Business Circle: Sehr geehrter Herr Gluttig, Sie sind Gründer und Managing Partner von inloop, was hat Sie damals zur Gründung bewogen und was waren Ihrer wichtigsten Milestones von der Gründung bis heute?
Gregor Gluttig: Sehr gerne! Ich bin seit mittlerweile fast 20 Jahren im Supply Chain Management tätig, und mit inloop bringen wir zusätzlich die Perspektive der zirkulären Geschäftsmodelle, sprich Kreislaufwirtschaft, in das Lieferkettenmanagement ein. Dafür bietet die Wertschöpfungskette zahlreiche Einstiegspunkte, sei es an deren Anfang mit dem entsprechenden Produktdesign oder am Ende mit Reverse Logistics. Zudem unterstützen wir unsere Kund:innen in der praktischen Umsetzung von Lieferkettenregularien. Die wichtigsten Meilensteine seit Gründung sind definitiv die erfolgreich abgeschlossenen Projekte in diesen beiden Bereichen.
BC: Langfristig können sich neue Denkmodelle und Mindsets vor allem dann durchsetzen, wenn sie sich für die Unternehmen bezahlt machen, welche Best Practices oder Erfolgsstories von Kreislaufwirtschaftsmodellen kennen Sie und was können Österreichs KMU davon lernen?
Gluttig: Wir können von Unternehmen nicht verlangen aus einem reinen Idealismus heraus zu agieren. Natürlich muss daher hinter jedem neuen Geschäftsmodell der entsprechende Business Case stehen – selbstredend gilt das auch für die Kreislaufwirtschaft. Denken Sie an die Vertriebsmitarbeiter:innen, wenn Sie vom Maschinenverkauf auf Maschine-as-a-Service umstellen. Plötzlich ändert sich das Geschäftsmodell vom Verkauf zum Stichtag auf langfristige Mieteinnahmen über Jahre hinweg. Hier gilt es frühzeitig das organisatorische Set-up und die entsprechenden Anreize für Führungskräfte und Mitarbeiter:innen zu schaffen. KMUs können einerseits von den Großen lernen, andererseits gibt es in diesem Bereich bereits viele erfolgreiche Beispiele.
BC: Durch Richtlinien wie CSDDD kommt der Transparenz in der Lieferkette eine noch größere Bedeutung zu. Welche Rolle spielen da KI-gestützte Systeme?
Gluttig: Das ist sehr vom einzelnen Unternehmen und dessen Lieferant:innenstruktur abhängig. Bei großen Datenmengen und komplexen internationalen Lieferketten ist für die Nachverfolgbarkeit und das Schaffen von Transparenz eine KI-Unterstützung jedenfalls sinnvoll. Mit Unterstützung ist es für die Unternehmen auch leichter den Anforderungen nach Transparenz bei Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstößen nachzukommen. Eine Segmentierung unterstützt die Überwachung je nach Risikokategorie – KI-Monitoring für Hochrisikolieferant:innen und Mindeststandards (z.B. Code of Conduct) für alle.
BC: Welche konkreten Schritte wären notwendig, um von einer linearen zu einer zirkulären Wirtschaft zu wechseln? Und wie kann man das mit seinem Lieferkettenmanagement verbinden?
Gluttig: Der erste Ansatz liegt im Produktdesign, um Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit von Produkten zu gewährleisten. Insgesamt gibt es in der Kreislaufwirtschaft fünf Modelle um das Konzept entsprechend zu etablieren. Diese reichen vom Vermeiden und Wiederverwerten über Produktlebenszyklusverlängerungen sowie Product-as-a-Service-Lösungen bis hin zu den bekannten Sharing Plattformen. Im Lieferkettenmanagement sind hier strategische Partnerschaften und Transparenz unumgänglich. Denken Sie beispielsweise an Logistikdienstleister und wie sich deren Geschäftsfeld durch Kreislaufwirtschaft in der Bauwirtschaft ändert. Nearshoring wird zu einem ganz wichtigen Thema.
BC: Nur, was man messen kann, kann man auch steuern: Welche KPIs können Unternehmen nutzen, um ihre Lieferketten in Bezug auf ESG-Kriterien zu überwachen?
Gluttig: Im Umweltbereich spielt das Messen und Verfolgen von CO2-Emissionen entlang der Lieferkette eine ganz besondere Rolle. Oder wie viele meiner Lieferant:innen können die von mir gewünschten Zertifizierungen vorweisen? Es wäre möglich deren Transparenzquote zu verfolgen. Wie viele meiner Lieferant:innen können ESG-Berichte bereitstellen? Wie hoch ist der Anteil der Hochrisikolieferant:innen und die Verringerung derselben durch entsprechende Maßnahmensetzung? Die jeweiligen KPIs sind unternehmensabhängig festzulegen und zur jeweiligen Maßnahmenverfolgung unumgänglich.
Flexibilität für Innovationen und neue Lösungsansätze erhalten
BC: Kann eine stärkere Regulierung, wie sie durch die CSDDD vorgegeben wird, Innovation fördern, oder besteht die Gefahr, dass die Bürokratie überbordend wird und das Gegenteil von dem bewirkt, was intendiert war?
Gluttig: Was wir zurzeit sehen, ist eine gewisse Regulierungsmüdigkeit in Unternehmen. Hier prasseln viele Anforderungen gleichzeitig auf die Unternehmen ein. Trotzdem kann Regulierung Innovation durchaus fördern, da Unternehmen angehalten werden nachhaltige Lösungen und Technologien zu entwickeln. Man muss Ihnen jetzt die Möglichkeit einräumen sich mit den bestehenden auseinanderzusetzen und keine Überfrachtung zu betreiben, damit eine Flexibilität für Innovationen und neue Lösungsansätze gegeben bleibt.
BC: Abschließend: Sie werden ja das erste Mal bei uns vortragen (Glückwunsch dazu!), was wollen Sie bei Ihrem Publikum bewirken, was für ein Feedback würden Sie sich wünschen, damit Sie am Ende sagen können: „Das hat sich für mich gelohnt“?
Gluttig: Wenn das Publikum nach meinem Vortrag Kreislaufwirtschaft als Zukunftschance für unsere Wirtschaft begreift, dann habe ich meinen Auftrag erfüllt.
BC: Sehr geehrter Gluttig, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns, Sie bald bei uns persönlich zu begrüßen!
Gregor Gluttig ist Managing Partner bei inloop und Vorstandsmitglied im Circular Economy Forum Austria. Im Rahmen des Circular Economy Exchange 3.0 ist er Gastgeber eines Deepdives: „Zukunftsfitness durch transparente Lieferketten“.
Fotocredit: © APA/Fotograf Krisztian Juhasz | Business Circle