Als unabhängige Institution für das Thema Lehre in Österreich, wissen Sie über die derzeitige Lage nur zu gut Bescheid. Was können Unternehmen vornehmen, um dem Thema einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft einzuräumen.
Der Trend hinsichtlich der Lehrausbildung geht 2022 wieder nach oben, so haben etwa 32.000 junge Menschen dieses Jahr eine Lehre in einem Betrieb begonnen, was einer Steigerung von etwa 7% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Trotzdem gibt es vor allem angesichts des Fachkräftemangels weiterhin Aufholbedarf, wenn es um das Thema Image der Lehre geht. Viel zu oft herrschen noch Vorurteile über die Lehre in unserer Gesellschaft. Was Unternehmen tun können (und was auch wir als zukunft.lehre.österreich. besonders in den Fokus holen) ist, Lehrlingsvorbilder vor den Vorhang zu holen, Menschen, die ihren Berufsweg mit einer Lehre gestartet und eine großartige Karriere gemacht haben.
Weiters muss sich die Lehrlingsausbildung auch noch verbessern, etwa durch Weiterbildung der Ausbildner:innen.
Und: Lehre mit Matura ist ein Modell, dass heute großes Ansehen genießt, bei AbsolventInnen, Unternehmen, ganz besonders aber bei den Eltern. Das hat unter anderem auch die Studie „zur aktuellen Lage in der Lehre- Herausforderungen und Trends 2022“ gezeigt, die zukunft.lehre.österreich. gemeinsam mit der Industriellenvereinigung in Auftrag gegeben hat. (Details)
Weiters ist es wichtig, dass Unternehmen bewusst wird, dass die aktuelle Generation, die GenZ anders tickt als die vorhergehenden Generationen. Den jungen Menschen der aktuellen Generation ist ganz besonders ein Gefühl von Wertschätzung im Job wichtig. Sie wollen ernst genommen und richtig gefördert und gefordert werden. Unternehmen, denen es gelingt, den jungen Talenten das zu geben, was sie brauchen, werden keine Probleme haben, motivierte junge Lehrlinge zu finden. Was Unternehmen konkret tun können, um die Zufriedenheit ihrer MitarbeiterInnen sicherzustellen beantwortet die Studie „Zukunft der Arbeit 2.0“, in Auftrag gegeben von zukunft.lehre.österreich. sowie Leitbetriebe Austria mit der Frage, was jungen Menschen heute in ihrem Beruf wichtig ist: Ganz besonders sind das Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, Rücksichtsnahme auf eine Work-Life Balance durch flexible Arbeitszeiten und die Organisation. Stichwort: Home-Office- sowie die angesprochene erkennbare Wertschätzung.
Sehen sie die digitale Kommunikation mit potenziellen Auszubildenden als einen Trend oder nachhaltig unverzichtbar?
Digitale Kommunikation in Zeiten wie diesen ist wichtig, bei der Rekrutierung von potentiellen Lehrlingen können soziale Medien und ganz besonders tiktok hilfreich sein. ABER: Viel wichtiger ist für junge Menschen die Möglichkeit, in Lehrbetriebe hineinzuschnuppern, durch Berufsorientierung in der Schule ausreichend Informationen über die Ausbildungsmöglichkeiten zu erhalten und das möglichst früh- auch das hat die von z.l.ö. in Auftrag gegebene Studie „zur aktuellen Lage in der Lehre 2022“ gezeigt- „echtes Erleben“ wird weiterhin als „zentrale Informationsquelle“ angegeben. Unternehmen sollten daher verstärkt Möglichkeiten schaffen, Lehrberufe erlebbar und spürbar zu machen (Stichwort: Schnupperlehre).
Viele Reden vom Purpose der Arbeit, aber wie genau kann man vor Allem handwerkliche Berufe wieder attraktiver gestalten, auch für die Wahrnehmung in der Gesellschaft?
Viele handwerkliche Berufe erfüllen einen besonders heute wichtigen und für die Gesellschaft unabdingbaren Aspekt, den Nachhaltigkeitsaspekt. Jungen Menschen ist ein Beruf mit Sinn wichtig, daher ist es auch für Unternehmen von Bedeutung, ihrer „corporate social responsibility“ (CSR) nachzukommen und diese jungen Menschen zu vermitteln. Lausanne
Ein anschauliches Beispiel dafür ist das Holzunternehmen Hasslacher Norica Timber, das großen Wert auf Klimaschutz und CSR legt und diese Werte in Projekten gemeinsam mit seinen Lehrlingen hochzuhalten versucht.
Wie wichtig ist die Vernetzung der Ausbildungsbetriebe und -Beauftragten untereinander und in welchem Rahmen trägt zukunft.lehre.österreich. hier bei?
Die Vernetzung von Ausbildungsbetrieben- und das auch österreichweit sowie branchenübergreifend- ist unabdingbar für eine stetige Verbesserung der Lehre und ihres Images in ganz Österreich. Denn nur so kann voneinander gelernt, best practices geteilt sowie gemeinsame Herausforderungen und Probleme bearbeitet und gelöst werden. Vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels, in dem die Unternehmen in einem Boot sitzen, ist es besonders wichtig, auch hinsichtlich der Lehrausbildung gemeinsam an einem Strang zu ziehen!
zukunft.lehre.österreich. übernimmt bei der Vernetzung von AusbildnerInnen eine wichtige Rolle, unter anderem werden wichtige Informationen über den zweiwöchentlichen Newsletter geteilt; außerdem organisiert die Initiative regelmäßig Vernetzungsevents, sogenannte „Stelldicheins“, bei denen AusbilderInnen aus den verschiedenen Branchen und aus ganz Österreich zusammenkommen und sich zu unterschiedlichen Themenbereichen austauschen zu können.
Was erwartet uns beim Vortrag von Mario Derntl beim Lehrlingsforum 2022 "The New Butterfly Effect - in 9 Schritten die Ausbildung für immer verändern.
Ich habe die letzten Monate intensiv dafür verwendet, um mich mit der Frage auseinanderzusetzten, was gute von sehr guten und sehr gute von herausragenden Ausbildungsbetrieben unterscheidet. Dieses Erfahrungswissen aus hunderten Gesprächen habe ich mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen rund um Sinnstiftung und Wertschätzung verbunden. Empirisch habe ich dabei sehr stark auf die Werke von Abraham Maslow („Maslowsche Bedürfnispyramide“), Viktor Frankl und Friederike Fabritius gesetzt. Das Ergebnis sind neue Schritte auf drei Ebenen, die die Ausbildung bei richtigem Einsatz nachhaltig zum Positiven verändern können!