Was sind die Kriterien für den Ansatz einer Forderung auf einen Covid-19 Zuschuss im Jahresabschluss?
Grundsätzlich besteht auf die Gewährung von COVID-19-Zuschüssen kein Rechtsanspruch. Demnach wäre die Aktivierung einer Forderung auf den jeweiligen Covid-19-Zuschuss im Jahresabschluss – entsprechend AFRAC 6 (2015) Rz 20 – erst dann möglich, wenn die sachlichen Voraussetzungen am Bilanzstichtag erfüllt sind und der Zuschuss spätestens bei Aufstellung des Jahresabschlusses ohne Auszahlungsvorbehalt bewilligt wird. In der Praxis würde diese Sichtweise dazu führen, dass die Zuschüsse zum Bilanzstichtag 31.12.2020 regelmäßig (noch) nicht als Forderung bilanziert werden dürfen.
Der VfGH hat im Erkenntnis vom 14.7.2020, G 202/2020 festgehalten, dass die COVID-19-Hilfsmaßnahmen in gleichheitskonformer Weise und nach sachlichen Kriterien gewährt werden müssen und sprach unter Bezugnahme auf die Fiskalgeltung der Grundrechte und des Gleichheitssatzes einen Rechtsanspruch zu. AFRAC folgt dieser Ansicht in der Covid-19-Fachinformation (Dezember 2020) Rz 34.Demnach müssen für den Ansatz einer Forderung aber sowohl die
- sachlichen Voraussetzungen zum Bilanzstichtag erfüllt als auch
- der Antrag bis zur Aufstellung des Abschlusses gestellt worden sein oder nach der Auf-stellung des Abschlusses mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gestellt werden.
Somit ist die Aktivierung einer Forderung auf Covid-19-Zuschüsse dem Grunde nach bereits zu einem früheren Zeitpunkt möglich, zumal dafür die Bewilligung (ohne Auszahlungsvorbehalt) kein Kriterium darstellt.
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Wie sind Covid-19-Zuschüsse im Jahresabschluss zu bewerten?
Die Forderung auf einen Covid-19-Zuschuss darf entsprechend der AFRAC Covid-19 Fachinformation Rz 37 nur in jener Höhe aktiviert werden, in der die dem Zuschuss zugrunde liegenden Kosten bzw. Aufwendungen bis zum Bilanzstichtag tatsächlich angefallen sind. Damit erfolgt eine periodengerechte Abgrenzung des Zuschusses. Der bilanziell nicht berücksichtigte Teil ist gegebenenfalls im Anhang zu erläutern (§ 238 Abs 1 Z 10 UGB).
Bei Aufstellung des Jahresabschlusses ist auch zu prüfen, ob aufgrund der Auflagen und Bedingungen im Zusammenhang mit der Gewährung des jeweiligen COVID-19-Zuschusses der Fördertopf zum Bilanzstichtag womöglich bereits ausgeschöpft oder eine Rückzahlungsverpflichtung wahrscheinlich ist. Dabei ist - entsprechend der AFRAC Covid-19 Fachinformation Rz 40 – eine wirtschaftliche Betrachtungsweise anzustellen. Bei der Ermittlung der Eintrittswahrscheinlichkeit sind sämtliche Erkenntnisse (z.B. Verstoß gegen die Förderungsrichtlinie), die bis zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses gewonnen werden oder bei pflichtgemäßer Sorgfalt gewonnen werden können, zu berücksichtigen. In diesem Fall ist eine bereits aktivierte Forderung im Wert zu berichtigen. Bei bereits erfolgter Auszahlung der Förderung ist eine Rückstellung zu passivieren, bei tatsächlichem Eintritt der Rückzahlungsverpflichtung eine Verbindlichkeit auszuweisen.
Wie ist mit Covid-19-Zuschüssen umzugehen, die zwar vor dem Jahreswechsel angekündigt wurden, deren Rechtsgrundlagen (VO) jedoch erst im Jahr 2021 geschaffen wurden?
Die Covid-19-Hilfsmaßnahmen werden i.d.R. von der Bundesregierung oder dem zuständigen Bundesminister in ihren wesentlichen sachlichen Voraussetzungen zu einem Zeitpunkt verkündet, zu dem die finale schriftliche Umsetzung (VO) noch nicht vorliegt. Die später veröffentlichte VO könnte als rechtszustandsaufhellende Maßnahme gesehen werden, d.h. eine Berücksichtigung der COVID-19-Hilfsmaßnahme im Jahresabschluss wäre möglich, wenn die angekündigte Maßnahme am Abschlussstichtag mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststeht und die VO bis zur Aufstellung des Abschlusses erlassen wurde. Klicken Sie auf https://22bet-at.com/ und erhalten Sie exklusive Boni
Bspw. wurde der Umsatzersatz für alle Zulieferbetriebe und indirekt vom Lockdown betroffenen Unternehmen (Umsatzersatz II) noch vor dem Jahreswechsel angekündigt, die VO aber erst am 16.2.2021 erlassen. Nach der zuvor dargestellten Logik könnte die Bilanzierung einer Forderung auf den Umsatzersatz II zum Bilanzstichtag 31.12.2020 vertretbar sein, wenn die Aufstellung des Jahresabschlusses nach dem 16.2.2021 erfolgt.
Wie wirkt sich die Bilanzierung der Covid-19-Zuschüsse auf die steuerliche Gewinnermittlung aus?
Die Bilanzierung der COVID-19-Zuschüsse im Jahresabschluss ist auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich. Ein Auseinanderklaffen von Unternehmens- und Steuerbilanz soll – entsprechend der Zielsetzung der Verwirklichung einer Einheitsbilanz – damit verhindert werden.
Steuerlich ist zu beachten, dass COVID-19-Zuschüsse steuerfrei oder steuerpflichtig ausgestaltet sein können (eine detaillierte Aufstellung findet sich im EStR-Wartungserlass 2021 Rz 313h Entwurf). Bei steuerfreien Zuschüssen ist zu beachten, dass für Aufwendungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Zuschuss stehen, grundsätzlich ein steuerliches Abzugsverbot greift (§ 20 Abs 2 EStG bzw. § 12 Abs 2 KStG), wobei hiervon Ausnahmen bestehen (z.B. COVID-19-Investitionsprämie). Sind der zu kürzende Aufwand und der Zuschuss nicht demselben Veranlagungsjahr zuzuordnen (z.B. Aktivierung des Covid-19-Zuschusses im Jahresabschluss 2021, während die zu kürzenden Aufwendungen (teilweise) das Jahr 2020 betreffen), stellt die Gewährung des Zuschusses ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar („EStR-Wartungserlass 2021 Rz 313h Entwurf“).
Der Autor: StB Dr. Karl Stückler, BSc, LL.B. ist als Director und Prokurist bei BDO tätig. Seine Schwerpunkttätigkeiten sind nationale Rechnungslegung, Unternehmensbesteuerung, Abwicklung und Koordination mit Umgründungen, M&A-Transaktionen und Restrukturierungen sowie Start-ups & Venture Capitals. Neben seiner Tätigkeit bei BDO ist er auch als Univ.-Lektor an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt am Institut für Finanzmanagement tätig. Auf der RECON wird er am 9. September 2021 einen detaillierten Überblick über die COVID-19-Maßnahmen im Bilanz- und Steuerrecht geben.