Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Auch auf den Finanzmärkten sollen „Green Bonds“ einen wesentlichen Beitrag zu Umweltschutz und Ressourcenschonung liefern, indem sie die Möglichkeit liefern, „grüne“ Projekte zu finanzieren bzw. zu refinanzieren
Auch wenn der Marktanteil der „Green Bonds“ weltweit noch bei lediglich 1% liegt, expandiert er doch sehr rasch und gewinnt auch in Österreich an Bedeutung, so dass es jetzt an der Zeit ist, den rechtlichen Rahmen für die Emission von Green Bonds in Österreich zu beleuchten.
Was macht einen Green Bond aus?
Rein kapitalmarktrechtlich unterscheiden sich Green Bonds nicht von gewöhnlichen Anleihen, es muss aber eine umweltfreundliche Verwendung der Mittel garantiert sein. Ob es sich dabei um neue oder bereits bestehende Projekte handelt spielt keine Rolle. Als Green Bonds können sowohl prospektpflichtige als auch nicht prospektpflichtige Anleihen gelten.
Die Green Bond Principles der ICMA
Die International Capital Market Association hat freiwillige Prozessleitlinien zur Emission von Green Bonds herausgegeben, die für den Emittenten als Orientierungshilfe und für Anleger als Informationsquelle dienen sollen. Diese beruhen auf 4 Säulen:
- Mittelverwendung (Use of Proceeds)
- Verfahren über die Projektbewertung und -auswahl (Process for Project Evaluation and Selection)
- Mittelverwaltung (Management of Proceeds) sowie
- Berichterstattung (Reporting)
Mittelverwendung
Die ICMA listet hier neben allgemeinen Zielen exemplarisch Projektkategorien auf, welche Green Bonds umfassen können:
- Erneuerbare Energien
- Energieeffizienz (zB Intelligente Stromnetze)
- Vermeidung und Kontrolle der Umweltverschmutzung
- nachhaltige Land- und Forstwirtschaft
- artgerechte Tierhaltung, Fischerei und Aquakultur
- Schutz der Biodiversität
- sauberes Verkehrswesen
- nachhaltiges (Ab-)Wassermanagement
- geeignete Produkte, Produkttechnologien und Prozesse (zB ressourcenschonende Verpackungen)
- Vertriebsarten oder Entwicklung und Einführung nachhaltiger Produkte)
- Umweltfreundliche/energieeffiziente Gebäude
Projektbewertung und -auswahl
Die Richtlinien sehen vor, dass Investoren deutlich über die ökologisch nachhaltige Zielsetzung, das Auswahlverfahren für konkrete Projekte und die Auswahl- und Ausschlusskriterien informiert werden. In der Praxis kann das durch Erstellen und Veröffentlichen eines „Green Bond Framework“ geschehen, also durch ein vom Emittenten herausgegebenes, selbst erstelltes Regelwerk.
Mittelverwaltung
Eine ordnungsgemäße Verwaltung der Emissionserlöse ist für eine transparente Mittelverwendung unverzichtbar. Emittenten sind daher angehalten, die Nettoerlöse aus Green Bonds einem eigenen Sub-Konto bzw. Sub-Portfolio zuzuweisen.
Berichterstattung
Schließlich ist vorgesehen, dass Emittenten jederzeit abrufbare aktuelle Informationen darüber zur Verfügung stellen, wie die Emissionserlöse verwendet werden. Aktuell heißt hierbei, dass im Falle von wesentlichen Entwicklungen anlassbezogen und in regelmäßigen Zeitabständen informiert wird. Im Jahresbricht sollte eine Liste der Projekte enthalten sein, für die Green-Bond Erlöse bereitgestellt werden außerdem neben einer Beschreibung der Projekte auch eine Einschätzung darüber, welche Auswirkungen zu erwarten sind. Sollten Vertraulichkeitsvereinbarungen, Wettbewerbsüberlegungen oder die Vielzahl der Projekte einer detaillierten Veröffentlichung im Wege stehen, empfiehlt die ICMA-GBP, dass zumindest in allgemeiner und zusammengefasster Form, berichtet wird.
Externe Prüfung
Um einem eventuellen Vorwurf von „Greenwashing“ entgegenzuwirken, sehen die ICMA-GBP eine Empfehlung zur externen Prüfung vor, welche die Übereinstimmung mit den Säulen der Green Bond Principles bestätigen soll. Dabei sind folgende Arten der Prüfung denkbar:
Second Party Opinion, zum Beispiel durch einen unabhängigen Experten
Verification: anhand eines festgelegten Kriterienkatalogs
Certification: anhand eines Gütesiegels wie es beispielsweise schon für Lebensmittel bekannt ist.
Green Bond Scoring/Rating: durch Agenturen, ähnlich den Bonitätsratings.
Ein neuer Standard der EU für Green Bonds
Bereits im März 2018 wurde seitens der Europäischen Kommission ein Aktionsplan zur Förderung der Finanzierung nachhaltigen Wachstums vorgestellt, um eine größere Nachhaltigkeit des europäischen Finanzwesens zu garantieren Im Rahmen dessen hat die von der Kommission eingesetzte Expertengruppe (Technical Expert Group) im Juni 2019 ihren finalen Bericht für einen EU Green Bond Standard (EU-GBS) vorgestellt.
Ähnlich wie bei der ICMA gibt es vier Schlüsselelemente:
Grüne Projekte: Die Mittel eines Green Bond müssen bestimmten Umweltzielen dienen, welche denen der ICMA vergleichbar sind.
Ein Rahmenwerk für Green Bonds: Emittenten sind angehalten, ein Rahmenwerk zu erstellen, welches potenziellen Investoren einen raschen Überblick über alle wesentlichen Einzelheiten ermöglicht.
Berichterstattung: Über die Verwendung der Emissionserlöse ist mindestens einmal jährlich zu berichten
Externe Prüfung: Im Vergleich zur ICMA gehen die EU-GBS hier weiter. Es sind zwei Prüfungen vorgesehen: eine erste noch vor, bzw. gleichzeitig mit der Emission um die Übereinstimmung mit den Standards zu überprüfen, eine zweite Prüfung soll sich der Erlösallokation widmen. Ferner schlägt die TAG vor, ein Akkreditierungsregime für externe Prüfer einzurichten.
Ausblick und weitere Maßnahmen zur Harmonisierung der Nachhaltigkeitsfinanzierung in der EU
Für die Umsetzung des EU Green Deal klafft derzeit eine Investitionslücke von ca. 260 Mrd. Euro pro Jahr bis 2030. Die EU Green Bond Standards sind in einen Aktionsplan eingebettet, die eben diese Lücke schließen sollen. Der EU-Aktionsplan zielt vor allem auf folgende Maßnahmen und Vorgaben ab:
- Einführung eines EU-Klassifikationssystems für nachhaltige Tätigkeiten
- Normen und Kennzeichen für umweltfreundliche Finanzprodukte
- Berücksichtigung der Nachhaltigkeit auch in der Finanzberatung
- Entwickeln von Nachhaltigkeitsbenchmarks
- Nachhaltigkeit als fixer Bestandteil von Ratings und Marktanalysen
- Offenlegungsverpflichtungen für institutionelle Anleger und Vermögensverwalter zukommen
- Überarbeitung der Vorschriften zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen und Rechnungslegung
Dabei bleibt abzuwarten, wie die einzelnen Maßnahmen konkret ausgestaltet und umgesetzt werden. Ein Erfolg grüner Finanzierungen wird voraussichtlich von entsprechenden Begleitmaßnahmen wie steuerlichen Anreizen abhängen. Im österreichischen Regierungsprogramm sind diesbezügliche Ankündigungen enthalten.
Die Autorin:
Eva-Maria Ségur-Cabanac leitet das Kapitalmarktrechtsteam bei Baker McKenzie in Wien. Sie ist Mitglied des Baker McKenzie Steering Committee Capital Markets für die EMEA Region sowie der globalen Baker McKenzie Fokusgruppe Sustainable Finance / Green Debt.