1. Hintergrund und Praxisrelevanz
Im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht werden bestimmte Einkunftsarten einer Abzugsteuer unterworfen. Der inländische Leistungsempfänger ist in diesen Fällen verpflichtet, die Steuer einzubehalten und abzuführen, um eine Sicherstellung der Steuerschuld zu gewährleisten. Bei Anwendbarkeit eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) kann die Steuerpflicht (teilweise) entfallen, wobei hier verschiedene Verfahrenswege offenstehen - die Entlastung an der Quelle und die Rückerstattung -, welche bereits im Zeitpunkt der Zahlung des Leistungsentgelts mitbedacht werden müssen.
In der Unternehmenspraxis wird bei grenzüberschreitenden Leistungsvereinbarungen oftmals erst in einem sehr späten Stadium das Thema der Abzugsteuer und der damit verbundenen Abwicklungskomplexitäten erkannt. Zunehmende Bedeutung erlangen in diesem Zusammenhang vor allem auch grenzüberschreitende IT-Leistungen, die vor allem als Überlassung von Rechten gem § 28 Abs 1 Z 3 EStG nach § 99 Abs 1 Z 3 EStG, aber auch als kaufmännische und technische Beratung nach § 99 Abs 1 Z 5 EStG der Abzugsteuer unterliegen können, soweit die nach § 98 EStG für die Begründung einer beschränkten Steuerpflicht jeweils erforderliche Inlandsanknüpfung vorliegt. Die nachfolgenden Erläuterungen haben vor allem Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Überlassung von Software zum Gegenstand, die nach § 99 Abs 1 Z 3 EStG als Überlassung von Rechten der Abzugsteuer unterliegen kann, und bieten anhand dieser Einkünfte einen Überblick über die Verfahren zur DBA-Entlastung.
2. Abzugsteuer nach § 99 EStG
2.1. Überblick zur Anwendung der Abzugsbesteuerung
§ 99 EStG enthält Regelungen zur Erhebungsform der Einkommensteuer. Für die in dieser Bestimmung genannten Einkünfte ausländischer Steuerpflichtiger wird die Einkommensteuer durch Einbehalt und Abfuhr einer Abzugsteuer erhoben. Diese Regelung schafft keine zusätzlichen Steuertatbestände, sondern knüpft an die in § 98 EStG geregelte Steuerpflicht für beschränkt Steuerpflichtige an, das sind natürliche Personen, die weder Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben, bzw ausländische Körperschaften, die in Österreich weder über Sitz noch Ort der Geschäftsleitung verfügen und gem § 21 Abs 1 KStG mit ihren Einkünften im Sinne der § 98 EStG ebenfalls der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Die Tatbestände in § 98 EStG knüpfen ihrerseits an die Steuertatbestände für unbeschränkt Steuerpflichtige an, beschränken den Umfang der Steuerpflicht allerdings aufgrund der erforderlichen Inlandsanknüpfung.
§ 99 EStG dient insbesondere der Sicherstellung des beschränkten Besteuerungsanspruches Österreichs. Während der beschränkt steuerpflichtige Ausländer (Einkünfteempfänger) Steuerschuldner ist, ist dessen Steuer im Weg des Abzuges vom österreichischen Leistungsempfänger zu erheben, der für den gesetzeskonformen Einbehalt und die Abfuhr dieser Abzugsteuer haftet.
2.2. § 99 Abs 1 Z 3 EStG - Abzugsbesteuerung grenzüberschreitender Überlassung von Software
§ 99 Abs 1 Z 3 EStG unterwirft die in § 98 Abs 1 Z 6 iVm § 28 Abs 1 Z 3 EStG aufgezählten Einkünfte der Abzugsteuer, wobei es gleichgültig ist, welcher der Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 1-3 und 6 diese Einkünfte grds zuzurechnen sind. Nach § 28 Abs 1 Z 3 EStG werden Einkünfte aus der Überlassung von Rechten auf bestimmte und unbestimmte Zeit oder aus der Gestattung der Verwertung von Rechten, insbesondere aus der Einräumung der Werknutzung (Werknutzungsbewilligung und Werknutzungsberechtigung) im Sinne der Urheberrechtsgesetzes, erfasst. Beschränkt steuerpflichtig sind diese nach § 98 Abs 1 Z 6 EStG insoweit, als die überlassenen Rechte in einem inländischen Register eingetragen oder in einer inländischen Betriebsstätte im Sinne der § 29 BAO verwertet werden. Es muss sich dabei nicht um eine Betriebsstätte des beschränkt steuerpflichtigen Lizenzgebers handeln. Die erforderliche Inlandsanknüpfung für die Begründung der beschränkten Steuerpflicht des Lizenzgebers wird auch durch die im Regelfall gegebene Verwertung in der inländischen Betriebsstätte des Lizenznehmers bewirkt.
Bei der Überlassung von Software stellt sich insbesondere die Frage, ob damit eine Überlassung von Rechten auf bestimmte und unbestimmte Zeit oder aus der Gestattung der Verwertung von Rechten iSv § 28 Abs 1 Z 3 EStG einhergeht. Einkünfte nach § 28 Abs 1 Z 3 EStG liegen nach der VwGH-Judikatur1 dann nicht vor, wenn es sich um keine zeitlich beschränkte Gebrauchsüberlassung handelt, sondern das Recht endgültig überlassen wird. Die zeitlich unbeschränkte, endgültige Gebrauchsüberlassung von Rechten ist demnach als Veräußerung zu beurteilen.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung unterliegen "Lizenzeinkünfte für die Überlassung von Software insbesondereesondere dann dem Steuerabzug, wenn ein Werknutzungsrecht im Sinne der Urheberrechtsgesetzes eingeräumt ist, die Software auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zu nutzen (zum Beispiel Recht zur Vervielfältigung oder Modifikation). Kommt es zur Veräußerung der Rechte, das heißt dem Veräußerer steht danach keine weitere Verfügungsmacht (keine weitere Veräußerungsmöglichkeit) mehr zu, unterbleibt ein Steuerabzug. Einkünfte aus der Veräußerung von Standardsoftware unterliegen daher nicht dem Steuerabzug."
Dieselbe Ansicht wird auch in der EAS 3408 vom 3. 9. 2018 vertreten und anhand eines konkreten Sachverhaltes, in dem einem österreichischen Kunden von einer deutschen AG lediglich ein Nutzungsrecht an der zur Nutzung der angebotenen Funktionalitäten erforderlichen Software für eigene Zwecke eingeräumt wird, ausführlich erläutert. Danach ist eine Abzugsteuerpflicht nur dann gegeben, wenn dem Nutzer umfassende Nutzungsrechte an der Software zur wirtschaftlichen Weiterverwertung eingeräumt werden. Das könnten insbesondere Vervielfältigungs-, Bearbeitungs-, Verbreitungs- oder Veröffentlichungsrechte sein. Wird lediglich das Recht auf die zeitlich unbegrenzte Eigennutzung der Software erworben, könne das Bestehen einer Abzugsteuerpflicht nach § 99 EStG ausgeschlossen werden.
Die Ansicht der Finanzverwaltung scheint bei der Einordnung von Softwarezahlungen von einem wirtschaftlichen Verständnis geprägt zu sein und orientiert sich am vereinbarten Verwertungsumfang der Software. Dies ist uE vor dem Hintergrund zu sehen, dass insbesondere bei Standardsoftware eine sehr weite Auslegung des Tatbestands des § 98 Abs 1 Z 6 EStG zu administrativen Erschwernissen für inländische Unternehmen führen könnte, obwohl im Ergebnis oftmals kein inländisches Besteuerungsrecht bestehen bleibt, da die Einkünfte idR aufgrund von DBA nur im Ansässigkeitsstaat des Lizenzgebers besteuert werden dürfen.
Dies zeigt sich auch im mit dem Wartungserlass 2021 ergänzten zweiten Absatz der EStR 2000 Rz 8000: "Beim einmaligen Download einer Software gegen Einmalzahlung sowie bei Software-Abodiensten und der Nutzung von Online-Datenbanken gegen eine regelmäßige, zum Beispiel monatliche, Zahlung werden weder Rechte im Sinne der § 28 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 überlassen noch deren Verwertung gestattet, wenn dem User/Erwerber nur das Recht eingeräumt wird, die Software oder Inhalte unbegrenzt und bestimmungsgemäß zu benutzen und eine Verwertung oder Vervielfältigung nicht erlaubt ist. Damit im Zusammenhang stehende Einkünfte führen daher nicht zu einer beschränkten Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 und unterliegen folglich auch nicht dem Steuerabzug im Sinne der § 99 Abs. 1 Z 3 EStG 1988." Diese neuen Aussagen zu bestimmten Konstellationen einer Software-Nutzung sind aus Sicht der Unternehmenspraxis zu begrüßen.
Diskussionswürdig ist in diesem Zusammenhang noch, dass § 98 iVm § 28 Abs 1 Z 3 EStG Einkünfte aus der Einräumung von Werknutzungsbewilligungen und von Werknutzungsrechten erfasst. Urheberrechtlich wird zwischen Werknutzungsrecht und Werknutzungsbewilligung nicht anhand des Umfangs der Verwertungsmöglichkeiten (bloße Eigennutzung versus darüber hinausgehende Verwertungsrechte), sondern einzig und allein anhand der Exklusivität der Rechteeinräumung an der überlassenen Software unterschieden.5 Beim Werknutzungsrecht wird nicht nur jeder Dritte, sondern auch der Urheber selbst von der weiteren kommerziellen Verwertung ausgeschlossen.6 Sowohl bei einem (exklusiv eingeräumten) Werknutzungsrecht als auch bei einer (nicht exklusiv eingeräumten) Werknutzungsbewilligung kann der Umfang der Verwertung aber sachlich, örtlich - aber auch zeitlich - begrenzt geregelt werden. So ist es eben auch möglich, das exklusive Werknutzungsrecht zum Beispiel auf fünf Jahre beschränkt einzuräumen. Diesfalls fallen die Verwertungsrechte nach Ablauf wieder an den Urheber zurück.
Sowohl die EStR 2000 als auch die oben zitierte EAS nennen explizit lediglich die Einräumung von Werknutzungsrechten als Einkunftsquelle, die der Abzugsteuer unterliegen kann. Vor dem Hintergrund des am Verwertungsumfang orientierten Verständnisses der Finanzverwaltung kann uE jedoch auch eine (nicht exklusive) Werknutzungsbewilligung, die über die eigenbetriebliche Nutzung hinausgehende Vervielfältigungs- und Modifikationsrechte einräumt, eine Abzugsbesteuerung auslösen. Obwohl auch bei der "Veräußerung von Standardsoftware" idR eine (nicht exklusive) Werknutzungsbewilligung eingeräumt wird, erachtet hingegen die Finanzverwaltung daraus entstehende Einkünfte nicht als beschränkt steuerpflichtig. Dies deshalb, weil die Überlassung von Standardsoftware typischerweise auf die bloß eigenbetriebliche Nutzung beschränkt ist und keine darüber hinausgehenden Modifikations- oder Vervielfältigungsrechte gewährt werden.
Soweit ein (exklusives) Werknutzungsrecht an einer Software ohne jeden Zeitbezug, demnach zeitlich unbegrenzt, eingeräumt wird, kann uE die Anwendung der Abzugsbesteuerung ebenfalls ausgeschlossen werden, da das Tatbestandsmerkmal der "Überlassung von Rechten auf bestimmte oder unbestimmte Zeit" im Sinne der § 28 Abs 1 Z 3 EStG nicht erfüllt wird. Denn die zeitlich unbegrenzte, quasi "endgültige" Einräumung eines exklusiven Werknutzungsrechtes wird in wirtschaftlicher Betrachtung als "Veräußerung von Rechten" anzusehen sein, die nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht dem Steuerabzug unterliegt.
In der Unternehmenspraxis ist demnach eine detaillierte Vertragsanalyse hinsichtlich der Art und des Umfangs von Verwertungsrechten, die mit einer grenzüberschreitenden Überlassung von Software verbunden sind, erforderlich. In diesem Zusammenhang sind im Wesentlichen folgende Kriterien für die Beurteilung einer eventuellen Abzugsteuerpflicht relevant:
- Verträge zur grenzüberschreitenden Überlassung von Software, die keine über die eigenbetriebliche Nutzung hinausgehenden Verwertungsrechte einräumen, sind nicht vom Anwendungsbereich der Abzugsteuer erfasst. Darunter fallen typischerweise sämtliche Verträge, die die Überlassung von Standardsoftware zum Gegenstand haben.
- Verträge, die über die eigenbetriebliche Nutzung hinausgehende Verwertungsrechte einräumen, werden idR in den Anwendungsbereich der Abzugsteuer fallen, gleichgültig, ob die Vertragsregelungen eine (nicht exklusive) Werknutzungsbewilligung oder ein (exklusives) Werknutzungsrecht einräumen.
- Bei Verträgen, die hinsichtlich der überlassenen Software über die eigenbetriebliche Nutzung hinausgehende Verwertungsrechte in Form eines (exklusiven) Werknutzungsrechtes einräumen, ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob eine (urheberrechtlich zulässige) Beschränkung der Verwertungsart bzw des Verwertungsumfanges (bspw örtlich, sachlich oder zeitlich) vereinbart ist:
• Soweit vertraglich keine Nutzungsbeschränkungen für den Nutzungsberechtigten vereinbart werden und damit der Urheber der überlassenen Software diese endgültig nicht mehr nutzen bzw verwerten darf, unterbleibt der Steuerabzug ("Veräußerung von Rechten" im Sinne der EStR 2000 Rz 8000).
• Soweit Nutzungsbeschränkungen für den Nutzungsberechtigten vereinbart sind, demnach beim Urheber der Software Verwertungsrechte verbleiben (wenngleich örtlich oder sachlich beschränkt) oder nach Ablauf einer zeitlichen Befristung wieder aufleben, unterliegen die Vergütungen aus diesen Verträgen der Abzugsteuer.
3. DBA-Entlastung abzugsteuerpflichtiger Einkünfte
3.1. Allgemeines zur DBA-Entlastung
Einkünfte, die gem § 99 EStG abzugsteuerpflichtig sind, sind idR grenzüberschreitend, weshalb immer auch die Anwendbarkeit eines DBA zu prüfen ist. Darf Österreich diese Einkünfte aufgrund der von Österreich abgeschlossenen DBA gar nicht oder nur teilweise besteuern, so ergibt sich eine vollständige oder teilweise Entlastungsberechtigung für den beschränkt Steuerpflichtigen. Sofern die Einkünfteempfänger DBA-berechtigt sind, kann die Entlastung auf zweierlei Art und Weise erfolgen: direkt an der Quelle, dh, im Zeitpunkt der Zahlung wird die DBA-Befreiung direkt angewendet und entsprechend weniger Abzugsteuer einbehalten und abgeführt, oder im Wege einer Rückerstattung der zu viel einbehaltenen Abzugsteuer. Diese zwei Verfahren sollen in der Folge genauer erläutert werden.
Unterliegen bestimmte Einkünfte gar nicht der beschränkten Steuerpflicht, so gründet sich im Übrigen die Nichtvornahme des Steuerabzugs auf innerstaatliches Recht und nicht auf die DBA-Entlastungsverordnung. Wurde dennoch (fälschlicherweise) eine Abzugsteuer einbehalten und abgeführt, so hat der Einkünfteempfänger die Möglichkeit, gem § 240 Abs 3 BAO einen Antrag auf Rückerstattung der zu Unrecht einbehaltenen Abzugsteuer zu stellen.
3.2. DBA-Befreiung für Softwarelizenzen?
Die Berechtigung zur Entlastung an der Quelle setzt voraus, dass der Einkünfteempfänger in einem DBA-Partnerstaat ansässig ist und dass die jeweils anwendbare Verteilungsnorm das Besteuerungsrecht Österreichs einschränkt. Dies ist bei Softwarezahlungen dann der Fall, wenn sie als Lizenzgebühren qualifiziert werden und das anwendbare DBA eine dem Art 12 OECD-MA nachgebildete Bestimmungen enthält oder wenn sie als Unternehmensgewinne iSv Art 7 OECD-MA qualifiziert werden und der Einkünfteempfänger keine Betriebsstätte in Österreich unterhält. Nach Ansicht des Kommentars zu Art 12 OECD-MA handelt es sich bei Zahlungen für den Erwerb einer Programmkopie für Zwecke der Nutzung auf der eigenen Festplatte des Erwerbers um Unternehmensgewinne, die von Art 7 OECD-MA erfasst sind und nicht um Lizenzgebühren iSv Art 12 OECD-MA.12 Solche Zahlungen wären nur dann als von Art 12 OECD-MA erfasste Lizenzgebühren zu werten, wenn der österreichische Leistungsempfänger dafür die erworbene Software selbst vervielfältigen und gewinnbringend verwerten kann. Enthält das DBA eine dem UN-MA nachgebildete Definition von Lizenzgebühren und umfasst diese daher auch die Überlassung von gewerblichen, kaufmännischen und wissenschaftlichen Ausrüstungen, ist nach Ansicht der Finanzverwaltung selbst die Überlassung von Standardsoftware von Art 12 erfasst.
3.3. Entlastung an der Quelle
Bei abzugsteuerpflichtigen Softwarezahlungen, für die eine DBA-Befreiung greift, kann nach Maßgabe der DBA-Entlastungsverordnung (DBA-EVO) eine Entlastung an der Quelle vorgenommen werden. Demnach kann der Abzugsverpflichtete, also derjenige, der auch für die Abfuhr der Abzugsteuer haftet, die DBA-Befreiung unmittelbar anwenden, wenn er die Richtigkeit der Unterlassung oder Einschränkung des Steuerabzuges beweisen bzw glaubhaft machen kann. Die Quellenentlastung ist grundsätzlich optional, da der Abzugsverpflichtete im Zweifel ob der Richtigkeit der DBA-Anwendung immer die Möglichkeit haben soll, die volle Abzugsteuer abzuführen, um Haftungsfolgen zu vermeiden.
Die Entlastung an der Quelle ist zulässig, wenn folgende Voraussetzungen (kumulativ) erfüllt sind:
- Vorliegen einer von der ausländischen Steuerverwaltung ausgestellten Ansässigkeitsbescheinigung des Einkünfteempfängers bzw einer Erklärung des Einkünfteempfängers, sofern die Vergütung 10.000 € nicht übersteigt;
- Vorliegen einer Erklärung des Einkünfteempfängers, dass ihm die betroffenen Einkünfte zuzurechnen sind, dass er keine Betriebsstätte im Inland unterhält und - im Falle von natürlichen Personen - dass kein weiterer Wohnsitz in Österreich vorliegt;
- kein Vorliegen der in § 5 DBA-EVO genannten Ausschlussgründe.
Bei juristischen Personen besteht die Besonderheit, dass darüber hinaus eine Substanzerklärung vorliegen muss, in der der Einkünfteempfänger bestätigt, dass er eine Betätigung entfaltet, die über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgeht, eigene Arbeitskräfte beschäftigt und über eigene Betriebsräumlichkeiten verfügt. Dies gilt im Übrigen auch für Personengesellschaften, die im anderen Staat als abkommensberechtigt behandelt werden. Bei transparenten Personengesellschaften müssen hingegen Ansässigkeitsbescheinigungen der Gesellschafter beigebracht werden.
Wenn sich aus dem jeweilig anwendbaren DBA eine besondere Rechtslage ergibt, können auch zusätzliche Dokumente erforderlich sein, um die Zulässigkeit der DBA-Befreiung zu belegen. Enthält ein DBA bspw eine LOB ("Limitation on Benefits")-Klausel (zum Beispiel Art 16 DBA-USA), wäre ausreichend zu dokumentieren, dass der Entlastungsanspruch nicht aufgrund der LOB-Klausel versagt wird.
Die genannten Dokumente sind vom Abzugsverpflichteten zeitnah einzufordern und aufzubewahren. Nur dann kann er haftungsbefreiend an der Quelle entlasten. Es ist außerdem darauf zu achten, dass nach Ansicht der Finanzverwaltung für die Erklärungen die Formulare ZS-QU1 (natürliche Person) oder ZS-QU2 (juristische Person) verwendet werden. Denn sind diese Formulare ordnungsgemäß ausgefüllt und von der ausländischen Steuerverwaltung bestätigt, dann wird damit der Abzugsverpflichtete in die Lage versetzt, die Grundvoraussetzungen der Anspruchsberechtigung für die Steuerentlastung ausreichend zu belegen. Die Formulare müssen im Original vorliegen; Scans oder Kopien sind nicht ausreichend. Als Original wird uE auch eine elektronische Version des ZS-QU-Formulars anzusehen sein, welches mit qualifizierten elektronischen Unterschriften - sowohl des Antragstellers (des Einkünfteempfängers) als auch der ausländischen Steuerverwaltung - versehen ist.
Bei laufender Geschäftsverbindung, was bei Lizenzvereinbarungen sehr häufig der Fall ist, muss nach Ansicht der Finanzverwaltung der ausländische Vertragspartner nicht für jede einzelne Zahlung ein gesondertes Formular ausfüllen, sondern es kann (allenfalls nachträglich) ein Gesamtbeleg erstellt werden.
3.4. Rückerstattung
Sofern die DBA-Entlastung nicht bereits an der Quelle erfolgt ist, kann eine Rückerstattung der zu viel einbehaltenen Abzugsteuer beantragt werden. Der Antrag muss vom Einkünfteempfänger, dem die Einkünfte auch zugerechnet werden müssen, gestellt werden. Die Rechtsgrundlage dafür ergibt sich direkt aus dem jeweils anwendbaren DBA, wobei § 240 Abs 3 BAO anwendbar ist. Die Frist beträgt fünf Jahre ab dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abzugsteuer einbehalten wurde.
Der Antrag ist gem § 61 Abs 4 Z 1 BAO beim Finanzamt für Großbetriebe einzureichen, das für die Rückzahlung von Abgaben aufgrund völkerrechtlicher Verträge zuständig ist. Seit 1. 1. 2019 gilt ein neues Verfahren für DBA-Rückerstattungen (§ 240a BAO, "ABZ-Verfahren"). Demnach muss zunächst eine elektronische Vorausmeldung abgegeben werden. Es stehen je nach Einkunftsart unterschiedliche Web-Formulare zur Verfügung, die online auszufüllen sind; für Lizenzgebühren ist dies das Formular "ZS-RD-LIZ". Aus der Vorausmeldung wird sodann ein Antrag generiert, der ausgedruckt und vom Antragsteller unterzeichnet werden muss. Weiters ist auf diesem Ausdruck auch die Ansässigkeitsbescheinigung von der ausländischen Steuerverwaltung einzuholen und schließlich in Papierform postalisch beim Finanzamt für Großbetriebe einzureichen.
4. Auf den Punkt gebracht
Bei Zahlungen für die Überlassung von Software an ausländische Unternehmen stellt sich in der Praxis die oft schwierige Frage, ob der Kunde in Österreich eine Abzugsteuer einzubehalten hat oder nicht. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob die Softwareüberlassung überhaupt der beschränkten Steuerpflicht in Österreich unterliegt, da die Einkünfte andernfalls nicht abzugsteuerpflichtig sind. Bejaht man in diesem ersten Analyseschritt die Abzugsteuerpflicht, stellt sich weiters die Frage, ob ein anwendbares DBA die beschränkte Steuerpflicht in Österreich einschränkt. Diesfalls kann die DBA-Befreiung bereits bei Auszahlung der Softwarezahlung vom Abzugsverpflichteten selbst angewendet werden, sofern die Voraussetzungen der DBA-EVO erfüllt sind. Ansonsten bleibt dem Einkünfteempfänger nur der Gang ins Rückerstattungsverfahren, um eine DBA-Entlastung zu erlangen.
Um die im obigen Absatz angesprochenen Analyseschritte zur Gewährleistung der Abzugsteuer-Compliance in der Unternehmenspraxis sicherzustellen, bedarf es geeigneter prozessualer Vorkehrungen, die im Unternehmen die systematische Identifikation grenzüberschreitender potenziell steuerabzugspflichtiger Sachverhalte ermöglichen. Ein zentraler Vertragsmanagementprozess kann diese Anforderung gewährleisten, wenn dadurch sichergestellt wird, dass bereits im Stadium der Vertragsanbahnung bzw der Vertragsverhandlungen die Prüfung der beabsichtigten Beauftragung auf Abzugsteuer-Relevanz erfolgt. Sollte diese Prüfung ergeben, dass eine Abzugsteuerpflicht besteht, ist dringend zu empfehlen, diese in der Vertragsgestaltung ausdrücklich zu berücksichtigen und insbesondere alle Voraussetzungen und formellen Nachweise für eine eventuelle DBA-rechtlich zulässige Entlastung an der Quelle im Detail zu regeln. Die letzte Kontrollmöglichkeit zur Gewährleistung der Abzugsteuer-Compliance liegt in jener Organisationseinheit, die im Unternehmen auf der Grundlage von Eingangsrechnungen Auslandszahlungen auslöst (idR die Finanzbuchhaltung). Diese Organisationseinheit hat insbesondere in jenen Einzelfällen mit grenzüberschreitendem Charakter, denen keine Verträge zugrunde liegen, zentrale Bedeutung für die Sicherstellung der Abzugsteuer-Compliance. Um zu gewährleisten, dass die für die Abzugsteuerbeurteilung und -gestionierung relevanten Prozessvorgaben im Unternehmen gelebt werden, sind die implementierten Prozesse und Kontrollen durch ein geeignetes Schulungskonzept zu unterstützen.
Die Autoren:
MMag. Dr. Manfred Burger leitet den Bereich Steuern und Konzernprojekte der Raiffeisen-Holding NÖ-W der die Steuerverantwortung für die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien und die Raiffeisenlandesbank NÖ-W sowie die Verantwortung für konzernübergreifende Projekte, insbesondere im aufsichtsrechtlichen Bereich, umfasst.
Dr. Veronika Daurer, LL.B., ist stellvertretende Abteilungsleiterin der Abteilung für Internationales Steuerrecht im Bundesministerium für Finanzen (BMF) mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Verrechnungspreise. Davor war sie Assistentin am Institut für Österreichisches und Internationales Steuerrecht an der WU Wien.
Dr. Axel Anderl, LL.M. ist Managing Partner bei DORDA. Er leitet das IT, IP und Datenschutzteam sowie die Digital Industries Group. Er ist in diversen Anwaltsrankings als führender IT, Datenschutz und IP Anwalt ausgewiesen. Autor zahlreicher Fachpublikationen, u. a. Herausgeber des NISG-Kommentars (Verlag Manz 2019), #Blockchain in der Rechtspraxis (LexisNexis 2020), IP in der Praxis (Manz 2020) sowie zuletzt UWG Handbuch (Verlag Linde). Einschlägige Lehrtätigkeit an den Universitäten Wien, Innsbruck und Krems.
Zur unserem Bereich "Recht und Steuern"
Der Artikel erschien zuerst in der RuSt 2021-Spezialausgabe der LexisNexis-Zeitschrift "RdW - Recht der Wirtschaft". Aufgrund unserer Kooperation dürfen wir ihn auch hier veröffentlichen.