Kurzarbeit angemeldet, waren es 2020 bis zu 120.000. Die Zahl der AMS-Mitarbeiter, welche Kurzarbeit bearbeiten, musste von 20 auf rund 1.000 aufgestockt werden. Kurzarbeit war ein gutes Medikament in der Krise, aber wie jedes Medikament hat es Nebenwirkungen wie etwa das Verlängern nicht tragfähiger Strukturen. Während die Leistungen des AMS in der Öffentlichkeit vor allem aus Sicht arbeitsloser Personen bekannt sind, stellte Dr. Kopf den CFOS vor, was das AMS für Österreichs Unternehmen leisten kann.
Den Abschluss, oder wie Dieter Bornemann es ausdrückte, die letzte Perle in einer langen Perlenkette, bildete Raiffeisen-Chefökonom Peter Brezinschek, der die für das Finanzmanagement so wichtige Frage der Inflationserwartungen analysierte. Ein großer Anstieg der Geldmenge sowie steigende Energie- und Transportkosten sorgen dafür, dass das Inflationspotential in den nächsten Jahren deutlich größer sein wird. Das Jahr 2023 wird hier entscheidend sein, um den Inflationspfad wieder zu verlassen.
Wie Gerhard Pichler in seiner Verabschiedung sagte, soll sich der gewohnte Rhythmus der CFO Foren wieder einstellen: Das CFO Forum 2022 wird am 19. / 20. Mai stattfinden.
Ein besonderer Dank gilt den Content-Partnern.
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