Was sind die größten Herausforderungen für Santander in den nächsten 10 Jahren?
Was uns als Santander in Deutschland vor allem bewegen wird, ist der Wandel von einer sehr erfolgreichen Konsumentenkredit-Bank hin zu einer modernen und ebenso erfolgreichen Omni-Channel Bank. Diesen Weg haben wir bereits eingeschlagen, er erfordert aber weit mehr als die Bewältigung von technischen Herausforderungen. Er bedingt auch einen Wandel im Mind-Set, die Customer Journey front-to-end zu denken und alle zentralen- und dezentralen Prozesse konsequent darauf auszurichten. Dem Kunden geht es heute um ein gutes Serviceerlebnis – dass müssen wir bieten.
Ein zentraler Dreh- und Angelpunkt sind damit unsere Mitarbeiter. Für mich eine weitere Herausforderung: der Kampf um Talente. Was können wir unseren Mitarbeitern bieten und welche Anforderungen stellen sie zukünftig an ihre Aufgaben und ihr Arbeitsumfeld? Gleichzeitig werden wir in 10 Jahren andere Profile einstellen, als wir das heute noch tun. Im Backoffice werden diese z.B. viel stärker analytisch und technisch geprägt sein.
Als Risikovorstand muss ich zudem natürlich auch eine sich abkühlenden Wirtschaft sowie die Themen rund um Non-Financial-Risks im speziellen Cyber- und Technologie Risiken im Blick behalten.
Wie verändert sich das (Credit) Risk Management technologisch, personell, organisatorisch?
Das sehe ich sehr amivalent. Einerseits sehe ich eine deutliche Technisierung der Profile. Speziell in den Bereichen der standardisierten Kreditentscheidung, im Reporting aber auch in der Entwicklung von Entscheidungsmodellen. Manuelle, wiederkehrende Aufgaben oder standardisierte Auswertungen werden von Robots übernommen. Entscheidungsmodelle werden AI-Komponenten beinhalten. Damit einhergehend werden deutlich weniger der klassischen Risk-Management und Risk-Controlling Profile benötigen. Die Anforderungen an technische Skills und Analysefähigkeiten steigt gleichzeitig.
Andererseits benötigen wir zukünftig verstärkt Profile, die in der Lage sind sehr kreativ und übergreifend zu arbeiten. Das Denken in Szenarien und das Antizipieren von Entwicklungen wird speziell im Bereich der Non-Financial-Risks zentral sein. Fähigkeiten wie Storytelling, die klassischerweise nicht im Risk Management zu Hause sind, gewinnen als Softskill an Bedeutung.
Und es wird zukünftig auch stärker um das Thema Haltung und Ethik gehen. In den Jahren seit der Finanzkriese haben wir gesehen, dass eine überbordende Regulierung nicht die gewünschten Effekte erzielt. Letztlich lässt sich nicht alles in Regeln gießen. Wir sind darauf angewiesen, dass unsere Mitarbeiter das richtig tun. Das bedeutet, Banken werden verstärkt auch an der richtigen Kultur arbeiten.
Banking neu denken - Was bedeutet das aus Sicht von Santander?
Wenn Sie in die Value Proposition von Grupo Santander schauen, steht dort nicht mehr das Wort Bank, sondern Financial Services Plattform. Ich denke das bringt es auf den Punkt.
Was heißt das konkret für uns in Deutschland. Neben unserer bereits erwähnten Entwicklung zu einer Omni-Channel Bank denken wir auch unsere Welt der Konsumgüterfinanzierung neu.
Als bisheriger Marktführer in der Warenfinanzierung am Point-of-Sale geht es nun darum, unseren Händlerpartnern gute Produkte für deren Online-Shops anzubieten. Gleichzeitig muss das Erlebnis für den Endkunden passen – er will auf Raten oder Rechnung kaufen und dabei möglichst wenige Informationen über sich Preis geben. Andererseits erwartet er einen vernünftigen und professionellen Umgang, sollten Zahlungsschwierigkeiten auftreten.
Neben unserer Marktführerschaft in der Warenfinanzierung sind wir auch größter herstellerunabhängiger Autofinanzierer in Deutschland. Zukünftig geht es dabei nicht mehr nur um die Finanzierung von Autos, sondern darum, unseren Kunden Mobilität in ihren zahlreichen Facetten zu ermöglichen. Wir bewegen uns also weg, von einer Welt der klassischen Finanzprodukte, hin zu einer Welt der Services.
Gleichzeitig wollen wir hier als verantwortungsbewusste und nachhaltige Bank über unsere Zusammenarbeit mit Universitäten auch die Forschung und Entwicklung im Bereich Mobilität der Zukunft unterstützen. Zum Thema Nachhaltigkeit im Banking gehört für mich auch eine klare Position, mit welchen Branchen wir als Bank zukünftig Geschäfte machen wollen.
Wie sehen Sie die Rolle der Fintechs einerseits und der Tech. Riesen andererseits?
Daimler und BWM kooperieren, um sich bei Roboterautos nicht von Google und Tesla abhängen zu lassen. Auch Santander geht kleinere Kooperationen ein, um sich gegenüber Google, Amazon und Co zu positionieren. Die Tech. Riesen decken damit heute ein sehr breites Spektrum ab und treiben die etablierten Player aller Branchen zur Weiterentwicklung und Innovation. Ihre Stärke ist das zur Verfügung stehende Kapital. Ihr Schwachpunkt das fehlende Vertrauen beim Umgang mit Kundendaten.
Die Fintechs unterliegen kaum aufsichtsrechtlicher Beschränkungen und sind sehr flexibel; sie können damit Punkten, aktuell einfach schneller und wendiger das Kundenbedürfnis nach Digitalisierung und customized Produkten zu erfüllen. Allerdings haben die meisten Fintechs, anderes als wir Banken, noch keinen wirtschaftlichen Downturn durchschritten. Hier wird sich noch unter Beweis stellen müssen, wie robust die Geschäftsmodelle tatsächlich sind.
Trend Topics AI & Blockchain – wie bewerten Sie diese Technologien und Ihr Potential für Banking allgemein und für Risk Management im Besonderen?
Für mich sind das sehr spannende und vor allem nützliche Tools. Sie werden uns Banken ermöglichen kosteneffizient zu arbeiten und werden uns signifikant in unseren Entscheidungsprozessen unterstützen. Sowohl in der Kreditentscheidung aber auch bei der Portfolioüberwachung und im Reporting sehe ich viele Einsatzmöglichkeiten.
Ungeklärt ist für mich jedoch der regulatorische Teil dieser neuen Technologien. Wenn wir als IRBA-Institut eine neue Scorekarte implementieren wollen sind die Dokumentationspflichten und der Prüfungsumfang seitens der EZB sehr aufwendig. Wenn Kreditentscheidungen zukünftig mit Unterstützung von AI-Komponenten getroffen werden, gibt es in Bezug auf ein Zulassungsverfahren noch viele offene Fragen.
Jochen Klöpper ist CRO der Santander Consumer Bank. Davor war er in der selben Funktion bei der BAWAG P.S.K. tätig.