Gastgeberin Romy Faisst begrüßte am 28./29. April 2016 rund 120 Entscheider der heimischen Immobilienwirtschaft, die sich im idyllischen Stegersbach inspirieren ließen. 35 Experten, Vordenker, Visionäre und Praktiker zeigten den starken Wandel der Branche auf und gaben Impulse und Antworten, um für die Zukunft gewappnet zu sein.
Stefan Schilbe von HSBC Trinkaus & Burkhardt eröffnete den Vortragsreigen: „Der schwache Euro und der niedrige Ölpreis müssten eigentlich die Konjunktur in Europa beleben. Stattdessen sehen wir eine steigende Staatsverschuldung und eine Wirtschaftselite, die „Helikopter-Geld“ als Handlungsoption zusehends in Erwägung zieht. Dabei ist das eigentliche Problem die allseits geringe
Investitionstätigkeit, die aktuell etwa 12 Prozent unter dem Niveau von 2008 liegt. Und das, trotz der historisch tiefen Kreditzinsen“. Den österreichischen Immobilienmarkt sieht er „im internationalen Vergleich als teuer“ an. Insgesamt zeigt er sich für die Immobilienbranche optimistisch: „Aufgrund mangelnder Alternativen besteht nach wie vor größtes Interesse an Immobilien-Investments.“
Stefan Schilbe von HSBC Trinkaus & Burkhardt in Düsseldorf über die EZB-Geldpolitik
Harry Gatterer vom Zukunftsinstitut stimmte die Teilnehmer auf die kommenden Herausforderungen und neuen Geschäftsmodelle durch die digitale Transformation ein. „Innovation entsteht durch das Verändern des eigenen Denkens. Wir lieben das Einfache, doch unsere Gesellschaft ist komplex. Die rasanten Entwicklungen sind für die meisten Wirtschaftsverantwortlichen nur schwer zu interpretieren. Das schafft Verunsicherung. Die Sharing Economy etwa wird die Immobilienbranche grundlegend verändern. Es handelt sich hierbei um keinen Trend, sondern Sharing ist eine zentrale Kulturtechnik des 21. Jahrhunderts“, so der Zukunftsforscher.
Anschließend folgte eine Diskussion mit den Immo-Profis Martin Lenikus, Michael Pech und Bernd Riessland über den Dauerbrenner „geförderter Wohnbau“ und wie zeitgemäß dieser noch sei. Für Immobilienentwickler Lenikus habe dieser noch „eine Berechtigung. Doch die zahlreichen Auflagen würden die Baukosten verteuern. Deswegen sind wir in diesem Bereich nicht mehr tätig.“
ÖSW-Chef Pech sieht vor allem Erben in der glücklichen Lage, sich eine freifinanzierte Wohnung leisten zu können. Grundlegende Einigkeit herrschte, dass die bestehenden Förderstrukturen berechtigt, aber veraltet sind.
Christoph Chorherr von den Grünen begeisterte mit seiner Sicht der modernen Stadtentwicklung: „Wien befindet sich in der baulich expansivsten Phase seiner Geschichte. 46 Prozent der Wiener Haushalte werden bereits von Singles gestellt. Somit müssen neue Wohnungen errichtet werden. Da braucht es aber Konzepte für ganze Stadtteile und nicht nur Siedlungen.“
Er wies auch auf den wachsenden Wohnanspruch hin: „Während in den 1970er noch rund 20 Quadratmeter Wohnfläche pro Person genügten, sind es heute etwa doppelt so viel.“ Wohnen muss aus einer Sicht unbedingt leistbar bleiben: „Der Einkommensmedian liegt in Österreich bei rund 18.000 Euro netto pro Jahr. Die Bürgerinnen und Bürger sollten davon 30, maximal 40 Prozent ihres Einkommens für Wohnen ausgeben. Daraus ergeben sich auch die von der Politik anzustrebenden Mietpreise. Das könnte etwa durch Baurechtslösungen gelingen, wo die Stadt Wien Eigentümer der Liegenschaften bleibt. An einer Verdichtung der Städte führe kein Weg vorbei, sie ist viel mehr wünschenswert, weil sie eine entsprechende Nahversorgung und Infrastruktur ermögliche“, so Chorherr.
Lutz Wagner, ehemaliger FIFA Schiedsrichter zog am Ende des ersten Konferenztages aufschlussreiche Analogien über „Entscheidungsprozesse in der Wirtschaft oder als Schiedsrichter".
Besser falsch als gar nicht entscheiden
so sein Credo. Nicht nur fussballafine Teilnehmer waren begeistert vom humorvollen und temporeichen Vortrag.
Tag wurde mit dem Thema „Industrialisierung in der Bauwirtschaft“ eröffnet: Unternehmer Hubert Rhomberg von Rhomberg Bau und Boris Podrecca, renommierter Architekt, zeichneten auf eindrucksvolle Weise die Spannungsfelder rund um die Seele der Architektur bei zu starker Industrialisierung auf. Geht es nach Rhomberg ist der Weg zum „Amazon für Immobilien“ nicht mehr weit.
Round Tables und Workshops in den Kerndisziplinen des Immobiliengeschäft boten Themenvielfalt und die bewährte Gelegenheit zum Fachaustausch in kleinen Diskussionsrunden.
Starke Experten und viel Know-How gab es auch heuer wieder im Hotelimmobilienstream unter der Leitung von Martina Maly-Gärtner.
Der 11. Real Estate Circle findet am 6./7. April 2017 wieder in Stegersbach statt.