BC: Haben Unternehmen die internen Kompetenzen für ein professionelles Datenmanagement?
Bodner: Bei kleineren Unternehmen ohne eigene BI oder IT-Abteilung, sind die internen Kompetenzen beim Datenmanagement in der Regel vermutlich nicht sehr ausgeprägt. Wobei es mittlerweile viele Software-Lösungen gibt, gerade im KMU Bereich, die das Datenmanagement automatisieren, standardisieren und dadurch auch professionalisieren. Bei großen Betrieben und internationalen Konzernen ist die Kompetenz in meinen Augen in aller Regel vorhanden, jedoch ist die Datenlandschaft auch meistens ungleich komplizierter. Gerade in Großkonzernen wird das Datenmanagement durch interne Legacy Systeme, Integration mit Datensystemen von zugekauften Firmen und oft auch leider mangelnde Dokumentation sehr erschwert. Das Problem ist aus meiner Sicht in aller Regel nicht die Kompetenz beim Datenmanagement, sondern die Schwierigkeit, mit knappem Budget einerseits möglichst schnell alle notwendigen Datenintegrationen zu schaffen, um den jeweiligen Business Case zu unterstützen und gleichzeitig alle Daten sauber zu integrieren und dokumentieren. In der Realität, bleibt gerade die Dokumentation oft auf der Strecke, wenn das Budget knapp wird.
BC: Wie können Unternehmen die Kompetenzen intern aufbauen?
Bodner: Gerade in den Fachbereichen werden sehr viele Daten in unzähligen Excelfiles generiert und gespeichert. Hier kann man ansetzen und den Endanwendern die Grundzüge von professionellem Datenmanagement anhand von Excel näher bringen: Wie sollten Daten in Excel organisiert sein? Wie können Daten automatisch validiert werden? Dadurch kann auch die Zusammenarbeit mit der IT bei Projekten vereinfacht werden, weil die Fachbereiche bereits strukturierter Anforderungen erfassen können. Zudem empfiehlt es sich die Power-User in den Fachbereichen zu identifizieren, die bereits sehr IT-affin sind (VBA Entwickler) und gezielt zu schulen. Datenkompetenz muss demokratisiert werden, um zu verhindern, dass einzelne Abteilungen (meistens IT/BI) zum Bottleneck werden.
BC: Finance, IT und Data Science: Wie hängen sie zusammen und vor allem, viel wichtiger, was wäre der Idealzustand?
Bodner: Finance ist ein Themengebiet, dass sich mit der Analyse von Finanzkennzahlen beschäftigt und Fragen zum Unternehmenserfolg beantworten will. Data Science stellt unterschiedliche Methoden zur Beantwortung dieser Fragen zur Verfügung und IT die Software, Hardware und Daten, um die Methoden anzuwenden. Der Idealzustand aus meiner Sicht wäre eine zunehmende Verschmelzung der Disziplinen, um Mitarbeiter zu befähigen ein Problem eEnd-to-eEnd zu bearbeiten und dadurch die Geschwindigkeit der Problemlösung zu erhöhen. Aktuell sind die Skillsets noch sehr divers und es ist schwierig, Mitarbeiter zu finden, die die gesamte Bandbreite abdecken können,. aber Ddurch die Verbesserung von No-Code/Low-Code Anwendungen wird sich das in Zukunft vermutlich ändern. Stichwort Citizen Data Science.
BC: Welche Bedeutung haben Daten für unternehmerische Entscheidungen?
Bodner: Hochwertige Daten sind für unternehmerische Entscheidungen essentiell, v.a. um die Entscheidungsfindung zu professionalisieren, aber nutzlos ohne die richtige Interpretation. Nehmen wir das Wetter als Beispiel: Würden Sie einen Schirm nur an geraden Tagen mitnehmen, weil es in der letzten Woche nur an geraden Tagen geregnet hat oder wenn die Vorhersage für Regen größer ist als 50 %? Offensichtlich ist der erste Ansatz Quatsch, aber gerade wenn Daten fehlen und Entscheidungen nicht so leicht quantifiziert werden können, ist es oft nicht so leicht Ansatz 1 von Ansatz 2 zu unterscheiden. Daten sollten die Basis für jede Entscheidung sein, aber uns nicht dazu verleiten, ihnen blind zu vertrauen.
BC: Wo stehen wir auf der Reise bei Data Driven Management? Ist die Anforderung an CFOs, CEOs, etc. noch größer geworden?
Bodner: Die meisten Betriebe sind erst am Anfang ihrere Reise. Die Anforderungen sind definitiv gestiegen in meinen Augen. Der Wettbewerb ist globaler und intensiver als früher. Entscheidungen haben dadurch oft schneller und weitreichendere Konsequenzen ,- sowohl positive als auch negative. Gerade deshalb ist es essenziell, so gut wie möglich einen wissenschaftlichen, standardisierten Ansatz bei der Entscheidungsfindung zu verfolgen. Dadurch können Standardentscheidungen schneller und besser getroffen werden und das Top-Management kann sich auf strategisch wichtige Entscheidungen fokussieren.
Über Christoph Bodner
Veranstaltungstipp:
Digital Finance Forum | 20. / 21. Oktober 2022, Wien