Business Circle: Sehr geehrte Frau Pechac, Was macht „Verpackung mit Zukunft“ genau, wo liegt der Mehrwert für Unternehmen und die Gesamtwirtschaft Österreichs?
Sandra Pechac, MA: Als „Plattform Verpackung mit Zukunft“ bündeln aktuell 25 engagierte Unternehmen entlang der gesamten Verpackungswertschöpfungskette ihre Kräfte. Vom Rohstoffverarbeiter bis zum Recycler, vom Verpackungs- bis zum Konsumgüterhersteller.
Wir sind der Überzeugung, dass eine ressourcenschonende Nutzung von Verpackungen möglich, sinnvoll und notwendig ist. Deshalb arbeiten wir gemäß den Grundsätzen: Verpackungen vermeiden, verbessern, wiederverwenden und recyceln. Unser Ziel ist die Etablierung einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft, in der kein Wertstoff verloren geht. So haben Verpackungen wirklich eine Zukunft. Wir wollen gemeinsam an zukunftsfähigen Lösungen arbeiten, unser Wissen weitergeben und mit allen in den Dialog gehen, die Interesse haben.
BC: Was wird allgemein gern übersehen, wenn man den gesamten ökologischen Fußabdruck einer Verpackung betrachtet?
Pechac: Es kommt oft vor, dass das eigentliche Produkt übersehen wird, das durch die optimale Verpackung geschützt werden soll. Nehmen wir als Beispiel Lebensmittelverpackungen her – die Produktion von Lebensmittel braucht bereits Ressourcen. Die richtige Verpackung macht dabei oft einen weniger großen Anteil am ökologischen Fußabdruck eines Lebensmittels aus als man vielleicht glauben möchte.
Leider gehen noch immer weltweit ein Drittel aller Lebensmittel entlang der Wertschöpfungskette verloren. Verpackungen sind im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung ein wichtiger Hebel, denn sie sorgen dafür, dass Lebensmittel schonend transportiert werden können und zudem länger haltbar sind. Dadurch können Lebensmittelabfälle um bis zu 75% reduziert werden. Der so bewirkte ökologische Nutzen überwiegt den ökologischen Aufwand für die Verpackung meist deutlich.
Ein wesentlicher Faktor, der manchmal auch übersehen wird, ist der Transport. Die Gesamtökobilanz einer Verpackung wird stark vom Transport mitbestimmt. Je näher der Produzent räumlich beim Endkonsumierenden ist, umso besser schneidet etwa die Glasflasche ab. Je weiter der Transportweg, umso größer die Emissionen. Daher haben beispielsweise Kunststoffverpackungen aufgrund ihres geringen Gewichts beim Transport eine bessere CO2-Bilanz.
BC: Sie werden in Ihrem Round Table das Thema „Erfolgsfaktor Informationsfluss“ behandeln, was wäre denn ein Beispiel für Reibungsverluste durch mangelnden Kommunikationsfluss und wie kann man diesen begegnen?
Pechac: Nur wenn alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette zusammenarbeiten, kann Kreislaufwirtschaft funktionieren. Es gibt noch Verbesserungspotential, um die Materialien im Kreislauf zu halten. Je besser das gelingt, desto weniger Abfälle produzieren wir. Dabei sind auf der einen Seite die Unternehmen und die Politik gefragt eng zusammenzuarbeiten, aber es ist auf der anderen Seite auch wichtig Konsument:innen zu erreichen und zu informieren.
Es gibt beim Thema Verpackung keine Pauschallösungen
Viele sind sehr bemüht, möglichst nachhaltig zu handeln und beim Einkauf die richtigen Entscheidungen zu treffen. Sie sind dabei aber oft von Mythen und Halbwahrheiten geleitet, wonach zum Beispiel Kunststoffverpackungen immer die schlechteste Wahl seien und am besten sowieso ganz unverpackt gekauft werden sollte. Klar ist: Jede überflüssige Verpackung ist zu vermeiden. Was auf den ersten Blick manchmal überflüssig erscheint, ist es in vielen Fällen aber nicht. Denn der Einsatz der optimalen Verpackung hat bei richtiger Entsorgung überwiegend positive Effekte auf die ökologische Bilanz eines Produktes. Viele achten auch sehr auf die richtige Mülltrennung, aber es gibt nach wie vor Unsicherheiten bzw. Aufklärungsbedarf.
Verpackungen sind ein sehr komplexes Thema, denn es gibt keine Pauschallösungen und nicht „die eine nachhaltige Verpackung“. Man muss hier differenziert betrachten und alle Fakten miteinbeziehen. Verpackungen sind außerdem stark im Wandel und die Technologien verbessern sich stetig. Durch einen kontinuierlichen Dialog wollen wir es Endverbraucher:innen so einfach wie möglich machen, sich im Verpackungsdschungel zurechtzufinden.
BC: Möchten Sie vielleicht eine besondere Erfolgsstory Ihres Konzeptes mit uns teilen?
Pechac: Bei unseren interaktiven „Pop-Up-Ständen“ konnten wir bisher viel Aufklärungsarbeit leisten und Verbraucher:innen unterstützen. Wir sind mit unseren Ständen an unterschiedlichsten Orten, wie etwa vor Supermärkten, in Einkaufszentren, oder auf öffentlichen Events, wie beispielsweise dem Donauinselfest in Wien, wo wir mit allen Interessierten in den Dialog treten. Dabei bereiten wir zielgruppengerechte Stationen auf, die sich mit wichtigen Themen wie Lebensmittelverschwendung, dem Wert und Nutzen von Verpackungen, dem Paradebeispiel im Recycling – der PET-Flasche oder auch der richtigen Mülltrennung beschäftigen. Das komplexe Thema soll dadurch anschaulich nähergebracht werden.
BC: Was halten Sie von alternativen, nachwachsenden Verpackungsmaterialien wie z.B. Biokunststoffen?
Pechac: Es ist gut und wichtig, dass nach Alternativen geforscht wird, um endliche Ressourcen zu schonen und es steckt auf jeden Fall Potential darin. Nicht alle Alternativen sind aber automatisch auch nachhaltiger – es kommt immer auf die Umweltbilanz jedes einzelnen Materials an. Wenn biobasierte Verpackungen beispielsweise aus biologischen Abfällen der sogenannten 2. oder 3. Generation hergestellt werden, und nicht aus essbaren Pflanzenteilen, kann die CO2-Einsparung signifikant sein. Wenn die Rohstoffe für Verpackungen auf Feldern wachsen und in direkter Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion stehen, dann ist das ein weniger nachhaltiges Szenario. Des Weiteren sind Begriffe wie „biologisch abbaubar“ oft irreführend für Konsument:innen – diese Verpackungen zersetzen sich häufig nicht schnell genug in der Natur bzw. am Kompost. Daher bitte nicht in die Biotonne werfen!
BC: Wo gibt es bereits innovative Lösungen für nachhaltige Verpackungen?
Pechac: Der aktuelle Trend geht dahin, recycelbare Materialien zu verwenden, damit die Verpackungen besonders kreislauffähig sind. Die Mitglieder unserer Plattform sind bestrebt, Verpackungsmaterialien einzusetzen, die wiederverwendbar & -verwertbar sind. Ein positives Beispiel für den geschlossenen Kreislauf ist die PET-Flasche. Sie wird getrennt nach Farben sortiert, zerkleinert, eingeschmolzen und daraus neu erzeugt – in sehr guter Qualität.
Ein interessantes Beispiel in dem Bereich findet sich auch in den Supermarktregalen: Joghurtbecher aus Kunststoff, die mit einer Papierbanderole ummantelt sind. Durch die Banderole kann der Becher dünner sein. Das bedeutet, dass der Kunststoffanteil um ein Drittel reduziert werden kann. Der Becher bleibt unbedruckt, weiß oder transparent und ist dadurch auch einfacher zu recyceln.
Auch im Bereich der biologischen Alternativen, wie zuvor erwähnt, gibt es bereits einige innovative Lösungen – wie etwa Papier aus der Schale von Kakaobohnen, welche in der Kakaoproduktion als Abfallprodukt übrigbleiben würden oder Biokunststoffe aus Algen.
BC: Zu guter Letzt: Sie haben ja an unserem Austrian Sustainability Summit teilgenommen, was war Ihr Eindruck von dieser Konferenz?
Pechac: Ich war sogar schon zweimal beim Austrian Sustainability Summit dabei. Zweifelsohne trifft der Summit das Thema am Puls der Zeit. Egal ob großer Konzern oder KMU – alle sind angehalten sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Am Austrian Sustainability Summit hat mir besonders das abwechslungsreiche Programm gefallen, es war ein guter Mix aus interessanten Keynotes und interaktiven Workshop-Elementen, wo man noch dazu ganz frei nach persönlichen Interessensgebiet und Präferenzen wählen konnte. Ich bin gerne wieder dabei.
BC: Liebe Frau Pechac, wir danken Ihnen für das Gespräch und freuen uns, Sie am zum Austrian Circular Economy Exchange zu begrüßen!
Sandra Pechac, MA ist Plattformkoordinatorin bei Verpackung mit Zukunft. Ihre Hauptaufgabe ist die zentrale Steuerung und die operative Umsetzung aller geplanten Kommunikationsmaßnahmen der Plattform. Ihre Berufserfahrung umfasst verschiedene Positionen in Österreich und im Ausland. Am 14. Februar ist sie im Rahmen des Austrian Circular Economy Exchange Gastgeberin eines Round Tables zum Thema: „Erfolgsfaktor Informationsfluss in der Kreislaufwirtschaft“.