Wie finden sich Banken in einem zunehmend volatilen Umfeld zurecht? Das Bankgeschäft ist zunehmend von Niedrigzinsen, Kostendruck und regulatorische Auflagen bestimmt. Umso wichtiger wird es für die Branche sein, den digitalen Umbruch als Chance zu nutzen, beweglich zu sein und Pioniergeist zu beweisen.
Auf dem ersten Jahresforum für Banking und Technology am 9. und 10 November 2017 in Wien trafen sich internationale Experten und Querdenker mit Entscheidern der Bankenbranche und Praktikern um die zukünftige Rolle der Bank als digitales Technologieunternehmen zu skizzieren.
A Bank Transformation Roadmap: Chancen, Risiken und Key Challenges
Zum Auftakt der Veranstaltung beschrieb Karl Heinz Land, Gründer der Strategie- und Transformationsberatung neuland die Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation für die Bankenbranche:
". Die digitale Transformation erreicht nicht nur die Bankenindustrie, die erreicht alle! . Daher möchte ich mit drei Kernthesen beginnen, um so auf den Ursprung des digitalen zu kommen. Die Frage ist: Was macht das physisch und technologisch?
Alles was sich digitalisieren lässt, wird auch digitalisiert werden
Die erste Kernthese lautet: „Alles, was sich digitalisieren lässt, wird auch digitalisiert werden.“ Das hat ein paar ganz praktische und ein paar ökonomische Gründe. Praktisch: Wenn es digital ist, dann kann ich es besser suchen, ich kann es besser finden, ich kann es besser teilen mit Kollegen oder mit Freunden. Ökonomisch: Die Grenzkosten, wenn es digital ist, gehen nahezu auf null.
Ein Beispiel: Wenn ich Ihnen meine Bücher schenken möchte, dann muss ich jetzt hier 100 Bücher produzieren lassen, habe die Druckkosten, die Materialkosten und die Logistik am Bein, und dann kann ich Ihnen die Bücher schenken. Wenn ich Ihnen die als E-Book schenke, dann kostet mich das keinen Cent, weil die Grenzkosten für das Produkt auf null gegangen sind. Das gilt für jedes Produkt, das digitalisiert wird. Egal, ob das das Bahnticket ist, das Flugticket, oder in Zukunft dann das Geld. Die Grenzkosten gehen dann auf null auf der ganzen Linie. Das ist wichtig, zu verstehen.
Wenn es sich vernetzten lässt, wird es auch vernetzt werden
Das Internet der Dinge und Blockchain sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Was gemeint ist, ist dieser Dreiklang: Erst digitalisieren, dann vernetzen, und wenn es digitalisiert und vernetzt ist, dann kann ich es automatisieren.
Wenn es sich automatisieren lässt, wird es auch automatisiert werden.
Beispiel: Das selbstfahrende Auto ist doch nur eine Folge genau dieser Regel. Digitalisieren, vernetzen, dann fährt das alleine. Dann brauche ich keinen Menschen mehr. Keinen Taxifahrer, demnächst keine LKW-Fahrer mehr, Schiffe und Piloten. Boeing will jetzt ab nächstem Jahr die ersten Frachtmaschinen autonom fliegen lassen. Das heißt, das gilt im Prinzip für jede Berufsgruppe auf diesem Planeten, für jede Aufgabe.
Die Digitalisierung ändert nichts, nur alles
Diese beiden Welten, diese Onlinewelt, die uns teilweise ein bisschen erschreckt, und diese Offlinewelt, da, wo wir heute zusammensitzen und eine Tasse Kaffee trinken und noch ein bisschen schnacken können, die gehören von nun an untrennbar zusammen.
Das Kundenverhalten hat sich geändert
Das wird gerne vergessen. Der Kunde war ja bereits immer König, manchmal mehr oder weniger. Aber jetzt erwartet der Kunde, dass er königlich behandelt wird. Und das ist blöd. Der Kunde will von uns königlich bedient werden. Was muss ich denn dann tun? Ich muss wissen, wer der ist. Wir nennen das das "ich-alles-sofort-und-überall Prinzip". Ich will besten Service, personalisierte Offerte – ich will nicht dein Angebot von der Stange, das kannst du dir sparen – ich will große Auswahl, Top-Qualität und beste Leistung. Das will ich unmittelbar. Wenn ich mich entschlossen habe, das Darlehen aufzunehmen, dann will ich morgen das Angebot haben. Am besten will ich zu dir ins Büro kommen und das alles unterschreiben können. Unabhängig von Zeit und Raum. Wenn ich einmal auf Reisen hier in Wien oder sonst wo bin, muss ich doch mit der Bank kommunizieren können, einmal eben eine Überweisung machen können.
Kunden-Touch-Points
Dummerweise: Oft haben die Banken mehr Touch-Points, als ihnen überhaupt bewusst ist. Das ist ein Problem, weil wenn Sie Ihre Touch-Points nicht kennen, dann können Sie die nicht vernünftig händeln. Und Sie haben viele Touch-Points, die Banken überhaupt nicht kennen und verstehen. Das haben wir gelernt. Aus denen müssen Trust-Points werden. Es geht um Vertrauen in der Zukunft. Vertrauen wird zu einer neuen Währung. Und übrigens, meine Damen und Herren: Das ist Ihr größtes Asset, was Sie haben, gegenüber allen anderen Anbietern, die da so kreuchen und fleuchen, inklusive den digital Currencies, die da auf uns zukommen.
Privacy und Service sind zwei Seiten derselben Medaille
Vertrauen: Das müssen wir herstellen. Denn ohne Daten werden Sie Ihren Kunden in Zukunft keine vernünftigen Services machen können. Sie können dann nämlich gar nicht personalisieren. Dann müssen Sie so wie früher sagen „Märkchen zeihen. Setzen. Warten.“ Beim Arzt. Früher kannte man das noch, macht heute ebenfalls kein Mensch mehr. Dem entgegen steht aber die Privatheit, Privacy. Weil Privacy und Service sind zwei Seiten derselben Medaille. Ich gebe Ihnen meine Daten nur, wenn ich Ihnen vertraue. Wenn Sie meine Daten aber nicht haben, können Sie mir keine personalisierten Angebote machen, dann kennen Sie mich ja nicht. Das ist ein Dilemma in der Privacy. Wie viel Daten muss ich haben, um meinem Kunden einen guten Service zu bieten?
Entscheidende Tipping Points der unmittelbaren Zukunft
Viele Menschen sagen zu mir „Herr Land, das geht alles so schnell.“ Und ich sage „Wissen Sie was? Die digitale Transformation und der Wandel wird nie mehr so langsam sein, wie er heut ist.“ Nie mehr. Der wird sich beschleunigen. Jede neue Idee provoziert die nächste, die nächste. Wir leben im Zeitalter der Exponentialität.
- 2022 - implementierbare Technologie
- 2023 - selbstfahrende Autos
- 2025 - Künstliche Intellligenz in der Entscheidungsfindung: Das ende des Bürojobs?
- 2027 - Bitcoin und Blockchain erlangen den großen Durchbruch
30 bis 50 Milliarden Dinge werden bereits in 2020 vernetzt sein. Gartner sagt für 2025 elf Billionen an Wertschöpfung im Internet der Services, und davon werden 80 Prozent Software und Service sein. Keine Produkte im herkömmlichen Sinne. Blockchain wird das Betriebssystem des Internet der Dinge.
Blockchain wird so, wie MS DOS für den Windows PC einmal war. Das ist letztendlich das Betriebssystem. Banken werden drüber die Transaktionen sicher machen, Unternehmen werden Devices, Assets verwalten. Eine Maschine: In welchem Zustand muss die geölt werden? Wer hat die? Darf der die haben? Hat der bezahlt? Identitätsmanagement. Und die kompletten Logistikketten werden ebenfalls darüber automatisiert.
Die vierte Stufe der industriellen Revolution
Wir reden jetzt über die vierte Stufe der industriellen Revolution. Dieses Mal reden wir über cyber-physische Systeme, über das Internet der Services und Dinge und über Blockchain. Das ist das, was wir verstehen müssen. Das, was hier passiert, wird in den nächsten zehn, 20 Jahren passieren. Davor hatten wir 350 Jahre Zeit. Das werden wir jetzt alles noch einmal erleben in den nächsten zehn, 20 Jahren. Das heißt, wir haben kein Technologieproblem – wir haben ein Zeitproblem
Wir haben kein Technologieproblem - Wir haben ein Zeitproblem
Die Digitalisierung mit Plattform-Economy, mit Sharing-Economy, mit Zirkulär-Economy, alles Dinge, die jetzt möglich werden, die in greifbarer Hand sind – damit können wir die Welt tatsächlich neu verteilen. Wir können die gerechter verteilen. Wir können den Rohstoffverbrauch dramatisch senken – und das zum Wohle aller, damit die, die heute in Afrika, in Pakistan oder Bangladesch leben, ebenfalls noch Teilhabe haben können. Und das liegt jetzt in unseren Händen, in unserer Verantwortung.
Wie prophetisch sind Herrn Langs Worte? Was davon wird uns in den nächsten Monaten am stärksten beschäftigen ? Finden Sie es heraus beim 2. Jahresforum für Banking & Technology am 8. und 9. November 2018