Business Circle: Sehr geehrte Frau Mag. Frank, Sie sind Rechtsanwältin und Yogastudiobesitzerin, eine ungewöhnliche Kombination. Was hat Sie dazu bewogen, diesen Weg so einzuschlagen?
Therese Frank: So ungewöhnlich ist das gar nicht. Der Arbeitsalltag als selbständige Rechtsanwältin ist oft stressig. Und sehr kopflastig. Yoga schafft es, den Fokus auf Balance, Beweglichkeit, Kraft, Ausdauer und Atmung zu lenken. Und das ist ein fantastischer Ausgleich. Und um mal gleich mit einem Vorurteil aufzuräumen: Yoga ist nicht nur gemütlich sitzen und atmen, es kann auch sehr anstrengend werden. Und dann ist es überhaupt nicht mehr möglich so viel nachzudenken. Genau das Richtige für sehr viele Personen. Diese Begeisterung wollte ich mit anderen teilen und habe mich entschlossen, die 200h Ausbildung als Yogalehrerin zu machen und dann auch gleich ein Yogastudio zu eröffnen. Und so hat namasthese im Dezember 2022 in Wien 1220 eröffnet.
BC: Work-life-Balance gilt ja eher als „weiches“ Thema. Kann man diese überhaupt in Zahlen fassen und wenn ja, mit welchen Werten oder Messgrößen kann man arbeiten?
Frank: Work-life-Balance ist ein schwammiger Begriff und ist mE sehr individuell. Es lässt sich nicht an einer definierten Arbeitszeit/Freizeit Ratio festmachen. Für die eine Person bedeutet das weniger Wochenstunden zu arbeiten, für die andere mehr Urlaubstage zu haben und wieder andere sind einfach froh, wenn sie keine Überstunden leisten müssen. Eine gute Work-life-Balance definiert sich für mich jedenfalls darüber, wie gerne ich zur Arbeit gehe und wie gut ich abschalten kann, wenn ich aus der Arbeit raus bin. Und das ist sehr individuell. Geht man beispielsweise einer Teilzeitbeschäftigung nach, die man hasst, wird die arbeitsfreie Zeit darunter auch leiden.
BC: Seit Corona haben wir viel mehr Home-Office und flexiblere Arbeitsmodelle. Welche sowohl positiven als auch negativen Effekte sehen Sie da in Bezug auf Karriereentwicklung und Personal Growth? Gibt es Stolperfallen?
Frank: Ein großer Vorteil ist sicher die flexiblere Arbeitseinteilung. Die daraus resultierende Flexibilität kann sich positiv auf die Work-life-Balance auswirken. Vormittags noch zum Yoga? Kein Problem. Andererseits ist der Mensch ein soziales Wesen und ein positives Arbeitsumfeld fördert die Produktivität. Diese zwischenmenschlichen Beziehungen können bei „zu viel“ Homeoffice auf er Strecke bleiben und damit auch die Vernetzung innerhalb des Unternehmens.
BC: KI kann Zeit sparen und Prozesse erleichtern, gleichzeitig wächst mit der digitalen der Druck, die einfacheren Routineaufgaben (die früher gern den Konzipientinnen übertragen wurden) zu automatisieren. Welche Fähigkeiten werden für die Juristinnen von morgen viel wichtiger werden als heute?
Frank: Mit den sich weiter entwickelnden Technologien ist es offensichtlich, dass sich auch die Aufgabenbereiche von Jurist:innen verändern. Einfache Aufgaben werden mehr und mehr durch die Digitalisierung und KI wegfallen. Für die neue Generation an Jurist:innen bedeutet das meines Erachtens nur Gutes: ihre Aufgaben beginnen damit schon bei komplexeren Themen und nicht – wie früher vielleicht üblich – mit der Aktenablage. Die Fähigkeiten mit den neuen Technologien umzugehen, müssen damit aber natürlich auch vorhanden sein. Da mache ich mir bei der Gen Z allerdings keine Sorgen, dass die das schaffen.
Die Lebenszeit bekommt man nicht zurück
BC: Wie geht eine junge Juristin, die frisch in eine Kanzlei eintritt, am besten mit den alteingesessenen Namenspartnern um?
Frank: In einer Kanzlei mit respektvollem Umgang auf Augenhöhe, ist der Umgang mit den Partner:innen nicht anders als mit den anderen Mitarbeiter:innen.
Kanzleien bzw Teams, in denen das nicht so gelebt wird, in denen Mitarbeiter:innen noch angeschrien werden und/oder von oben herab behandelt, würde ich so schnell wie möglich wieder verlassen. Die Lebenszeit bekommt man nicht mehr zurück und niemand muss sich respektlos behandeln lassen.
BC: Und das Ganze einmal von der anderen Seite betrachtet: Wie kann es am besten gelingen, junge Talente zu bekommen und zu halten? Was ist dabei die Rolle der gelebten Kultur in einer Kanzlei?
Frank: Junge Talente findet man dort, wo junge Talente sich aufhalten. Und das heißt für mich jedenfalls auf und über Social Media. Meine Mitarbeiterinnen habe ich alle durch Stellenausschreibungen auf LinkedIn und Instagram gefunden.
Zum Thema gelebte Kultur: diese muss von oben kommen und von den Führungskräften vorgelebt werden. Für mich als Chefin bedeutet das Kommunikation auf Augenhöhe und mit Respekt. Die Wichtigkeit des Arbeitsklimas für die Produktivität der Mitarbeiter:innen und deren Verweilen in der Kanzlei, wird in unserer Branche noch völlig unterschätzt. Und da kann es nicht bei Werbeversprechen bleiben, das muss so gelebt werden. Dazu bin ich alles andere als eine „Micro-Managerin“. Jede meiner Mitarbeiterinnen hat Aufgabenbereiche, für die sie eigenverantwortlich zuständig ist. Dadurch fühlen sie sich gefordert, gebraucht und wertgeschätzt, weil ich ihnen in diesen Angelegenheiten vertraue. In a nutshell: Mitarbeiter:innen wollen mit Respekt behandelt und wertgeschätzt werden und Arbeiten eigenverantwortlich übernehmen. So behält man sich gute Angestellte!
BC: Sehr geehrte Frau Mag. Frank, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns, Sie im Oktober in Rust zu begrüßen!
Mag. Therese Frank, LL.M. ist Juristin, Rechtsanwältin bei Thorstensen Frank RAe, Yoga-Trainerin und Enthusiastin für die Themen Work-Life Balance in der juristischen Karriere. Im Rahmen der RuSt NEXTgen am 16. Oktober ist sie Gastgeberin eines Workshops zum Thema „Karriereentwicklung und Personal Growth“.
(c) Fotos: TÜV AUSTRIA Akademie/Daniel Mikkelsen und Business Circle