Der Erfolg des Einsatzes von Daten im Zuge der Digitalisierung hängt immer davon ab, ob wir die richtigen Fragen stellen - also wenn wir die Daten, die wir zur Verfügung haben, nicht dazu nutzen, um vorgefasst Antworten zu untermauern, sondern um Fragestellungen zu finden, an die wir zuvor vielleicht noch gar nicht gedacht haben.
Das war die BIT 2018
Daten und digitale Transformation
Der Big Data Guru der Universität Oxford Viktor Meyer Schönberger eröffnete die 17. BIT mit einer faszinierenden Key Note zu den Möglichkeiten, Zukunftsvisionen aber auch Gefahren und ethnischen Grenzen, die die ungeheuren Mengen an Daten, die heutzutage erfasst werden, ermöglichen.
Die Schwierigkeit des Entscheidens am Markt ist die Verfügbarkeit von Information. Wenn jeder Mensch im Marktgeschehen frei selber entscheiden kann bzw. muss, braucht er dafür unglaublich viel Information. Die bisherige Abkürzung dafür ist der Preis bzw. die Preis-Information. Wenn wir uns aber nur den Preis eines Produktes oder einer Leistung an sich ansehen, treffen wir teilweise die falschen Entscheidungen, weil Detailinformationen verloren gehen.
Viktor Mayer Schönberger
Heutzutage haben wir deutlich mehr Daten zur Informationsunterstützung. Soziale Netzwerke, Informations- und Vergleichsplattformen und eine Reihe anderer digitaler Entscheidungshilfen führen dazu, dass der wesentliche Informationsfaktor nicht mehr der Preis sondern die verfügbaren Daten sind. Das führt zu datenreichen Märkten, die wesentlich effizienter funktionieren als reine preisbasierte Systeme - so Schöneberger.
Was bedeutet das jetzt für unser aktuelles Wirtschaftssystem?
Superstarfirmen wie Google, Amazon, Uber, AirB&B etc. sind in Wahrheit Firmenbetreiber von datenreichen Märkten - Werbemarkt , Musik, Ridesharing, Unterkünfte und so weiter. Das sind alles Firmen, die das sogenannte Datenschutzparadoxon verstanden haben:
Alle wollen Datenschutz und allen ist es wurscht
Die Menschen wollen nicht wirklich Datenschutz - sie wollen eine ernstzunehmende Gegenleistung für die Breitstellung ihrer Daten. Der Umgang mit dieser Thematik wird massiven Einfluss auf die Geschäftsmodelle der Zukunft haben - insbesondere in einem Bereich in dem es um so sensible Daten geht, wie etwa im Banking.
Neben all den Vorteilen, die datenreiche Märkte dem Konsumenten bringen können, bergen die Digitalisierung und damit einhergehende Datenflut auch ein zentrales Problem. Die Gewinner der digitalen Transformation (Superfirmen) kontrollieren eine Unmenge an Daten - kontrollieren damit aber auch zum Teil deren Verfügbarkeit und Distribution. Es besteht damit die Gefahr, dass diese Superfirmen aus den an sich positiven datenreichen Märkten quasi-planwirtschaftliche Systeme machen. Die große Herausforderung der Zukunft wird sein, das zu verhindern.
Digitale Transformation und Banking
Nach dem Impuls von Dr. Schönberger machte ein hochkarätiges Panel bestehend aus Herbert Walzhofer, Markus Dauber, Stefan Seyler und Viktor Schönberger den Brückenschlag von der digitalen Transformation an sich hin zur Zukunft das Banking und kommenden Veränderungen.
V.l.n.r Stefan Seyler, Deutsche Apothekerbank / Markus Dauber, Volksbank in der Ortenau / Maggie Childs, Metropole Magazine / Herbert Walzhofer, Sparkasse Oberösterreich / Viktor Mayer Schönberger, University of Oxford
Nach dem Banking des Jahres 2040 gefragt waren sich die Teilnehmer einig, dass es den klassischen Banker, wie er jetzt existiert, in 20 Jahren wohl kaum noch geben wird, eine Bank jedoch einige zentrale Aufgaben erfüllt, die sich auch zukünftig als wertvoll erweisen werden.
Die finanzwirtschaftliche Expertise mit der Real-Wirtschaft zu vernetzen wird immer eine zentrale Aufgabe des Banking sein so Dauber. Für Schönberger basiert die Bankenbranche auf Vertrauen und ist damit zutiefst irrational. Daher ist für ihn die Rolle der Bank nicht die der besseren Entscheidungsmaschine, sondern die des besseren irrationalen Gegenübers, der mich versteht und dem ich Vertrauen entgegen bringen kann.
Für Stefan Seyler liegt die Zukunft der Branche verstärkt in Mehrweitleistungen weil die klassische Bank-Dienstleistung immer austauschbarere wird. Das könnten zb Veranstaltungen sein oder Tools wie Vermittlungsservices oder betriebswirtschaftliche Beratung.
Zu Beginn des Automobilzeitalters war es keine gute Idee, eine bessere Pferdekutsche zu entwickeln
Für Herbert Walzhofer wird es vor allem spannend zu sehen, was die DSGVO aus dem Bankgeschäft machen wird. Er sieht die Rolle der Bank in Zukunft mehr als Vermittler als bisher als Produktverkäufer.
Die Teilnehmer waren sich alle einig , dass die Herausforderung Beratung und Sevices mehr zu induvidualisieren, darin besteht, das Mandat des Kunden zu gewinnen. Wenn Banken eine merkbare Gegenleistung für die zur Verfügung gestellten Daten bieten wollen, diese Daten aber kaum verwenden bzw. überhaupt verspeichern dürfen, muss das Grundvertrauen des Kunden gegenüber Banken gestärkt werden, um positiv auf den Markt zugehen und die Daten zur Verbesserung der Leistungen nutzen zu können.
Die zentralen Key-words im Banking der Zukunft sind demnach Vertrauen und Mehrwert. Begriffe die auch im weiteren Verlauf der Bit noch mehrfach behandelt wurden.
Banking vs. Open Banking: Threats and Opportunities
Einen ganze Menge an Vertrauen wird die Einführung von Application Based Inferfaces - auch Open Banking genannt- sowohl vom Konsumenten als auch von den Banken gegenüber den jeweiligen Providern verlangen. Zu diesem Thema diskutierten Florian Haagen, Petr Gaba, Christian Wolf und Mathias Maehner im API Stream der BIT 2018.
Florian Haagen, FinAPI / Petr Gaba, Ceska Sporitelna / Christian Wolf , RBI / Mathias Maehner, floribus
Getrieben von den Erwartungen des Konsumenten, neuen Technologien und neuem digitalem Wettbewerb bietet Open Banking eine ganze Reihe an Möglichkeiten für externe Anbieter von diversen "application based services". Und genau an dieser Stelle wird die Vertrauensfrage ins Spiel kommen.
Die zentrale Frage, die sich hier stellt, ist: "Wer wird in Zukunft den Kontakt zum Kunden haben?". Ist es die Bank selbst? Oder ist es ein externer Anbieter? Die Bank hat bisher als "vertrauenswürdiger Schild des Datenschutzes" agiert - was dem Image der Bank aber nicht hilft, sobald es um "Usability Themen" und "Costumer Experience" geht. Je nach Kulturkreis fällt es den Konsumenten schwerer oder leichter, ihre Daten auch in die Hände externer Anbierter zu legen. Die Meinungen zur Zukunft von API gingen bei den Diskussionsteilnehmern auseinander - niemand sah sich in der Lage, das Banking der nächsten 5 Jahre vorherzusehen. Einig waren sich die Teilnehmer jedoch darin, dass der Schlüssel zum Erfolg im Bankwesen zukünftig in der externen Innovation liegt.
Blockchain- Die Vertrauensmaschinerie
Kaum eine technische Innovation hat in den letzten Jahren so viel Aufmerksamkeit erregt wie die Blockchain. Wie vor einigen Jahren noch das Wort Digitalisierung ist es heute die Blockchain, die durch alle Branchen als "The next big Thing" propagiert wird. Kaum jemand ist allerdings in der Lage, wirklich konkludent zu erklären, was denn diese Blockchain eigentlich ist und warum viele so enormes "Gamechanger-Potential" in dieser Technologie sehen.
Shermin Voshmgir, Direktorin des Instituts für Kyptoökonomie an der WU Wien und Gründerin des BlockchainHubs, brachte in ihrem Impulsvortrag am Ende des 2. Konferenztages kurz und sehr pointiert Licht ins Datendunkel. Voshmgir beschrieb die Blockchain als die treibende Kraft hinter dem Web 3.0. Durch sogenannte "Smart contracts" werde Vertrauen dezentralisiert, dh. es existieren redundatente Kopien von Daten auf vielen Rechnern gleichzeitig. Das macht das System beinahe betrugssicher.
Die großen ökonomischen Vorteile dabei sind Transparenz, Reduktion der Transaktionskosten und automatisierte Koordination. In der anschließenden Diskussion mit Beat Weber, OeNB und Philip Harsdorf, ING-DIBa waren die Standpunkte gegenüber der Blockchain und deren derzeit prominentesten Vertretern - den Kryptowährungen - erwartungsgemäß stark unterschiedlich.
Während Harsdorf in der Blockchain in Wahrheit nicht mehr als eine moderne Datenbank sieht, stand Weber dem Thema sehr pragmatisch gegenüber. Als Zentralbank sei die OeNB eher technikneutral: Bitcoin ist keine Währung - smart contracts sind keine echten Verträge - diese Unterschiede seien wichtig, so Weber.
Die Diskussionsteilnehmer nahmen die Blockchain weniger als eine technologische Revolution sondern eher als eine sozioökonomisch-technologische wahr. Blockchain bzw. die Arbeit mit dieser verlange ein komplett neues Mindset - die Technologie dahinter sei noch das einfachste, die Fragen, die sich stellen, am ehesten juristischer und gesellschaftlicher Natur.
Nach zwei Tagen intensiven Austausches in Vorträgen und interaktiven Round Tables sehen sich die Teilnehmer der BIT 2018 gewappnet mit viel neuer Information einigen spannenden Jahren der Transformation gegenüber. Einer Transformation, die vor allem geprägt sein wird von Mehr.
Mehr Daten, mehr Regulatorik, mehr technische Möglichkeiten, mehr gefordertes Vertrauen und mehr Tempo in der Transformation an sich. Wir sind gespannt auf Berichte bei der BIT 2019, ob und wie es den Banken bis dahin gelungen sein wird, aus dieser Fülle an Mehr ein echtes Plus für Kunden, Umwelt und sich selbst zu schaffen.