Wer verkauft die meisten Autos oder macht den größten Gewinn? Über Jahrzehnte war die Automobilindustrie von diesen Zahlen geprägt. Wie groß der CO2-Ausstoß war oder mit welcher Energie ein Werk betrieben wurde, war lange Zeit nicht von Bedeutung. Heute setzen sich Automobilhersteller wie Mercedes-Benz andere Ziele: Bis 2030 will das Unternehmen seinen CO2-Fußabdruck halbieren. Das Ziel ist Teil einer ESG-Strategie und steht stellvertretend für den weltweiten Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft.
Bedeutung von ESG
ESG steht für Environmental Social Governance (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung). Die damit verbundenen Themen wie soziale Verantwortung, Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit sowie eine transparente Unternehmensführung stehen im Kontext zu den Aktivitäten eines Unternehmens. Eine ESG-Strategie umfasst Ziele und Maßnahmen in diesen Themenfeldern. Dabei achten große Unternehmen vermehrt darauf, ESG-Risiken nicht nur im eigenen Unternehmen zu identifizieren und zu reduzieren. Auch das ESG-Ranking von Geschäftspartnern steht im Fokus. So müssen Unternehmen gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ihre eigenen Lieferanten hinsichtlich ESG-Risiken prüfen.
Der strategische Ansatz leitet sich daraus ab, dass diese Aktivitäten langfristig ausgelegt sein müssen und in vielen Fällen auch eine Transformation von Prozessen in einem Unternehmen erfordern.
Anhand von konkreten Zahlen müssen Unternehmen weltweit aufgrund steigender regulatorischer Anforderungen belegen, wie gut sie ESG-Kriterien erfüllen.
ESG-Kriterien individuell gewichten
„Unternehmen benötigen heute eine ESG-Strategie basierend auf validen Daten. Je nach Größe und Branche gibt es unterschiedliche Anforderungen, die es beim Aufsetzen der Strategie und beim Gewichten der unterschiedlichen ESG-Kriterien zu beachten gilt“, erklärt Carsten Ettmann, Senior Business Consultant Risk & Compliance bei Dun & Bradstreet.
Während bei einem Chemiekonzern besonders Umweltaspekte stark gewichtet werden, sollten bei einem Personaldienstleister vielmehr soziale Komponenten im Mittelpunkt der Nachhaltigkeitsstrategie stehen.
ESG-Kriterien als Basis für nachhaltige Unternehmensstrategien
Um Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und eine wertbasierte Unternehmensführung messen und bewerten zu können, braucht es definierte Kriterien. Dazu gehören beispielsweise die emittierte Menge an CO2, der Aufbau von Chancengleichheit im Unternehmen oder eine Zertifizierung in Bereichen wie Gesundheitsschutz oder Kreislaufwirtschaft. Anhand solcher Faktoren lässt sich in Unternehmen die Nachhaltigkeit messen, bewerten und mit Wettbewerbern vergleichen.
Weltweite ESG-Standards zur Orientierung
„Aktuell fehlt es noch an einheitlichen Kriterien und Reporting-Standards. Unternehmen, Kunden, die Politik und der Finanzsektor definieren den Begriff „nachhaltig“ sehr unterschiedlich. Die Europäische Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) erarbeitet derzeit eine entsprechende Vorlage, die bei einer Vereinheitlichung helfen soll. Bis diese Vorlage verfügbar ist, empfehlen wir, sich an Standardsettern wie dem Sustainability Accounting Standards Board (SASB) zu orientieren“, so Ettmann.
Was ist das Sustainability Accounting Standards Board (SASB)?
Das SASB ist eine unabhängige, gemeinnützige Organisation, die weltweit Regeln für das Veröffentlichen von Nachhaltigkeitsinformationen festlegt. Für 77 Branchen gibt es die Standards bereits kategorisiert nach den Themenbereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.
Dun & Bradstreet kategorisiert ESG-Daten in 13 Themenbereiche
In Anlehnung an das SASB sowie weitere internationale Standardsetter (GRI, TCFD etc.) hat Dun & Bradstreet seine ESG-Daten in 13 Themenbereiche kategorisiert. Natürliche Ressourcen, Treibhausgas-Emissionen und Klimarisiken, Umweltrisiken, Umweltchancen, Human Capital, Produkte und Services, Kundenbindung, Gesellschaftliches Engagement, Supplier Engagement, Zertifikate, Corporate Governance sowie Belastbarkeit des Unternehmens. Diese Themenbereiche untergliedern sich in weitere Unterpunkte.
„Bei der Kategorisierung haben wir uns stark an gesetzlichen Vorgaben wie dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sowie der EU-Taxonomie orientiert. Denn Unternehmen sind heute verpflichtet beispielsweise Informationen über den CO2-Fußabdruck von Geschäftspartnern, die Arbeitsbedingungen oder das gesellschaftliche Engagement einzuholen. Mit D&B ESG Intelligence liefert Dun & Bradstreet eine Lösung, die diese Daten einfach zugänglich macht“, sagt Ettmann.
ESG-Ranking für mehr Transparenz
Das ESG-Ranking von Dun & Bradstreet drückt aus, welches Risiko ein Unternehmen hat, in einen ESG-Compliance relevanten Sachverhalt involviert zu sein, der einen finanziellen Schaden zur Folge haben könnte. Zur Risikomessung wird eine Skala von 1 bis 5 verwendet, wobei 1 das geringste und 5 das höchste Risiko darstellt. Sofern ein Unternehmen einen Lieferanten mit einem ESG-Ranking von 5 hat, lässt sich ableiten, dass es sich um ein sehr hohes Risiko handelt.
Dabei lässt sich ablesen, in welchem Bereich ein Unternehmen über ein gutes Ranking verfügt. So gibt es ein E-Ranking mit Fokus auf den Themenbereich Umwelt, ein S-Ranking für Soziales sowie ein G-Ranking, das Aspekte der Unternehmensführung abbildet. Ergänzend stehen Branchenvergleichsdaten und Informationen zu verwendeten Quelldaten zur Verfügung, so dass sich die Risiken sehr genau einschätzen lassen.
„D&B ESG Intelligence unterstützt Unternehmen auf diese Weise dabei, Geschäftspartner mit hoher ESG-Performance einfach zu identifizieren, um die richtigen geschäftlichen Entscheidungen zu treffen und Risiken wie beispielsweise Reputations-, Regulierungs- oder Betriebsschäden in der Lieferkette aufzudecken“, sagt Ettmann.
ESG-Daten über Millionen von Unternehmen weltweit
Für die Erstellung des ESG-Rankings greift Dun & Bradstreet auf eine Vielzahl an Quellen zurück. Dazu zählen unter anderem Regierungswebseiten, Jahresabschlüsse, CSR-Reports, NGOs, Watchlists, Umweltzertifizierungen sowie ein globales Media Screening.
Derzeit hat Dun & Bradstreet ESG-Daten zu mehr als 35 Millionen Unternehmen weltweit. Die Daten werden in einem wöchentlichen Intervall aktualisiert. Täglich wächst die Anzahl an Unternehmen für die ESG-Rankings generiert werden können.
Um ESG-Risikodaten zu erhalten, gibt es verschiedene Wege. Über die Webapplikation D&B Connect ist es möglich, die Daten als Exceldatei herunterzuladen. Die Webbasierte-Lösung D&B Risk Analytics bietet die Möglichkeit, ESG Risikodaten sehr einfach als Report abrufen. Dabei werden mit diesem Tool noch weitere Compliance relevante Daten und Services zur Verfügung gestellt (UBO, Screening etc.). Außerdem ermöglicht dieses Tool umfängliche Portfolioauswertungen und individuelle Analysen. Die Schnittstelle D&B Direct+ macht ein automatisiertes Abrufen der Daten möglich. So lassen sich ESG-Daten automatisch in jede IT-Systemumgebung integrieren, um Risiken regelmäßig zu monitoren und die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette zu erhöhen.
ESG-Strategie als Erfolgsfaktor
„Nachhaltigkeit ist kein Nischenthema mehr und deshalb für Unternehmen von hoher Relevanz. Wer sich dem verschließt, riskiert in einem komplexen und sich ständig wandelnden Markt mit vielen Herausforderungen, den Anschluss an den Wettbewerb zu verlieren“, sagt Ettmann.
Jedes Unternehmen benötigt deshalb eine ESG-Strategie. Die Anforderungen daran unterscheiden sich jedoch stark und sind abhängig von Branchen, Zielgruppen, Produkten, Betriebsmodellen und auch Unternehmensgrößen. Es bedarf deshalb einer individuellen ESG-Strategie mit spezifischen Zielen und Maßnahmen.
Eine solche Vorgehensweise umfasst alle Aspekte, die für eine langfristig angelegte Nachhaltigkeitsentwicklung des Unternehmens wichtig sind. Was ist in einem Unternehmen wichtig in Bezug auf ESG? Was sind die Ziele? Wo sind Verbesserungen möglich? Welche positiven oder negativen Nebeneffekte entstehen durch eine Transformation, die ESG-Kriterien in den Vordergrund rückt? Die Zahl der Fragestellungen geht über diese Aspekte jedoch weit hinaus und ist sehr umfangreich, sodass eine Strategie dabei hilft, alle Themenkomplexe zu strukturieren und geordnet anzugehen.
Die Autorin: Isabell Bergbold ist Redakteurin und Spezialistin für Content Marketing. In ihren Beiträgen beschäftigt sie sich schwerpunktmäßig mit Themen rund um das Risiko- & Kreditmanagement und stellt komplexe Inhalte möglichst einfach verständlich dar.
Zur deutschen Version der SASB Standards (pdf)
Download: Factsheet Aufbau Ihrer ESG-Strategie