Der Charme eines eigenen Unternehmens
Ein Unternehmen zu gründen und zu führen hat einen besonderen Charme. Allerdings muss man sich als Unternehmer auch oft mit Themen beschäftigen, die weniger Spass machen und mit dem eigentlichen Geschäft nichts zu tun haben. Neben Buchhaltung, Umsatzsteuervoranmeldungen, Versicherungen, Belegsammlung, Rechnungen schreiben und zahlen, Finanzplanungen gehören auch finanzfremde Themen dazu, wie eine Website vernünftig aufzusetzen oder die Rechner miteinander zu verknüpfen.
Die Lebensrealität vieler Unternehmer ist, daß all diese Aufgaben an Wochenenden erledigt werden. Aber auch Unternehmer brauchen freie Zeit und Erholung, um wieder Kraft zu schöpfen, sonst leidet die eigene Produktivität.
Finanzdienstleistungen digitalisiert
Der Ausweg liegt in der Digitalisierung. Dienstleistungen, die es vor Jahren noch gar nicht als solche gab, stehen heute per App zu jeder Zeit und an jedem Ort zur Verfügung und werden von Unternehmern gerne in Anspruch genommen. Dadurch hat sich auch das Konsumverhalten und der Anspruch des Kunden geändert. Und genauso, wie sich dieses Verhalten geändert hat, sollten auch Finanzdienstleistungen angepasst und vom Kunden hergedacht werden.
Insbesondere im Firmenkunden- und gewerblichen Sektor drängen derzeit viele neue Anbieter und Lösungen auf den Markt. Die Nutzung der modernen Werkzeuge verschafft denen, die sie richtig und umfänglich einsetzen, Vorteile über das Kerngeschäft hinaus. Im Umkehrschluss haben diejenigen, die das nicht schaffen, neben der Konkurrenz im Kerngeschäft auch noch Konkurrenz auf Prozessebene. Der Druck erhöht sich, die Konkurrenz kann besser planen und hat häufig eine andere Kostenbasis. Ein Kreislauf, der vielen Unternehmen das Leben zusätzlich erschwert.
Trotz dieses Wandels, sowohl im Markt, als auch im Konsumentenverhalten, hinken die Angebote der Banken hinterher. Es wird immer noch in die Welt der Bankangebote und den Rest unterteilt. Aber Unternehmen ticken anders und die Hilfestellungen für Unternehmen müssen andere sein, damit sie für die Zielgruppe relevant sind.
Umdenken im Bankensektor
Banken müssen verstehen, dass sie nicht mehr nur von sich ausgehen dürfen, sondern von der Kundenseite denken müssen - ein komplettes Umdenken ist notwendig. Denn mit Angeboten neuer FinTech Marktteilnehmer werden solche zentralen Punkte wie das Business Banking plötzlich von Anbietern angeboten, die ihre Produkte aus Kundensicht konzipieren, mit Kunden zusammen entwickeln und das Banking nur als einen Teil betrachten.
Durch diesen Ansatz haben Fintechs einen enormen Vorteil, weil sie durch Empathie für die Lebensrealität der Unternehmen und Unternehmer eine ungleich bessere Nutzererfahrung bieten. Banking wird kontextuell und im Zusammenhang mit anderen Themen betrachtet und nicht mehr als alleinstehende und zentrale Lösung begriffen. Ein konkretes Beispiel: Niemand wacht morgens auf und wünscht sich umgehend eine Finanzierung - stattdessen ist der Wunsch da, die notwendige Investition zu tätigen oder den Großauftrag anzunehmen. Und um dies umzusetzen, ist eine Finanzierung notwendig, die der Kunde genau dann und dort angeboten bekommen sollte, wo er sie braucht. Der Kontext ist der Wunsch des Kunden, die Finanzierung nur Mittel zu ebendiesem Zweck.
Ohne dieses Umdenken werden es traditionelle Bankhäuser schwer haben, künftig die so wichtige Interaktion mit dem Kunden zu halten. Sie lassen sich mehr und mehr in den Hintergrund drängen und werden nur ihrem Selbstverständnis gerecht, Produktanbieter zu sein. Aber das reicht nicht, weil die Kunden künftig weniger Einzel-Produkte konsumieren, und stattdessen Leistungen verlangen, die in ihrem Lebenskontext die Aufgaben erledigen, die für sie relevant sind. Das Produkt selbst rückt in den Hintergrund und ist im besten Falle gar nicht mehr sichtbar.
Über den Autor:
Marko Wenthin ist CEO bei Penta und Vortragender beim Banking Summit Vienna 2020 am 14. / 15. Mai 2020