Dieser Beitrag gibt auszugsweise die von den Autoren im Rahmen der RuSt 2021 (Jahresforum für Recht und Steuern) zu den von der COFAG gewährten Zuschüssen vorgetragenen Inhalte wieder: die europarechtlichen Rahmenbedingungen und die teilweise komplexe inhaltliche Ausgestaltung einzelner Zuschüsse, das neuartige Antrags- und Förderungsprüfungsverfahren, die wichtige Rolle, die Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Bilanzbuchhalter im Fördersystem einnehmen, und eine kritische Würdigung des neu eingeführten Begriffs des "steuerlichen Wohlverhaltens", einem neuen Element in der österreichischen Rechtsordnung.
1. Beihilfenrechtliche Einordnung der von der COFAG gewährten Zuschüsse und unionsrechtlich zulässige Höchstbeträge
Als erster der von der COFAG an Unternehmen zu gewährenden Zuschüsse wurde der Fixkostenzuschuss (FKZ I), mit erstmaliger Beantragungsmöglichkeit ab 20. 5. 2020, eingeführt. Der FKZ I wurde im Vorfeld von der Europäischen Kommission als mit dem Binnenmarkt gem Art 107 Abs 2 lit b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vereinbare Beihilfe (Beihilfe zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind) genehmigt. Aufgrund dieser Einordnung war es zulässig, in den nationalen Vorschriften einen (Konzern-)Höchstbetrag von bis zu 90 Mio € beim FKZ I vorzusehen.
Für den Fixkostenzuschuss 800.000 (FKZ 800.000) war bei der Europäischen Kommission jedoch nur eine Genehmigung als Beihilfe zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats gem Art 107 Abs 3 lit b AEUV möglich. Der FKZ 800.000 wurde daher als begrenzte Beihilfe iSv Abschnitt 3.1 der Mitteilung der Europäischen Kommission "Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19" (Befristeter Beihilferahmen) gestaltet. Auch die ebenfalls von der COFAG auszuzahlenden Zuschüsse Lockdown-Umsatzersatz, Lockdown-Umsatzersatz II, Ausfallsbonus und Ausfallsbonus II werden als begrenzte Beihilfen unter dem Beihilfenregime von Abschnitt 3.1 Befristeter Beihilferahmen gewährt. Dieser sieht für die Summe sämtlicher unter diesem Beihilfenregime an ein Unternehmen gewährten Förderungen eine Obergrenze von 1,8 Mio € vor. Ursprünglich war von der Europäischen Kommission eine Obergrenze von nur 800.000 € vorgesehen, mit 28. 1. 2021 wurde der beihilfenrechtlich zulässige Höchstbetrag für Beihilfen nach Abschnitt 3.1 des Befristeten Beihilferahmens jedoch auf 1,8 Mio € je Unternehmen erhöht.
Der Verlustersatz (bzw die Verlängerung des Verlustersatzes für die Monate von Juli 2021 bis Dezember 2021) stellt ebenfalls eine Beihilfe gem Art 107 Abs 3 lit b AEUV dar, wurde von der Europäischen Kommission jedoch als Beihilfe iSv Abschnitt 3.12 Befristeter Beihilferahmen ("Beihilfen in Form von Unterstützung für ungedeckte Fixkosten") genehmigt. Aufgrund der Genehmigung als Beihilfe iSv Abschnitt 3.12 Befristeter Beihilferahmen kommt die in diesem Abschnitt vorgesehene Obergrenze von 10 Mio € je Unternehmen als unionsrechtlicher Höchstbetrag (für die Summe aus Verlustersatz und Verlängerung des Verlustersatzes) zur Anwendung.
Für Unternehmen, die aufgrund ihrer finanziellen Situation als "Unternehmen in Schwierigkeiten" iSd Art 2 Z 18 der Verordnung Nr 651/2014 (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung - AGVO) gelten und daher die unionsrechtlichen Vorgaben für die weiter oben genannten Beihilfen nicht erfüllen, wurde vom nationalen Verordnungsgeber die Möglichkeit geschaffen, dass sie die jeweiligen Zuschüsse in Form einer "De-minimis-Beihilfe" mit der in der De-minimis-VO vorgesehenen betraglichen Limitierung von insgesamt 200.000 € (bzw bei der Förderung von Straßengütertätigkeit von insgesamt 100.000 € sowie im Anwendungsbereich der De-minimis-VO Landwirtschaft von insgesamt 20.000 € und im Anwendungsbereich der De-minimis-VO Fischerei von insgesamt 30.000 €) beantragen können. Die von der jeweils anzuwendenden De-minimis-VO vorgegebene Obergrenze gilt für die Summe aller in den letzten drei Veranlagungsjahren vom antragstellenden Unternehmen oder von einem mit ihm konzernverbundenen Unternehmen erhaltenen De-minimis-Beihilfen.
Aufgrund der unterschiedlichen Beihilfenregime und der damit verbundenen unterschiedlichen Höchstbeträge sowie der zusätzlich im nationalen Recht vorgesehenen Obergrenzen und der zwischen den einzelnen Zuschüssen bestehenden unterschiedlichen Anrechnungs- und Ausschlussregeln bedarf es im Einzelfall einer sorgfältigen Abwägung, welche Zuschüsse beantragt werden. So wird bspw für große Unternehmen der Verlustersatz nicht nur aufgrund des deutlich höheren beihilfenrechtlichen Höchstbetrags von 10 Mio € idR attraktiver sein als der alternativ beantragbare FKZ 800.000 (beihilfenrechtlicher Höchstbetrag von 1,8 Mio € für alle nach Abschnitt 3.1 Befristeter Beihilferahmen gewährten Förderungen), sondern es wird im Falle einer Antragsberechtigung für einen Lockdown-Umsatzersatz das Förderpotenzial für Beihilfen nach Abschnitt 3.1 Befristeter Beihilferahmen ohnehin schon mit dem Lockdown-Umsatzersatz (größtenteils) ausgeschöpft sein. Andererseits kann es unter speziellen Umständen für ein sehr großes Unternehmen auch vorteilhafter sein, einen FKZ 800.000 anstelle eines Verlustersatzes zu beantragen. Dies wäre der Fall, wenn keine Antragsberechtigung für einen Lockdown-Umsatzersatz bestand und die Verluste des Unternehmens so hoch sind, dass schon mit der Verlängerung des Verlustersatzes (für die Monate Juli 2021 bis Dezember 2021) der für den Verlustersatz und die Verlängerung des Verlustersatzes gemeinsam geltende beihilfenrechtliche Höchstbetrag von 10 Mio € erreicht wird. Da sich zwar FKZ 800.000 und Verlustersatz gegenseitig ausschließen, aufgrund der unterschiedlichen Betrachtungszeiträume aber die Verlängerung des Verlustersatzes (für die Monate Juli 2021 bis Dezember 2021) sehr wohl zusätzlich zu einem FKZ 800.000 beantragt werden kann, ergäbe sich in dieser Kombination (FKZ 800.000 und Verlängerung Verlustersatz) bei Erfüllen der übrigen Voraussetzungen ein höherer unionsrechtlich zulässiger Maximalbetrag an Förderungen (nämlich 11,8 Mio €), als wenn der Verlustersatz und die Verlängerung des Verlustersatzes (gemeinsame Höchstgrenze von10 Mio €) beantragt würden. Eine solche Konstellation wird nur in Einzelfällen gegeben sein, zeigt aber, wie komplex das Zusammenspiel der einzelnen Förderregime sein kann.
2. Privatrechtlicher Fördervertrag, Antragsverfahren und Prüfung nach dem COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz (CFPG)
Da die Förderungen nicht von einer Behörde mit imperium, sondern von der COFAG - einer GmbH und somit einer juristischen Person des privaten Rechts - gewährt werden, wird das Förderverfahren nicht mit Bescheid abgeschlossen, sondern es kommt zum Abschluss eines privatrechtlichen Fördervertrags zwischen COFAG und antragstellendem Unternehmen. Die Vertragsbedingungen ergeben sich aus den Förderbedingungen der COFAG, deren Bestandteil ua auch die in den jeweiligen Verordnungen veröffentlichten Richtlinien zu den einzelnen Zuschüssen sowie bei den Fixkostenzuschüssen auch die auf den Homepages der COFAG und des BMF veröffentlichten FAQs sind. Dementsprechend sind Rechtsstreitigkeiten aus dem Fördervertrag zwischen COFAG und Antragsteller auch nicht der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterworfen, sondern auf dem Zivilrechtsweg zu klären.
Das vorgesehene zivilrechtliche Förderverfahren beinhaltet generell einige wesentliche Abweichungen vom Steuerverfahren, dem Verfahren, mit dem die meisten der handelnden Akteure - einerseits die für die Unternehmen tätig werdenden Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Bilanzbuchhalter, andererseits die für die COFAG (als Gutachter) tätig werdenden Mitarbeiter der Finanzverwaltung - zwar idR deutlich besser vertraut sind, das aber für die Regelung rein privatrechtlicher Beziehungen nicht geeignet ist. Ausfluss des zivilrechtlichen Förderverfahrens ist bspw, dass der Antragsteller zwar nicht über Steuersubjekteigenschaft, aber über zivilrechtliche Rechtspersönlichkeit - als Grundvoraussetzung für den Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages - verfügen muss. Damit sind etwa im Bereich der Personengesellschaften Kommanditgesellschaften (KG) und Offene Gesellschaften (OG) selbstständig antragsberechtigt, Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GesbR) oder atypisch stille Gesellschaften sind aber - selbst wenn sie Gegenstand eines eigenen steuerlichen Feststellungsverfahrens sind - nicht berechtigt, eigene Anträge einzubringen. Auf GesbR oder atypisch stille Gesellschaften entfallende Umsätze und Fixkosten bzw Verluste können daher nur anteilig im Rahmen der Anträge der jeweiligen unternehmerisch tätigen Gesellschafter berücksichtigt werden. Vielen Antragstellern ist oft auch nicht bewusst, dass hinsichtlich des Förderverfahrens ggf auch nicht Finanzstrafrecht, sondern allgemeines Strafrecht, insb die Tatbestände des Betrugs (§ 146 StGB) und des Förderungsmissbrauchs (§ 153b StGB), zur Anwendung kommen.
Bei der Abwicklung des Förderverfahrens wird die COFAG von der Finanzverwaltung unterstützt, die das FinanzOnline-Verfahren für die Einbringung der Anträge zur Verfügung stellt, die automationsunterstützte Plausibilisierung der Anträge vor Auszahlung übernimmt und in einer Gutachterfunktion diverse Prüfungshandlungen vornimmt. Das Antragsverfahren stellt sich überblicksmäßig folgendermaßen dar:
- Antragstellung über FinanzOnline auf Gewährung eines Zuschusses durch die COFAG;
- automationsunterstützte Plausibilisierung der Antragsdaten durch die Finanzverwaltung gem § 8a CFPG;
- bei im Zuge der Plausibilisierung auftretenden Unklarheiten: Klärung durch ein im Auftrag der COFAG von einem Betriebsprüfer vor Ort erstelltes Ergänzungsgutachten gem § 8b CFPG;
- falls keine Unklarheiten bestehen oder nach Abklärung durch das Ergänzungsgutachten bzw vereinzelt nach Überprüfung durch die COFAG selbst: COFAG veranlasst Auszahlung oder lehnt Antrag ab;
- eventuell nachträgliche Förderungsprüfung durch das für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständige Finanzamt gem den §§ 6-8 CFPG und Punkt 8 der zum jeweiligen Zuschuss ergangenen Verordnungen:
• bei einem FKZ I über 10 Mio € kommt es immer zu einer Förderungsprüfung nach bereits erfolgter Auszahlung;
• bei einem FKZ 800.000 oder einem Verlustersatz an ein Unternehmen, das im Wirtschaftsjahr, in das die Gewährung des Zuschusses fällt, Umsatzerlöse iSd § 189a Z 5 UGB von 40 Mio € oder mehr erzielt hat, kommt es ebenfalls immer zu einer Förderungsprüfung nach bereits erfolgter Auszahlung.
Die nach Auszahlung stattfindenden Förderungsprüfungen erfolgen durch das für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständige Finanzamt entweder gem § 6 Abs 2 CFPG anlässlich der Durchführung einer Außenprüfung (§ 147 Abs 1 BAO), einer Nachschau (§ 144 BAO) oder einer begleitenden Kontrolle (§ 153a BAO) oder ggf - wenn keine abgabenrechtliche Prüfung oder Nachschau durchgeführt werden soll - bei entsprechender Weisung des Bundesministers für Finanzen als beauftragte Förderungsprüfung gem § 7 CFPG. Die Finanzämter agieren dabei gem § 2 Abs 1 CFPG funktionell als Gutachter im Auftrag der COFAG. Für die Förderungsprüfungen ist eine Teilanwendbarkeit der BAO vorgesehen (§ 2 Abs 2 CFPG).
3. Bestätigungen des Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Bilanzbuchhalters als Bedingung des privatrechtlichen Fördervertrages
3.1. Allgemeines
Aus dem Transparenzbericht der COFAG geht hervor, dass diese seit Mai 2020 rund 873.000 Anträge bearbeitet und rund 8,7 Mrd € ausgezahlt hat. Laut dem Bericht vom 23. 9. 2021 stellen sich die Auszahlungen wie folgt dar:
Zuschuss der COFAG | Ausbezahlte Anträge | Ausbezahlte Förderungssumme | Durchschnittliche Genehmigungsdauer |
Fixkostenzuschuss (FKZ I) | 144.952 | 1,231 Mrd € | 9 Tage |
Fixkostenzuschuss 800.000 (FKZ 800.000) | 24.758 | 540 Mio € | 12 Tage |
Verlustersatz | 899 | 451 Mio € | 63 Tage |
Verlängerung Verlustersatz (für Juli-Dezember 2021) | keine Angabe | keine Angabe | keine Angabe |
Ausfallsbonus und Ausfallsbonus II | 483.258 | 3,092 Mrd € | 7 Tage |
Lockdown-Umsatzersatz (November und Dezember) | 217.139 | 3,307 Mrd € | 6 Tage bzw 14 Tage |
Lockdown-Umsatzersatz II (indirekt) | 2.460 | 80 Mio € | 27 tage |
Auch wenn es in Einzelfällen zu längeren Bearbeitungsdauern kommen kann, zeigt sich an den veröffentlichten Zahlen, dass die als Median angegebene Bearbeitungsdauer doch relativ kurz ist. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisten - neben der raschen Abwicklung der automationsunterstützten Plausibilisierung und den Ergänzungsgutachten durch die Finanzverwaltung - die zur Qualitätskontrolle erforderlichen Bestätigungen der Berufsgruppen der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Bilanzbuchhalter. Solche Bestätigungen waren bzw sind bei nachfolgenden Zuschüssen der COFAG zwingend erforderlich:
- FKZ I (Antragsfrist bereits mit 31. 8. 2021 ausgelaufen)
- FKZ 800.000
- Verlustersatz
- Verlängerung Verlustersatz.
Hinsichtlich des Ausfallsbonus und des Ausfallsbonus II ist nur im Fall eines Erwerbs oder der Veräußerung von (Teil-)Betrieben oder Mitunternehmeranteilen oder im Fall von Umgründungen eine Bestätigung erforderlich. Beim Lockdown-Umsatzersatz ist keine zwingende Bestätigung vorgesehen. Beim Lockdown-Umsatzersatz II hängt die Notwendigkeit einer Bestätigung von der Höhe des beantragten Zuschusses und einigen Zusatzkriterien ab.
Der Inhalt der Bestätigung und die daraus potenziell resultierenden zivilrechtlichen Haftungsthematiken sowie strafrechtlichen Risiken werden in der Folge exemplarisch anhand des FKZ 800.000 dargestellt.
3.2. Bestätigung für den FKZ 800.000 - Haftung
Die Förderbedingungen des FKZ 800.000 sehen in Punkt 13.2 vor, dass eine Bestätigung eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Bilanzbuchhalters über die Höhe der Umsatzausfälle und der Fixkosten verpflichtend vorzulegen ist. Eine Ausnahme von dieser Bestätigung besteht lediglich iZm einer pauschalierten Ermittlung des FKZ 800.000. Daneben gibt es größenabhängige Erleichterungen für die Beantragung der ersten Tranche (keine Bestätigung für die erste Tranche bei einem FKZ 800.000 bis zur voraussichtlichen Höhe von 36.000 € bzw lediglich eine Plausibilisierung hinsichtlich der ersten Tranche bei einem FKZ 800.000 bis zur voraussichtlichen Höhe von 100.000 €).
Die Begriffe Umsatz bzw Umsatzausfall werden in Punkt 4.2 VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 dem Grunde nach definiert. In den auf den Homepages der COFAG und des BMF veröffentlichten FAQs A.2 und B.IV22 werden weitere Klarstellungen vorgenommen. Wesentlich erscheint dabei aus Sicht des bestätigenden Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Bilanzbuchhalters, ob ein allfälliger Umsatzausfall tatsächlich seine Ursache in der COVID-19-Pandemie hatte und ob noch nicht abgerechnete Leistungen im Unternehmen des Antragstellers entsprechend abgegrenzt bzw Hilfsgeschäfte sachgerecht berücksichtigt wurden. Weiters sind die Fixkosten im jeweiligen Beobachtungszeitraum zu bestätigen. Welche betrieblichen Aufwendungen als Fixkosten angesetzt werden können, wird in Punkt 4.1 VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 und in den veröffentlichten FAQs in B.II definiert. Auch hier ergeben sich in der Praxis iZm der zeitlichen Abgrenzung und der grundsätzlichen betrieblichen Veranlassung von Aufwendungen immer wieder Zweifelsfragen. Allein die Anzahl der Fragen in den veröffentlichten FAQs zeigt bereits, dass vermeintlich einfache Begrifflichkeiten in der Praxis durchaus unterschiedlich verstanden werden bzw zu erheblichen Abgrenzungsproblematiken führen können.
Im Fall eines Erwerbs oder der Veräußerung von (Teil-)Betrieben oder Mitunternehmeranteilen oder im Fall von Umgründungen ist bei der Ermittlung des Umsatzausfalls und der Fixkosten auf die jeweils vergleichbare wirtschaftliche Einheit abzustellen. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Bilanzbuchhalter haben in diesen Fällen zu bestätigen, dass die der jeweils vergleichbaren wirtschaftlichen Einheit zugeordneten Beträge korrekt sind, dass die Geschäftsfälle nicht überwiegend vorgenommen wurden, um die Bemessungsgrundlage des FKZ 800.000 zu optimieren und, dass hinsichtlich der auf den übertragenen (Teil-)Betrieb oder Mitunternehmeranteil entfallenden Teile des Umsatzausfalles und der Fixkosten dem antragstellenden Unternehmen vom diesbezüglichen Rechtsvorgänger zugesichert wurde, dass diese nicht im Rahmen eines anderen Antrags auf Gewährung eines FKZ 800.000 berücksichtigt werden.
3.3. Haftung für Vermögensschäden
Typischerweise haben Steuerberater und Bilanzbuchhalter eine über mehrere Jahre kontinuierlich andauernde Geschäftsbeziehung zu ihren Klienten. Neben rein wirtschaftlichen Interessen entstehen in der Praxis auch oft persönliche Nahebeziehungen, die gerade in Krisensituationen dazu führen können, dass mit allen Mitteln versucht wird, den Klienten bzw die Klientin wirtschaftlich zu "retten". Bereits aus diesen Gründen ist es daher wichtig, sich in der Praxis der in den Richtlinien für die jeweiligen Zuschüsse formulierten Grundsätze der Vermeidung jeder Interessenkollision und Befangenheit bewusst zu sein.
Für die Berufsberechtigten weitaus problematischer ist jedoch die Frage, ob diese gegenüber Dritten für Vermögensschäden haften, sofern auch die weiteren schadenersatzrechtlichen Voraussetzungen vorliegen (ein solcher Vermögensschaden könnte zB daraus resultieren, dass inhaltlich unrichtige Anträge eingebracht, Zuschüsse ausgezahlt und in der Folge nicht mehr rückgezahlt werden können). Eine solche Dritthaftung wird zumindest für Bilanzersteller (als Sachverständige) nur in sehr engen Grenzen bejaht. Der OGH führt dazu aus, dass eine Haftung des Sachverständigen gegenüber einem Dritten dann zu bejahen sei, wenn der Besteller für den Sachverständigen erkennbar gerade die Interessen des Dritten mitverfolge. Wird diese Judikatur auf die Abwicklung der COVID-19-Beihilfen und insbesondere auf die Bestätigungen umgelegt, so ergibt sich prima vista nachfolgendes Bild:
Im Ergebnis hätte eine allenfalls gegenüber der COFAG bestehende Dritthaftung - mangels Vereinbarung der Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhandberufe (AAB 2018) - zu einer unbeschränkten Haftung für Vermögensschäden führen können. Dieses potenzielle Risiko wurde durch eine Erklärung der COFAG, die Haftungsregelung gem Punkt 7 der AAB anzuerkennen, in einem ersten Schritt entschärft. Soweit das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG) zur Anwendung kommt, ist nunmehr auch eine gesetzliche Haftungsbegrenzung für Bestätigungen iZm COVID-19-Förderungen vorgesehen. Gem § 239a WTBG ist die Haftung des Berufsberechtigten iZm der Beihilfenabwicklung auf Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, im Falle grober Fahrlässigkeit mit der zehnfachen Mindestversicherungssumme gem § 11 WTBG, höchstens jedoch mit der Höhe des erlangten oder erhaltenen Vorteils oder abgewehrten Nachteils begrenzt. Soweit daher nicht vorsätzlich oder außergewöhnlich sorglos gehandelt wird, ist eine Haftung für Vermögensschäden weitgehend ausgeschlossen.
4. Strafrechtliche Konsequenzen für missbräuchlich eingebrachte COVID-19-Förderungsanträge
"Die COVID-19-Pandemie hat nicht nur eine Gesundheitskrise verursacht, sondern hat auch riesige Kraftanstrengungen seitens der öffentlichen Hand notwendig gemacht, um die Wirtschaft möglichst unbeschadet aus dieser schwierigen Zeit der Beschränkungen hinauszumanövrieren." Aus diesem Grundgedanken der gesellschaftlichen Solidarität und aus Gründen der Generalprävention ist es notwendig und wichtig, dass jede Form des (Förderungs-)Betrugs oder Förderungsmissbrauches entweder verhindert oder zumindest strafrechtlich verfolgt und sanktioniert wird. Die VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 weist in Punkt 8.6 darauf hin, dass ein Förderungsmissbrauch strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, zudem existiert ein eigenes Informationsblatt für allfällige Korrekturmeldungen.
In der Praxis können in diesem Zusammenhang durchwegs unterschiedliche Reaktionen beobachtet werden. Diese reichen von Aktionismus bis hin zur weitgehenden Negierung eines allenfalls bestehenden strafrechtlichen Risikos. In vielen Fällen besteht zudem der Irrglaube, dass in diesem Zusammenhang nur Geschäftsführer potenzielle Täter eines strafrechtlichen Deliktes sein können und dass unter vorsätzlichem Handeln ein absichtliches oder wissentliches Handeln zu verstehen ist. Da die Prüfungen nach dem CFPG von Mitarbeitern der Außenprüfung der zuständigen Finanzämter durchgeführt werden, wird weiters eine Fokussierung auf Inhalte erwartet und nicht mit einer Involvierung der Staatsanwaltschaften gerechnet.
In der steuerlichen Praxis ist es daher notwendig, die wesentlichen strafrechtlichen Eckpunkte und Risiken zu kennen und die Klienten, aber auch sich selbst, vor allfälligen negativen Folgen zu schützen.
4.1. Anzeige und Informationspflichten
In diesem Zusammenhang wird oft übersehen, dass sowohl nach dem Finanzstrafrecht als auch nach § 78 Strafprozessordnung (StPO) eine allgemeine Anzeigepflicht an die Staatsanwaltschaft oder die Kriminalpolizei besteht, sofern der Verdacht einer Straftat bekannt wird. Diese Anzeigepflicht betrifft nicht den jeweils anwesenden Außenprüfer, sondern den Leiter der Behörde oder der öffentlichen Dienststelle. Im Hinblick auf die Reorganisation der Finanzverwaltung sind von dieser Meldepflicht die Leiter des Finanzamtes Österreich und des Finanzamtes für Großbetriebe und ggf der Leiter des Amtes für Betrugsbekämpfung betroffen. Eine Meldepflicht der COFAG (als im weitesten Sinn mit öffentlichen Aufgaben beliehenem Unternehmen) besteht nach hL nicht.
4.2. Mögliche Delikte im Zusammenhang mit COVID-19-Förderungen
In strafrechtlicher Hinsicht kommen iZm missbräuchlichen COVID-19-Förderungen im Wesentlichen zwei Straftatbestände in Betracht. Das ist zum einen der Betrug gem § 146 StGB und zum anderen der in den Richtlinien genannte Förderungsmissbrauch gem § 153b StGB. Beiden Delikten ist gemeinsam, dass der Täter oder Beitragstäter das verpönte Verhalten vorsätzlich setzen muss. Es reicht hier ein sogenannter dolus eventualis: Der Täter muss es ernstlich für möglich halten, dass er ein gesetzliches Tatbild verwirklicht, und sich damit abfinden.
Ein Betrug iZm einer COVID-19-Förderung erfordert ein auf Täuschung gerichtetes Verhalten des Antragstellers, das beim Getäuschten (COFAG) zu einem Irrtum führt, und in der Folge eine Auszahlung der Förderung (Vermögensverfügung mit Vermögensschaden). Auch ein zunächst irrtümlich begangener Fehler kann, wenn nach Kenntnis des Fehlers die vertraglich verpflichtende Korrekturmeldung laut Förderbedingungen nicht erfolgt, als strafrechtlicher Betrug qualifiziert werden.
Der Förderungsmissbrauch gem § 153b StGB deckt einen anderen Sachverhalt ab. Einen Förderungsmissbrauch begeht, wer eine ihm gewährte Förderung missbräuchlich zu anderen Zwecken als zu jenen verwendet, zu denen sie gewährt wurde. In anderen Worten: Die Förderung wird in diesen Fällen zunächst gutgläubig beantragt, rechtmäßig ausgezahlt, in der Folge aber für andere, nicht rechtmäßige Zwecke verwendet. Die zwei Delikte schließen einander - aufgrund der unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen - grds aus. Soweit sich im Einzelfall dennoch die Frage einer Normenkonkurrenz stellen sollte, verdrängt nach herrschender Rechtsprechung der Betrug den Förderungsmissbrauch. Im Zweifel wird somit ein Betrug strafrechtlich verfolgt. Der Anwendungsbereich des Förderungsmissbrauches iZm Zuschüssen der COFAG wird in der Praxis daher eher gering sein.
4.3. Wer kann Täter eines Delikts sein?
Grds stellt das österreichische Strafrecht auf das Verhalten natürlicher Personen ab. Im Fokus stehen - gerade iZm Wirtschaftsdelikten - primär der (Einzel-)Unternehmer selbst oder im Fall von Kapitalgesellschaften deren Vertreter. Diese werden idR als unmittelbare Täter betrachtet. Gem § 12 StGB kommen aber auch sonstige Personen als Täter (Beitrags- oder Bestimmungstäter) in Betracht, wenn diese vorsätzlich zu einer strafrechtlich relevanten Handlung beigetragen haben. Gerade Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter kommen als Beitragstäter infrage, sofern sie einen Beitrag (zB eine Bestätigung) geleistet haben und dabei die Verwirklichung eines Sachverhaltes, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, ernstlich für möglich gehalten haben.
5. Kritische Würdigung des Steuerlichen Wohlverhaltensgesetzes
Das Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden (BGBl I 2021/11), in der Folge kurz WohlverhaltensG, folgt ebenfalls dem Gedanken der gesellschaftlichen Solidarität. Der Gesetzgeber weist die COFAG (als Stelle, die die Förderung gewährt) an, keine Förderungen an Personen, die sich nicht steuerlich wohlverhalten haben, zu gewähren bzw diese zurückzufordern. Der Intention des Gesetzes ist grds zuzustimmen. Die Bestimmungen des WohlverhaltensG lassen jedoch im Einzelfall einen erheblichen Interpretationsspielraum zu und führen beim Förderungswerber zu Unsicherheiten.
5.1. Anwendungsbereich
Das WohlverhaltensG ist mit 1. 1. 2021 in Kraft getreten und ist auf Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie anzuwenden, deren Rechtsgrundlage erstmals nach dem 31. 12. 2020 in Kraft getreten ist. (Soweit Förderungen bereits davor in Kraft getreten sind, enthalten die auf Verordnungsebene erlassenen jeweiligen Richtlinien jedoch fast gleichlautende Bestimmungen.) Die Intention des Gesetzes zielt darauf ab, Unternehmen, die ihren abgabenrechtlichen Pflichten nicht nachkommen, vom Bezug der COVID-19-Förderungen auszuschließen und somit pönalisierend bestimmtem steuerlichen Verhalten entgegenzuwirken.
5.2. Steuerliches Wohlverhalten
Was unter steuerlichem Wohlverhalten zu verstehen ist, wird in § 3 WohlverhaltensG definiert. Die vier Tatbestände sind negativ formuliert und jeder der Tatbestände stellt für sich allein genommen bei Nichterfüllung bereits einen Ausschlussgrund dar. Vereinfachend liegt steuerliches Wohlverhalten vor, wenn innerhalb einer zeitlichen Frist (i) kein Missbrauch gem § 22 BAO vorliegt, (ii) das Unternehmen nicht vom Abzugsverbot für Zinsen und Lizenzgebühren in § 12 Abs 1 Z 10 KStG oder von der Hinzurechnungsbesteuerung bzw dem Methodenwechsel in § 10a KStG betroffen ist, (iii) nicht überwiegend Passiveinkünfte an einem Sitz oder einer Niederlassung in einem unkooperativenen Staat laut EU-Liste erzielt und (iiii) der Antragsteller oder seine Organe nicht von einer rechtskräftigen vorsätzlichen Finanzstrafe betroffen waren. Hinsichtlich dreier Tatbestände gibt es eine betragliche Begrenzung.
Insb der Missbrauchstatbestand verdient aufgrund einiger Unklarheiten eine genauere Würdigung. Steuerliches Wohlverhalten ist demnach bei Unternehmen gegeben, bei denen in den letzten drei veranlagten Jahren kein rechtskräftig festgestellter Missbrauch gem § 22 BAO vorliegt, der zu einer Änderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage von mindestens 100.000 € im jeweiligen Veranlagungszeitraum geführt hat. Hinsichtlich der Formulierung "in den letzten drei veranlagten Jahren" ist anzumerken, dass der Betrachtungszeitraum nicht exakt definiert ist. In bestimmten Situationen ist es denkbar, dass sich die letzten drei veranlagten Jahre zwischen dem Zeitpunkt der Antragstellung und der Gewährung des Zuschusses ändern. Der Förderungswerber könnte durch taktisches Einbringen oder Nichteinbringen der Steuererklärungen Einfluss auf die Erfüllung des Tatbestandes nehmen.
Soweit das Gesetz auf einen rechtskräftig festgestellten Missbrauch verweist, ist der zeitliche Aspekt zu hinterfragen. Bei Analyse der Judikatur der letzten zweieinhalb Jahre wurde festgestellt, dass insb dann, wenn das Bundesfinanzgericht (BFG) über einen steuerlichen Missbrauch gem § 22 BAO zu erkennen hatte, die Verfahrensdauer - je nach Abgabenart - zwischen drei und 19 Jahren lag. Auffällig war, dass Verfahren iZm Ertragsteuern überdurchschnittlich lange dauerten.
Wird daher bspw durch eine Außenprüfung betreffend das Jahr 2010 eine Missbrauchsthematik aufgeworfen und ein allfälliger einen Missbrauch feststellender Bescheid erst durch eine BFG-Entscheidung im Jahr 2020 rechtskräftig, so könnte dies eventuell - bei isolierter und ausschließlich auf den Zeitpunkt der Rechtskraft abstellender Betrachtung - nach dem Wortlaut des Gesetzes unter den Tatbestand "in den letzten drei veranlagten Jahren" subsumiert werden. Sofern nun die Änderung der Bemessungsgrundlage mindestens 100.000 € beträgt, wäre bei einem Antrag im Jahr 2021 die Voraussetzung des § 3 Z 1 WohlverhaltensG nicht erfüllt und das jeweilige Unternehmen vom Bezug der Förderung ausgeschlossen. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme von COVID-19-Förderungen wäre damit abhängig von Zufälligkeiten bzw der individuellen Verfahrensdauer vor dem BFG. Eine solche Interpretation ist uE dem Gesetzgeber jedoch nicht zu unterstellen. Unwägbarkeiten hinsichtlich der Verfahrensdauer sagen nichts über das geforderte steuerliche Wohlverhalten des Abgabenpflichtigen aus. Im konkreten Fall ist daher eine solche Interpretation abzulehnen.
Berücksichtigt man den Gesamtkontext des Gesetzes und betrachtet insb auch § 1 WohlverhaltensG, der allgemein ein fünfjähriges steuerliches Wohlverhalten vor der Antragstellung fordert, könnte die Bestimmung so verstanden werden, dass der Gesetzgeber eine doppelte zeitliche Begrenzung setzen wollte: Ein bescheidmäßig festgestellter Missbrauch wäre dann schädlich, wenn dieser Wirtschaftsjahre ab 2016 betrifft und ein solcher Bescheid in den letzten drei Jahren vor Antragstellung rechtskräftig geworden ist.
Ein anderer Auslegungsansatz, dem dem Anschein nach auch COFAG und Finanzverwaltung folgen, wäre, § 1 WohlverhaltensG (nur) als allgemeine Zielbestimmung zu interpretieren und die Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten im WohlverhaltensG va durch Auslegung der einschlägigen Bestimmungen in den jeweiligen Verordnungen zu lösen. Für einen solchen Ansatz spricht, dass die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des WohlverhaltensG bereits veröffentlichten Verordnungen (VO über die Gewährung eines FKZ, VO über die Gewährung eines FKZ 800.000, VO über die Gewährung eines Verlustersatzes, VO Lockdown-Umsatzersatz, 3. VO Lockdown-Umsatzersatz) fast wortgleiche Bestimmungen wie § 3 WohlverhaltensG enthalten. Es erscheint unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber für die unter den Anwendungsbereich des WohlverhaltensG fallenden Zuschüsse (Lockdown-Umsatzersatz II, Ausfallsbonus, Ausfallsbonus II, Verlängerung des Verlustersatzes) mit den Bestimmungen des WohlverhaltensG eine andere Rechtslage schaffen wollte, als sie für FKZ I, FKZ 800.000, Verlustersatz und Lockdown-Umsatzersatz zu diesem Zeitpunkt - aufgrund fast wortgleicher Bestimmungen - bereits galt. In einem solchen Fall wäre wohl zu erwarten gewesen, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des WohlverhaltensG auch auf zukünftig zu gewährende FKZ I, FKZ 800.000, Verlustersätze und Lockdown-Umsatzersätze erstreckt. Da dies nicht erfolgte, erscheint wahrscheinlich, dass für die nach dem Inkrafttreten des WohlverhaltensG zu gewährenden COFAG-Zuschüsse (sowohl innerhalb als auch außerhalb des Anwendungsbereichs des WohlverhaltensG) keine wesentliche Abweichung von der bisherigen Rechtslage gewollt war und die Regelungstechniken in den jeweiligen Verordnungen als Klarstellungen bzw Konkretisierungen des WohlverhaltensG herangezogen werden können.
Analysiert man die einschlägigen Bestimmungen im Kontext der jeweiligen Verordnungen, so drängt sich das Ergebnis auf, dass wohl die letzten drei Jahre, für die zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits eine rechtskräftige Veranlagung vorliegt, erfasst sein sollen. Dies können je nach Steuerart unterschiedliche Veranlagungszeiträume sein. So ist zB denkbar, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung eines Unternehmens in der Umsatzsteuer die letzten drei rechtskräftig veranlagten die Jahre 2017, 2018 und 2019 und in der Einkommensteuer die letzten drei rechtskräftig veranlagten die Jahre 2016, 2017 und 2018 sind.
6. Resümee
Für die Unterstützung der österreichischen Unternehmen bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Krise wurde mit der COFAG eine GmbH gegründet, die innerhalb der unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ua finanzielle Zuschüsse an Unternehmen gewährt, welche die auf Verordnungsebene geregelten inhaltlichen Antragserfordernisse erfüllen. Da es sich bei der COFAG um keine Behörde handelt, wird das Förderverfahren nicht mit Bescheid abgeschlossen, sondern es kommt zum Abschluss eines privatrechtlichen Fördervertrags zwischen der COFAG und dem jeweiligen Antragsteller. Unterstützt bei der Abwicklung des Förderverfahrens wird die COFAG von der Finanzverwaltung, die das FinanzOnline-Verfahren für die Einbringung der Anträge zur Verfügung stellt, die automationsunterstützte Plausibilisierung der Anträge vor Auszahlung übernimmt und in einer Gutachterfunktion diverse Prüfungshandlungen vornimmt. Eine wichtige Rolle im Förderverfahren kommt auch den Berufsgruppen der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Bilanzbuchhalter zu, deren zur Qualitätskontrolle erforderliche Bestätigungen bei vielen der Zuschüsse zwingende Antragsvoraussetzung sind. Besonderheiten des Antragsverfahrens sind auch die sich aus dem allgemeinen Strafrecht ergebenden Problemstellungen (während das für Parteienvertreter und Finanzverwaltung gewohnte Finanzstrafrecht nicht zur Anwendung kommt) und die zwingende Antragsvoraussetzung des "steuerlichen Wohlverhaltens". Eine Begrifflichkeit, die in diesem Zusammenhang erstmals Eingang in die österreichische Rechtsordnung fand.
Mag. Anja Cupal ist seit 2014 Partnerin bei TPA in Österreich. Steuerberaterin, Stellv. Leiterin des Kompetenz Centers „Verfahrensrecht“, Zertifizierte Finanzstrafexpertin. Schwerpunkte: Finanzstrafrechtsberatung, Steuerstrukturierung/National & International, Steuerliche Spezialfragen, Steuerliches Risiko Management und Bauherren- und Beteiligungsmodelle.
Mag. Martin Riedler ist Mitarbeiter der Zentralen Fachstelle des Bundesministeriums für Finanzen, Mitglied des Leitungsausschusses der OECD-Arbeitsgruppe zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft und Mindestbesteuerung internationaler Konzerne, Fachvortragender und Fachautor. Er war bereits in den verschiedensten Organisationseinheiten der Finanzverwaltung tätig und verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich der Unternehmensbesteuerung.
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Der Artikel erschien zuerst in der RuSt 2021-Spezialausgabe der LexisNexis-Zeitschrift "RdW - Recht der Wirtschaft". Aufgrund unserer Kooperation dürfen wir ihn auch hier veröffentlichen.